Part II: I ride, therefore I am
Nach einer gemütlichen Nacht in meinem Wohnmobil war erstmal schrauben angesagt, weil meine wunderhübsche schwarze R1, die ich nächtens noch beklebt hatte, noch die Original-Übersetzung drauf hatte. 15/45 sollten es dann bitteschön schon sein.
Ich hatte es aber auch nicht eilig, weil ich den Läusering ja schon kannte, und es sicher besser sein würde, mein Knie noch ein bißchen zu belasten vor dem ersten Funktionstest im freien Training, und es ein vorsorglich mit Chabau einzureiben.
Irgendwann gegen elf Uhr hatte ich mich dann auch in die Kombi gepresst. Den Stützstrumpf hatte ich sicherheitshalber mal angelassen. Weil man mir meine alten Reifenwärmer in Schleiz geklaut hatte und Schwester Renate mir ihre nicht leihen wollte, hatte mir Hubi einen alten Satz gegeben, bei dem der Vordere aber nicht funktionierte.
So fuhr ich dann also mit kaltem Fronthuf und brennendem rechtem Seitenhuf zur Box hinaus und drückte sofort den Knopf des Pitlane-Speedlimiters, der bei 4000 U/min abriegelt und nur noch ein dumpfes „babababababababababababa“ aus den Remüssen entlässt.
Ich grinste mir eins, während viele andere wohl dachten, mein Motor hätte den Swayze aufgegeben. Ein Hoch auf den Spieltrieb von Lars, der dieses Gimmick zu seiner Belustigung eingebaut hatte.
Ich spürte schon in den ersten Kurven, dass das ein hartes Stück Arbeit werden würde. Nach 2 sehr schmerzhaften Runden, in denen mich Klinge, Freens, Stammi und mindestens 5000 andere Pillemänner außen, oben und mittendurch galvanisiert hatten, wollte ich schon rausfahren und meinen neuen Nolan für dieses WE an ein beliebiges, vorstehendes Stück Metall hängen, aber ich zwang mich, draußen zu bleiben und das Knie einzufahren. Bestimmt würde es bald geschmeidiger werden....
Gegen Ende des Turns wurde es dann auch ein bisschen besser, aber ich schaffte es immer noch nicht, das Knie auf den Boden zu bringen, und das Fahrwerk wackelte auch wie ein Molchschwanz im Frühling. Zurück in der Box kamen gleich ein paar Pillemänner und sagten solche Dinge wie „Na, geht wohl doch nicht so recht“ oder „Musst du noch den Motor einfah-ren?“. Dies machte mich natürlich zornig, und ich montierte flugs ein 47er-Kettenrad. Der Zeitenzettel sagte etwas von einer 1:53 - das war doch gar nicht so schlecht für den Anfang. Ich marschierte flugs zu Öhlins-Sepp und schilderte ihm meine Fahrwerksprobleme. Die R1 wollte beim Anbremsen und in der Kurve die Linie nicht halten und war vorne zu wabbelig. Sepp nahm hinten ordentlich Vorspannung raus und gab vorne ordentlich zu.
Ich war mir sicher dass das in Verbindung mit der Übersetzung mindestens 5 Sekunden bringen würde, hehe.
Vor dem nächsten Turn machte ich noch ein paar Dehnungsübungen und fuhr dann mit einem dreifachen babababababababababababaaaaaaaaaaaaaaaaaa wieder raus auf diese herrliche Strecke, die vielen anderen Zündern seltsamerweise gar nicht so gut gefiel.
Das Knie fühlte ich schon viel besser an, die Gänge passten auf einmal fast perfekt, und das Fahrwerk funzte um Welten besser als im ersten Turn. Ich konnte wieder meine alten Linien fahren und das rechte Knie schrabbelte auch in jeder Kurve auf dem Asphalt, der die Welt bedeutet. Diesmal überholte mich keiner, und als ich in die Box zurückkam, sagte Nico nur etwas von 48, und dass ich ja wohl nicht ganz dicht sei....
1:48,666 - the number of the beast, hell and fire was spawned to be released.....
Ich war perplex, sagte dies aber keinem, und freute mich nur ein bißchen, dass es so gut gelaufen war.
Beim dritten freien Turn waren die Reifen dann am Ende, aber ich schaffte noch eine Verbesserung um ein paar Hundertstel.
Hernach ließ ich mir von Ronnie einen neuen C und einen neuen Medium-Soft für`s zweite Quali aufziehen, bei dem nur Cuppies fahren durften, und begab mich zu Sepp, der mir vorne nochmal einen Ring Vorspannung zudrehte, weil ich die Gabel immer noch zu soft fand und der Cockring an der Gabel nur nen halben Zentimeter von Ultimo entfernt war.
Im zweiten Quali wollte ich nur 3 oder 4 schnelle Runden probieren, weil ich die Reifen für`s erste Rennen schonen wollte, das am selben Abend noch stattfinden würde. Ich hatte eigentlich in jeder Runde ein bis zwei blöde Verbremser oder anderen Mist drin und rechnete nicht mit einer Verbesserung der 48er-Zeit, aber de facto war ich doch tatsächlich eine 47,2 gefahren, was mich mit 2,4 Sekunden Vorsprung auf Pole brachte, vor Martin Mattivi, dem netten neuen Ösi, der nur 20 Minuten von mir entfernt wohnt, und dem sensationell auffahrenden Reidi, der nach einem Jahr Abstinenz mit seiner 06er-R1 auf den dritten Startplatz fuhr, was mich am allermeisten freute! Es war einfach nur cool, wie er sich darüber gefreut hat, und ich hoffte, dass er diese Leistung im Rennen würde wiederholen können...
Thomas Welle komplettierte die erste Startreihe, direkt hinter mir stand Schorschi Einzmann, der mit 119%iger Wahrscheinlichkeit nach dem Start wieder in Front sein würde, dahinter Wolfgang von Muralt, Uwe Celle Kantimm und Hubi Junker. Chris, Klinge und Lehmi folgten auf 9, 10 und 11, aber die würden bestimmt noch weiter nach vorn fahren im Rennen.
Ich setzte mich vor der Box auf den Boden, vertilgte 1,5 Liter Apfelschorle, erfreute mich an den Gestalten um mich herum, und wartete auf das erste Rennen. Martin würde es mir nicht einfach machen, das war mir schon im Voraus klar, und mit Einzmann war am Lausitzring auch immer zu rechnen, schließlich war er letztes Jahr völlig trainingsfrei vom letzten Startplatz gestartet und hatte den ersten Lauf ganz normal gewonnen...
Ich hatte jedoch nichts zu verlieren, also würde ich gewinnen....
