Mal eine kleine Chronik des Rennens, die ich für eine Messe geschrieben habe, auf der unser Bolide ausgestellt war:
Das Björn Schreiber Racing Team bei der Endurance-WM im Rahmen der Speedweek 2006
Chronik des Rennens
Start
Stephan kommt gut durch das übliche Startgerangel und wühlt sich Platz um Platz nach vorn
00:55h
Erster Fahrerwechsel, Nachtanken
01:50h
Wir liegen auf Platz 28, alles im grünen Bereich, 36er Zeiten ohne Verkehr sind möglich, Fahrerwechsel, Nachtanken.
02:15h
Beim Runterschalten Ende Gegengerade gibt es einen üblen Schlag im Motor, Ausrollen in die Box, ÖL läuft aus. Mopped qualmt. Diagnose: Zerfetzte Kupplung, keine Ahnung warum, Seitendeckel durchschlagen, aber das Motorgehäuse ist ok. (Darf während des Rennens nicht gewechselt werden!) Die Mechaniker verbrennen sich die Finger an den heißen Motorteilen, demontieren Krümmer, Ölwanne und Reste der alten Kupplung. Nach 45min haben die Jungs das Mopped wieder einsatzbereit
03:15h
Nach den ersten Runden mit neuer Kupplung bemerkt Hajo leichtes Kupplungsrutschen
03:45h
Rutschen wird stärker, Hajo fährt in die Box, informiert das Team, Stephan fährt raus und wird reingeholt, nachdem die neue Kupplung bereit liegt
05:00h
Endlich scheint die Technik zu halten, wir haben insgesamt 01:20h in der Box gestanden, was den 42. Platz bedeutet. Carsten macht pro Runde 5-10 Sekunden auf die vor uns liegenden gut, aber es ist ein mühseliger Weg.
06:10h
Die Nacht bricht herein, absoluter Wahnsinn, nachts Motorradrennen zu fahren. 37er Zeiten in der Nacht! Wir verlieren nur 2sek im Vergleich zum Tag.
07:15h
Ende Start/Ziel springt die Kette aufgrund gelockerter Steckachse ab. Stephan rollt aus und muss den Boliden über die Rettungswege zurück in die Box schieben
08:00h
Wir sind wieder im Spiel, haben mittlwerweile 2:15h Standzeit in der Box. Platz 41. Das Feuerwerk um 12 Uhr nachts schafft auf der Strecke ein unglaubliches Feeling. Wann fährt man schon nachts Rennen und bekommt eingangs Start/Ziel Feuerwerk zur Begrüßung
11:00h
Mittlerweile ist es 2 Uhr nachts, nur noch 9 Runden Rückstand auf den 38. Platz. Wir machen pro Runde 10 sek gut. Insgesamt sind wir zu diesem Zeitpunkt 329 Runden gefahren.
11:45h
Es ist 02:45 Uhr in der Nacht. Carsten fliegt eingangs Gegengerade per Highsider ab (Anm. der Red.: Auf dem Öl vom eigenen Gabelholm, eine eingeklebte Verschraubung hatte sich unglaublicherweise gelöst), Mopped ist fahrbereit, er kann in die Box fahren. Stummel und Schaltgestänge verbogen, ist schnell gewechselt, Carsten hat sich einen Mittelknochen der Hand ausgekugelt, der Rennarzt muss zum Einrenken Schmerzmittel geben, deshalb Fahrsperre für Carsten bis mind. 12 Uhr, wir sind nur noch zu zweit. Standzeit 02:46h, wir fahren ab sofort Doppelturns, also 2 Stunden am Stück pro Fahrer mit einem Tankstopp.
16:00h
Es ist 7 Uhr morgends, wir haben die Nacht hinter uns gebracht, 485 Runden gefahren, zum nächsten Team fehlen uns nur 13 Runden, ist zu schaffen, sind auf Platz 37
17:30h
Die dritte Kupplung raucht ab, leider Ende Start/Ziel, Stephan muss geradeaus ins Kies und den Boliden um fast den ganzen Kurs schieben. Das Motto der Speedweek „Nur die Harten kommen durch“ wird realer als uns lieb ist. Langsam reichts. Es ist längst eine Frage der Ehre, ins Ziel zu kommen.
19:00h
Standzeit ingesamt nun bei fast 4h. Wir wollen ankommen und fahren weiter. 10 Runden Rückstand auf das nächste Team. Platz 36. 547 Runden gefahren
20:00h
Wir können noch max. 1 Platz aus eigener Kraft gut machen, immer noch 10 Runden Rückstand , Kupplung funktioniert ausnahmsweise.
21.00h
12 Uhr Mittags, die letzten drei Stunden brechen an. Noch 9 Runden zurück, Platz 34
22:00h
644 Runden, 6 Runden Rückstand, die Dreckskupplung hat schon wieder keinen Schleifpunkt und knackt beim Runterschaltern, rutscht aber nicht. Wir stellen die Taktik um und fahren nur noch im 3.Gang, lediglich auf den Geraden kurz in den 4. So haben wir nur zwei Schaltvorgänge (runter) pro Runde und schonen die Kupplung. Auch damit gehen 36er Zeiten, wenns sein muss.
23:00h
Kupplung verschlimmert sich nicht, wir beten, dass wir die letzte Stunde durchkommen. 679 Runden, 5 Runden Rückstand, Platz 34
24:00h
Wir haben es geschafft!!! Wir sind im Ziel und in der Wertung. Die Kupplung hat gehalten, wir sind 715 mal an Start/Ziel vorbei gekommen, durch Ausfall eines anderen Teams noch auf Platz 33 vorgerutscht und platzen vor Stolz, dieses Rennen zu Ende gefahren zu haben. Auf Start/Ziel wird der Hinterreifen unter dem Jubel der Boxencrew und der Zuschauer per Burnouts und Donuts hemmungslos hingerichtet.Wer noch nie ein 24h Rennen erlebt hat, wird nur schwer verstehen, was es bedeutet, die Ziellinie zu überqueren. Jedes Teammitglied ist in diesen 24 Stunden an seine Grenzen gegangen und wahrscheinlich auch darüber hinaus. Wenn die Technik gehalten hätte, wären wir in der OPEN-Klasse auf dem Podium gewesen. Nächstes Jahr kommen wir wieder...