Bereits 2 Tage vorher ist alles in meinem Rennstrecken-T4 verstaut, Klamotten, Ersatz- und Verschleißteilchen und natürlich auch mein Powerzwerg, die R6. Mit ihren vielen „Kampfspuren“ sieht sie aus wie eine kleine Raubkatze, geboren für die Rennstrecke!
Am Mittwoch, 31.07.012 reis e ich schon gegen Mittag ab. Die Fahrt über die in der Regel durch unzählige Baustellen aber auch Unfälle immer verstopfte Autobahn A2 flutscht problemlos. Gegen 17.30 erreiche ich bereits das Fahrerlager. Einlass ist aber erst knapp vor 19:00 Uhr. Dies wegen einer Vorveranstaltung, deren Teilnehmer für uns erst `mal Platz schaffen müssen.
In der Luft hängt der Geruch von Benzin, Öl und Gummi. Vielleicht auch nur eine Einbildung. Dennoch: Für mich liegt mächtig aufregendes hier in der Luft, für das ich stets gerne hunderte von Kilometer bis zur nächsten Rennstrecke düse. Verrückt, aber so bin ich eben.
Im Paddock finde ich sehr schnell meinen Standplatz. Und im Nu ist alles abgeladen und ruckzuck aufgebaut. Die Jahre machen`s, die ich nun schon dabei bin. Die Handgriffe sitzen, so dass ich bis zur Einschreibung und Technik-Check genügend Zeit habe, mit Kumpels (man kennt sich J ) da und dort Schwätzchen zu halten.
Die Anmeldung in der Office - Box geht fix voran. Ich bin in Gruppe 2 (schnell) eingeteilt. Startnummer: 401. Es besteht Pflicht, mit Transponter zu fahren, den es für jeden gegen Ausweis gibt. Warum? Nach den ersten drei Turns sollen die Gruppen in der Mittagspause neu „gemischt“ werden. Im Klartext: Hat ein Kumpel seinen Speed nicht richtig eingeschätzt und weicht vom durchschnittlichen Speed seiner Gruppe nach oben oder nach unten ab, muss er die Gruppe wechseln. Daher also Transponterpflicht. Ich finde das sehr gut, denn durch dieses Qualifying werden die Gruppen etwas homogener.
Beim Rennstrecken-TÜV: Die technische Kontrolle bei Philipp, Peter & Markus passiere ich ebenso problemlos. Lediglich der Helm gibt Anlass zu einigen Nachfragen. Er weist vom letzten Crash am 29. April 2012 einige wenige Kratzer in der Oberfläche des Lackes auf. Die innere Helmstruktur ist jedoch erkennbar unbeschädigt, so dass er am Ende die Kontrolle mit dem begehrten Farb-Sticker „OK“ passieren darf.
Um kurz vor Mitternacht geht für mich ein langer Tag zu Ende. Ich bin hundemüde, falle sofort in einen tiefen Schlaf. Am nächsten Morgen habe ich große Mühe mich daran zu erinnern, wie ich überhaupt in meine Schlafstelle gelangt bin.

Randdaten für Tag 1:Temperatur: 30°+Luftfeuchtigkeit: 70% Asphalttemperatur: 40°+
Wettervorhersage: sehr schwül, kein Regen!
Im Fahrerlager herrscht bereits Betriebsamkeit. Ich bin also längst nicht der Erste, der schon auf den Beinen ist. Ich stelle die Kaffeemaschine an. Sie beginnt gleich laut zu gurgeln. Das Müsli zum Frühstück ist auch ruckzuck fertig. Nach dem Frühstück folgt mein obligatorisches Aufwärmprogram: 5x20 Liegestützen und dehnen der „alten“ Knochen, Sehnen und Muskeln. Anschließend hüpfe ich mit Zahnpasta und Duschgel hinüber in den „Dusch-Container“. Die sanitären Anlagen im Paddock werden umgebaut, daher die Container als Übergang.
Fahrerbesprechung - ein MUSS für alle! Die für alle verpflichtende Fahrerbesprechung ist um 08:00 Uhr. Flaggenkunde, Verhaltensregeln… werden erläutert. Zwar schon „tausendmal gehört…“, doch Philipp gestaltet diesen teils „trockenen“ Teil auch für jene, die schon „alte Rennstreckenhasen“ sind, anschaulich, ernst und doch ein wenig lustig. Er hat dabei immer mal wieder einen kleinen Scherz auf den Lippen. Was (vor allem von Neueinsteigern) falsch gemacht werden kann, zeigen die beiden Beispiele, die mir ein Instruktor nach dem Briefing in `s Ohr flüstert:
Fall 1: Der Turn ist mit der schwarz weiß karierten Flagge bereits beendet, der Kumpel übersieht die Ausfahrt, hält an und fährt in die entgegengesetzte Richtung zurück zur Ausfahrt.
Fall 2: Ein Abflug, der Rettungswagen muss auf die Strecke. Die Ampeln stehen auf Rot. Ein Kumpel hält an, bleibt stumpf stehen. Nicht zu fassen!
Ich bleibe weiter in Gruppe 2

Es sind nur noch wenige Minuten bis zu meinem ersten Turn. Ich hüpfe in meinen „Einteiler“, der noch sehr neu ist und dennoch schon gelitten hat, wie die schwarzen Spuren an verschiedenen Stellen auf dem Leder bezeugen. Reifenwärmer runter, aufgesessen und ab durch die Boxengasse raus auf die Strecke.
Ich höre deutlich unter meinem Helm, wie mein Herz pocht. Bereits vor der Hasserröder laufe ich auf eine Gruppe von 5 Kumpels auf. Ich will einen kühlen Kopf bewahren, meine Emotionen im Zaum halten, will am Anfang noch nicht großartig schneller fahren. Doch das hier bremst mich mächtig ein, so dass ich um meinen Gruppenplatz fürchten muss, wenn ich nicht mehr Gas gebe und nur schön brav hinter der Gruppe der „Blümchenpflücker“ rumbummele. Also beschleunige ich noch in den 4. Gang, schalte vor dem Einlenken in Höhe des Rennstrecken-Wärter-Häuschen in den 3. Gang und fresse gleich mal auf der Bremse drei weitere Kumpels außen rum auf.
Alles bis dahin geil funktioniert, dennoch nicht übermotiviert. In den nachfolgenden Runden spüre ich, dass mehr gehen und auch meine Risikobereitschaft noch ein wenig mehr wachsen könnte. So will ich `s im letzten Turn vor der Mittagspause also noch wissen und versuche mich an meine pers. Bestzeit von 1:43 heranzutasten. Leider hat `s nicht geklappt, auch in den nachfolgenden Turns und auch an Tag 2 nicht. Freu mich aber dennoch, dass ich nach dem "internen Qualifying" weiter in meiner Gruppe 2 bleiben kann.
In den nächsten Turns achte ich nun weniger auf meine Rundenzeiten als vielmehr auf eine Verbesserung meiner Linienwahlen. Zu häufig noch treffe ich meine Einlenkpunkte nicht exakt und punktgenau, ziehe den Bogen durch die Kurven dann entweder zu weit oder zu eng, muss das Gas schließen oder korrigieren und treffe in der logischen Konsequenz dann auch den Ausgangspunkt nicht immer so, um rechtzeitig wieder an `s Gas gehen und voll beschleunigen zu können. Das alles kostet Zeit! Hinzu kommt, dass ich die Strecke nicht immer auch voll nutze. Ein weiterer Schwachpunkt, an dem ich im Training weiter hart arbeiten werden muss, um konstant schnell(er) zu sein.
Ich entschließe mich am Spätnachmittag mit Marketa (Tschechiens schnellste Frau, IDM Supersport, WM 125 ccm, 1. Platz Langstrecken-WM OSL 2009) einen Turn zusammen zu fahren, wobei es vor allem um die Linie gehen wird.
Marketa hat eine Videokamera hinten am Motorrad und nimmt den Turn auf. Am Fahrstil von Marketa ist schon erkennbar, dass sie lange im Rennsport aktiv unterwegs war. Marketa fährt zunächst vor mir, dann übernehme ich, so dass Marketa erkennen kann, ob ich die Linie und Tipps umzusetzen (versuche!). In einem anschließenden Feedback erläutert Marketa den Clip am Laptop. Es gibt noch viel zu verbessern, doch nicht alles war so schlecht, wie von mir zunächst befürchtet.
Randdaten Tag 2
Wettervorhersage: 30 Grad > Doch weit gefehlt: Immer wieder REGEN! Asphalttemperatur: 30°
Die Analyse mit Marketa vom Vortag ermuntert mich, heute an Tag 2 das Gelernte zunächst allein weiter umzusetzen und ab Mittag noch einmal eine Instruktor-Fahrt mit Marketa zu reservieren. Das Ergebnis fällt nicht ganz so positiv wie gestern aus. Ich bin müde und unkonzentriert und verfehle die Linie von Marketa immer wieder. Vor allem verfalle ich in meinen alten Schwachpunkt und lenke oftmals zu früh ein. Dadurch zieht sich der Kurvenradius enger und ich kann nicht richtig an `s Gas. Nicht ganz mein Tag, was sich auch in den Turns am Nachmittag bestätigt. Ich beende das Training mit Turn 5 um 15:00 Uhr.
Für das Sprintrennen in meiner Klasse 600ccm (zusammen mit Klasse 750ccm) um 15:40 Uhr nenne ich nicht. Die Zeiten würden für einen Startplatz im Mittelfeld reichen. Im Nachhinein bin ich ganz froh, dass ich mich so entschieden habe. Leider kommt es bereits beim Start zu einemheftigen Crash, bei dem gleich mehrere Kumpels involviert sind. Ein Neustart findet danach mit verkürztem Rennen um 17:15 statt. Die nachfolgende Klasse 1000ccm kann wegen eines aufziehenden Unwetters nicht mehr an den Start gehen.
Ich verlasse das Fahrerlager bei strömenden Regen und einem „flauen“ Gefühl im Magen wegen des Rennunfalls. Schade, denn die Veranstaltung selbst war eine gelungene Trainingsveranstaltung. Danke an Philipp und Team, vor allem auch an Merketa. Auch als Instruktorin erste Sahne, wie alle anderen Instruktoren gewiss auch. Kompetent und immer ein offenes Ohr. Hammer! Und auch der Streckenrundgang am Abend des ersten Trainingstages war super, interessant und vor allem lehrreich! Ein dickes Lob auch an die Küche. Danke und gerne wieder – schon in Kürze!




Mit sportlichen Grüßen, Salü snow#4
