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Leb wohl, kleine Kürbis-Konkubine -Drama in vier, fünf Akten

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Beitrag von elleduc »

Ganzzzzz grossssä Litäratur würde ein Herr RR sagen.

Sehr schön Wuff
"am weekend bin ich Weg:wen ich wider da bin weiss ich mehr " by McDrift anno 2008

Elle TV
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Beitrag von beast666 »

Yeah :D
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Beitrag von heinzmungu »

PofPof, das ist einfach geil zu lesen :icon_thumright :icon_thumright

Als "angefixter" muss ich alles voll unterschreiben!!

Nicht vergessen, weiterzuschreiben!
Das geht noch schneller!!

http://www.HighsideTours.de
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Leb wohl, kleine Kürbis-Konkubine - 3. Akt

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Beitrag von pofpof »

Dritter Akt
Es treten auf: Eine KTM 625 Supercompetition,
Hackfressen, Indoor- und Outdoor-Kartbahnen,
Sanitäter, ein Unfallchirurg und wieder jede
Menge Erinnerungen


Kartbahnen und Langstreckenrennen
Das Telefon unterbricht die bewegten Bilder in meinem Kopf. Jemand interessiert sich für die KTM. „Die ist schon weg“ sage ich und wundere mich über meine belegt klingende Stimme. Kaum eine Stunde war sie beim Online-Marktplatz im Angebot, als der spätere Käufer mich zum ersten Male anrief und versuchte, sich die Maschine zu sichern. Ich fingere eine Lucky „ohne“ aus der zerknitterten Packung. Das Zippo klickt, und ich inhaliere den Rauch, während ich weiter in dem Ordner blättere.

Im Winter 2002 war ich zum ersten Mal mit der orangen Hardenduro auf einer Indoor-Kartbahn. Im Schnee ausgeladen, im eiskalten Heck des J5 zähneklappernd in die steife kalte Kombi und die Crossstiefel, und dann die Maschine in die Halle geschoben. Zwei Husqvarnas hocken auf Hubständern und dösen mit umgelegten Reifenwärmern dem Start entgegen. Eine Honda erkenne ich noch, zwei weitere KTM und eine Suzuki im werkstypischen Offroad-Gelb. Die Bahn ist für die Bummelkarts ausgelegt, relativ kurz, aber dafür eng. Und Grip gibt’s auch nicht gegen Geld an der Kasse, ich habe statt des üblichen Slicks vorn einen Regenreifen montiert. Weil ich keine Reifenwärmer habe, muss ich zuerst etwas vorsichtiger sein. Richtig auf Temperatur kommen die Pellen bei der Kälte sowieso nicht. Die beiden Husky-Piloten lassen es reichlich krachen. Zuerst wird gelost, der Verlierer muss dann als Zweiter raus und versuchen, den anderen einzuholen und ihn nach allen Regeln der Kunst zu richten. Wie sich nachher herausstellt, fahren die beiden während der Rennsaison in der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft Straßenrennen in der Supersportklasse. Wir Amateure haben auch unseren Spaß, wenn ich auch nicht ganz so endorphingeladen meine ersten Törns in dieser übergroßen Garage mit Pop-Beschallung und Spielautomaten-Verzierung beende.

Das nervige „tütü-tü, tütü-tü“ des Geldspielautomaten steht in direkter Konkurrenz mit dem NASCAR-Simulator, der alle paar Sekunden dröhnendes V8-Chevy-Gebrüll ausstößt, um neue Kunden anzulocken. Wenn die Supermotos auf der Piste sind, hört man von beiden Geräten nichts mehr. Mittlerweile hat sich das Feld ordentlich gefüllt und die Fahrer werden in verschiedene Gruppen eingeteilt. Ich sortiere mich in die mittlere Gruppe ein und fahre die ersten Törns im Spaß-Modus, ohne groß zu attackieren. Zu Beginn geht’s eher verhalten um den Kurs, ein bisschen erinnert mich das an das Kinderkarussel auf der Kirmes. Alles hockt auf bunten Apparaturen und eiert hintereinander her. Nach ein paar Minuten wird dann Ernst gemacht. Man hat sich sortiert und versucht nun, so zackig wie möglich um den Kurs zu kommen. Der Mann auf der gelben Suzuki fliegt regelrecht um die enge Strecke. Nur einer der beiden IDM-Cracks ist noch mal um eine gute Sekunde schneller unterwegs. Ich kann nur staunen und den beiden bestenfalls die Handschuhe hinterher werfen. In einer ultra-engen Rechts bleibe ich mit dem Knie am Reifenstapel hängen und bringe mich so eigenhändig zu Fall. Diese unterhaltsame Einlage kann ich ein halbe Runde weiter noch toppen: in der ebenfalls sehr engen Rechts-Links-Rechts-Kombination lege ich aus der letzten Ecke heraus zu früh zu viel Gas an. Das Heck hat keine Lust mehr auf die ewig gleiche Spur und will woanders hin. Zu viel Schräglage und zu wenig Platz, um noch korrigieren zu können, alles geht ganz schnell und doch wie in Super-Zeitlupe. Die KTM dreht sich einfach unter mir weg, und ich komme obendrauf zu liegen. Die Kollegen kringeln sich vor Vergnügen und fordern mehr solcher Einzelleistungen von den Fahrern. Am Ende des Vormittags habe ich mich eingeschossen, gebe eine verdammte Fehlzündung, einen Motorenfurz auf die Rutscherei und bin trotz der Eiseskälte klatschnass unter dem Kombi.

Outdoor-Kartbahnen mag ich lieber. Sie sind schneller, länger und warten hin und wieder mit besonderen Herausforderungen wie einem Offroad-Teil auf. Für Gelände-Ungeübte wie mich ein Mordsspaß! Mein erstes Offroad-Training war nach 20 Minuten zu Ende und ich lag mit einem gefühlten Puls von mindestens 57 Schlägen pro Sekunde rücklings platt auf dem Wiesenstück neben der Strecke und versuchte, nicht an völliger Erschöpfung zu sterben. Mein Kopf hatte in etwa die Farbe eines frisch gebrühten Hummers. Mein Körper fühlte sich an wie ein fünfzig mal durch die Trockenwalze gedrehter alter Scheuerlappen. Dass an jenem Tag etwa 30 Grad im Schatten herrschten, soll keine lahme Ausrede sein. Ich war einfach zu unerfahren und zu untrainiert, basta. Versuchte, die KTM mit viel Kraft auf Kurs zu halten, wollten doch Front und Hinterrad, eingefädelt in verschiedene Spuren, gleichzeitig in unterschiedliche Richtungen. Und auch wenn es mir nach viel Überei im Gelände besser gelang, meine Mattighofener Schickse um die Ecken zu dirigieren, bin ich nie ein Offroad-Freund geworden.

Mein unterhaltsamstes Gelände-Erlebnis hatte ich bei einem der gefürchteten Vier-Stunden-Supermotorennen in Bitburg. Es war Anfang Oktober und ziemlich kalt, vielleicht sieben Grad Celsius beim Qualifying morgens um halb zehn. Als Brillenträger habe ich bei derartigen Temperaturen einen Nachteil, denn unter der Crossbrille beschlägt meine Sehhilfe sofort, sobald ich auf Betriebstemperatur bin. Ich war gerade auf einer guten flotten Runde, als der Nebel vor meinen Augen immer dichter wurde. Also klemmte ich die Smith Warp unter das Kinnteil meines Crosshelms, um freie Sicht zu haben. Dann ließ ich die KTM den Table hoch schnalzen, hob ab, der Sprung ging hoch und weit, und beim Aufsetzen schnackte die Smith Warp hoch und legte sich mir quer vor die Augen. Ich fuhr sozusagen mit einem Zensurbalken im Gesicht auf die kommende Linkskurve zu. Geradeaus ging es Richtung Baumbewuchs, ein Einschlag dort war nicht unbedingt das, was ich wollte. Mit einem beherzten Tritt in die Hinterradbremse und entsprechendem Körpereinsatz legte ich meine Supermoto auf die Seite und hoffte, dass diese lustige Einlage niemand gesehen hatte. Doch der Streckenposten am Table zeigte mir alle seine Zähne und einen hochgereckten Daumen. Von all dem Staub im Gelände war mein Mund später völlig trocken. Staub zwischen den Zähnen. Staub in der Nase. Staub in den Augen. Meine Brillengläser waren von einer Schicht gelber Staubpartikel bedeckt. Ich konnte kaum noch etwas sehen.

Am Nachmittag ging ich dann unmittelbar nach der Hälfte des Vier-Stunden-Rennens erneut zu Boden, diesmal am Ausgang des ersten Offroad-Teils. Im Gelände hatte ich sie schon hinter mir gehört, drei, vier Maschinen, die näher kamen. Am Ausgang wollte ich die Rechts hinaus auf den nächsten Asphalt-Abschnitt schön weit nehmen, damit meine Hinterleute ohne Probleme passieren konnten. Doch so lange wollte der Erste meiner Verfolger nicht warten. Als ich in die Rechtskurve einlenkte, fuhr er mir gewaltig ins Hinterrad und schoss mich sauber ab. Ich flog über den Lenker und knallte mit Kopf und Ellbogen auf den Asphalt.

Zuerst war ich benommen, dann kam der Schmerz und dann das Bewusstsein zurück und mir wurde klar, dass ich so schnell wie möglich von der Strecke musste. Ich schaffte es erst einmal nur auf Hände und Knie, vor meinen Augen tanzten viele bunte Sterne. In meinem Mund war der Geschmack von Eisen. Wahrscheinlich hatte ich mir auf die Zunge gebissen. Oder hatte ich meinen Helm doch derart in den Boden gerieben, dass ich ein paar Zähne verloren hatte? Vorsichtig tastete ich mit der Zunge meine Zähne ab. Alle noch da. Bis auf drei meiner „Achter“, aber die hatte der Zahnarzt schon vor Jahren geholt. Als ich ausspucken wollte, fiel mir ein, dass ich ja den Helm noch auf dem Kopf hatte. Ich hob mit dem linken Daumen den Helm am Kinnteil an und rotzte einen Mund voll Blut auf den Asphalt. In meinem Schädel dröhnte es. Die Geräusche um mich herum hörte ich wie durch Watte. Motorräder hämmerten im Zentimeterabstand links und rechts an mir vorbei. Ich drehte den Kopf, um beim Aufstehen nicht überfahren zu werden. Auf dem Hügel hinter mir stand ein einsamer Streckenposten und wedelte wie in Zeitlupe mit einer gelben Fahne. In meinen Ohren rauschte es heftig. Das Einatmen tat unerträglich weh. Ich musste irgendwo drauf geknallt sein.

Endlich bekam ich mich selbst und das Motorrad hoch und schob es von der Strecke. Mein Ellbogen schmerzte höllisch und mir brummte der Schädel. Die Maschine wollte meiner Einladung, wieder zu laufen, nicht folgen. Erfolglos kickte ich eine Weile herum. Dann fing ich an, das Ding zu schieben, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, denn der Transponder für die Zeitnahme musste so schnell wie möglich an die Supermoto des nächsten Teamkollegen. Wir waren schließlich mitten in einem Rennen, zum Teufel! Es ging etwa 100 Meter quer durchs Gelände, zum Schluss ein wenig bergauf, und ich biss auf die Zähne, bis ich wieder in der Boxengasse war. Für mich war das Rennen zu Ende. Mit der Rechten konnte ich kaum noch greifen. Mir war schwindelig, das Atmen machte große Mühe.

Während draußen auf der Strecke weiter um Ruhm und Ehre gekämpft wurde, zog ich vorsichtig den rechten Arm aus dem Ärmel des Spyke-Einteilers und zeigte ihn beim Sani vor. „Der ist durch. Mit Sicherheit.“ Vorsichtig tastete er die mandarinengroße Schwellung am Ellbogen ab. „Am Besten gleich nach Bitburg ins Krankenhaus.“ Ich bedankte mich, pellte mich in meinem Peugeot ganz langsam aus der Kombi und lud anschließend meinen Krempel ein. Allein, denn alle anderen waren an und auf der Strecke im Einsatz. Schwierig war die Verladung meiner KTM. Mehrfach musste ich mich hinsetzen, weil mir vor Schmerzen schlecht und schwarz vor Augen wurde. 235 Kilometer und ein paar Stunden später packte ich mir zu Hause einen Eisbeutel auf die Schwellung am Ellbogen und dachte darüber nach, was passiert war und warum es passiert war. Wie weit wir hätten im Rennen kommen können, auch wenn uns Profis wie Dirk Spaniol, Manuel Boudier und Konsorten pro Runde reichlich Sekunden aufgebrummt hatten. Am nächsten Tag zeigte mir der Chirurg Röntgenfotos von einer sauberen Radiusfraktur: „Glatter Bruch, sehr schön. Da brauchen wir nicht zu schrauben, da tut’s ein einfacher Gips. Zwei Rippen sind auch kaputt gegangen.“

Das war nicht alles, was gelitten hatte. Mein Selbstvertrauen ging über den Winter ziemlich den Bach hinunter. Mit einem Sechs-Wochen-Gips und den folgenden Wintermonaten hatte ich viel Zeit, über die Hafteigenschaften eines Vorderradreifens im Motorradsport nachzudenken. Zu viel Zeit.

(Fortsetzung folgt)

Glück auf!
Pofpof
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Beitrag von beast666 »

man fühlt richtig die Schmerzen :?
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Beitrag von andy916 »

klasse, in Bitburg, das waren klasse Rennen. Bin auch zweimeil mitgefahren und einmal sind wir vor Alex Hofmann ins Ziel gekommen 8)
http://www.racepixs.de - MotoGP & Co
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http://www.equipe37.de - Beschtes Team
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Leb wohl, kleine Kürbis-Konkubine - 4. Akt

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Beitrag von pofpof »

Vierter Akt
Es treten auf: Eine KTM 625 Supercompetition,
eine Indoor-Kartbahn, einige Hackfressen,
ein Bonanza-Rad und auch hier wieder viele
Erinnerungen


Rost im Kopf
Als ich im Februar zum ersten mal wieder zum Fahren komme und in die erste Indoor-Ecke einlenken will, fahre ich stattdessen geradeaus. Ich habe plötzlich Angst. Angst zu stürzen. Angst, mich erneut zu verletzen. In meinem Kopf blitzen Schnappschüsse auf: Wie ich auf Händen und Knien das gestürzte Motorrad liegen sehe und zuerst nicht aufstehen kann, der Lenker, der wie das Geweih eines geschossenen Hirsches in die Luft ragt, die allgegenwärtigen Staubfahnen, das Gefühl, kurz weggetreten gewesen zu sein, die Röntgenbilder, die knapp an mir vorbeihämmernden Maschinen. Die Zentrale meldet sich mit einem Funkspruch: „So eine Karthalle hat doch keinen Grip, das muss unweigerlich zum Sturz führen! Hör auf. Fahr von der Strecke. Sofort. Pack ein und fahr nach Hause. Und zieh’ die Kombi nie wieder an!“ Von einer Sekunde zur nächsten bin ich völlig in Panik. Steif wie ein Matrose beim ersten Landgang nach Monaten auf See schleiche ich mich von der Piste und verkrieche mich im angrenzenden Café.

„Wat is? Kein’ Bock?“ Mike schiebt sich durch die Tür, breit grinsend wie immer. Der Seriensport-Pilot ist auch mit seiner Patina besetzten Opa-KTM immer vorne mit dabei und knufft mich übermütig in die Seite. „Ich hab den Kopp nich’ frei. Ich hatte nach den Brüchen zu viel Zeit zum Nachdenken im Winter“, knurre ich und starre weiter Löcher in meinen mittlerweile kalten Espresso. Wie ein Totalversager fühle ich mich. Ein Großmaul. Schnelle Supercompetition mit prima Fahrwerk und gemachtem Motor. Teure, gute Klamotten. Und so schnell wie eine Kastanie, die auf einem Stuhl in der Sonne Korsikas trocknet. Die Zentrale meldet sich erneut: „Du bist ’ne echte Wurst, Kollege! Du hast es nie gekonnt und du wirst es niemals können. Also lass es einfach sein.“

Mike versucht mich aufzumuntern: “Mach einfach langsam. Fahr einfach. Denk nicht drüber nach. Fahr einfach. Kümmere dich nicht darum, was andere vielleicht sagen. Das kommt schon zurück, glaub mir.“ Kurz darauf sehe ich ihn seine Supermoto an den Vorstart schieben.

Die nächste Lucky „ohne“. Der nächste Espresso. Der nächste Irrgarten in meinem Inneren. Im Seelen-Archiv krame ich mich durch die Schachteln mit der Aufschrift „Erfahrungen“. Doch ich finde nichts. Keine Idee. Schon gar keine vergleichbaren Erlebnisse. Außer einem, welches mich in meiner Erkenntnis, eine Wurst zu sein, noch bestärkt. Ich erinnere mich daran, wie ich als Dreikäsehoch während der Ära der Bonanza-Räder mit hervorragendem Material ausgestattet, im Rennen gegen die mit Hochlenker, Bananen-Sattel und Sissy-Bar gepimpten Torpedo-Dreigang-Nabenschaltung-Normalo-Drahtesel meiner beiden Cousins total untergegangen war. Mein High-Tech-Bonanza-Rad war ein Geschenk eines Freundes meiner Mutter gewesen. Signalgelb und –grün lackiert, mit einer Fünfgang-Kettenschaltung. Zu bedienen mittels einem mittig vor mir auf dem Rahmenrohr angebrachten T-Hebels, ähnlich dem verchromten Gangwahl-Hebel des Ford Mustang unseres Nachbarn. Ich lag eine Weile vorne beim Rennen rund um die Margarethenhöhe, doch als ich wie ein Wahnsinniger tretend im fünften und letzten Gang bergab schoss, gingen meine beiden Vettern rechts und links an mir vorbei und ließen mich an der nächsten Steigung einfach stehen. Von dem Tag an hatte ich mein Bonanza-Rad nie wieder angefasst und stattdessen darüber gegrübelt, warum ich dieses Rennen trotz meines wunderschönen Rades verloren hatte. Damals war mir nicht klar, dass ein Bonanza-Rad keine Rennmaschine ist und gegen normale 24 Zoll Jugendräder mit Nabenschaltung im Sprintvergleich konzeptbedingt absolut keine Chance hat, auch wenn noch so viele Gangvarianten zur Verfügung stünden. Mir war nur klar, dass ich wieder einmal versagt hatte. Wie bei der Parallelverschiebung im Geometrieunterricht, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Die nächsten Tage verbringe ich mit Grübeleien über die Sinnhaftigkeit meines Tuns, darüber, ob ich die Motorradfahrerei nicht aufgeben soll. Die Tiefgarage muss ich zwar beinahe jeden Tag betreten weil ich das Auto brauche, aber die Motorräder anzusehen vermeide ich so gut es geht. Ich denke darüber nach, wie viel Geld ich schon für Motorräder und Ausrüstung verpulvert habe, wie viel Glück ich gehabt habe, weil ich bei den bisherigen Stürzen ohne Verletzungen davon gekommen war, und das Teufelchen auf meiner Schulter zischt: „Siehste? Siehste? Und was hast du nun davon?“ Mikes Worte fallen mir ein. Das es schon zurück kommen würde und so weiter. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe Angst davor, Angst zu haben, wenn ich fahre. Angst davor, dass dieses unbändige Gefühl von los gelöst sein, was ich beim Motorradfahren hatte, für immer verloren ist. „Ohne kann ich nicht.“ So waren immer meine Worte. Und nun stehe ich da und bin deprimiert. Die Maschinen rufen mich nicht mehr. Es ist beinahe so wie bei der Auflösung der Band nach 11 Jahren. Damals hatten die Trommeln aufgehört mit mir zu sprechen und es hatte eine lange Zeit gedauert, bis ich die Drumsticks wieder in die Hand genommen hatte. Die Band war ein wichtiger Teil meines Lebens gewesen. Das Motorradfahren war es auch. Pino sieht das ganz pragmatisch und meint trocken: „Entweder du setzt dich jetzt gleich wieder drauf und fährst einfach, nicht in der Karthalle, sondern ganz für dich allein, und horchst mal tief in dein Inneres, oder du setzt dich drauf und steigst gleich wieder ab. Stell dich deinen Zweifeln und zerdenk dir nicht den Kopf.“

(Fortsetzung folgt)

Glück auf!
Pofpof
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Beitrag von beast666 »

traurig :cry:

Ich hab mal aufgehört nachdem ich mich 2 Jahre gequält hatte aber nach knapp 2 Jahren gings wieder los und ich hab wieder Spass dabei.
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  • Ketchup#13 Offline
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Beitrag von Ketchup#13 »

Sehr einfühlsam!!
Ich kann Dich verstehen. Habe auch ein ganzes Jahr gebraucht um nach 2 Stürzen wieder Vertrauen in das Vorderrad zu bekommen. War nichtmal schlimm die Stürze, aber gleich hintereinander.

Ketchup#13 8)
(in der Hoffnung daß die Fortsetzung etwas positiver wird!!)
Heule nicht, kämpfe!!!!!!
Ich höre Rammstein!!
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Beitrag von Baumi 55 »

Genial !!!!
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