Prolog: Aufzünden mit Radschützenpanzer…
Ich muss kurz etwas ausholen:
In meinem vierwöchigen Militär-Wiederholungskurs (WK) unmittelbar nach Misano hatte ich ursprünglich gehofft, dass meine fünf Radschützenpanzer nicht zum Einsatz kommen würden und wir stattdessen einen Dienst für die Öffentlichkeit tätigen könnten, der dann auch wirklich von echtem Nutzen gewesen wäre – nämlich den Betroffenen der Unwetter zu helfen. Von wegen!
Ich rächte mich beim Schweizer Staat auf meine eigenen Art und Weise und setzte mich für eine halbe Stunde von den anderen vier Pänzerchen ab und gab dem Fahrer Anweisung, wo er die Fuhre hinkutschieren sollte. Ich erinnerte mich an ein stillgelegtes, leicht verwildertes Firmengelände ganz in der Nähe, hehe. Da ich die Geländefähigkeiten des Radschützenpanzers noch nicht wirklich kannte, musste ich natürlich wissen, wie es um diese bestellt ist. Für den Ernstfall muss man ja gewappnet sein! Am besagten Firmengelände frohlockte ich über jegliche zivile Abwesenheit und gab der Besatzung Order, den Helm ja nicht wegzulegen und das Essen aus den Plastiksäcken zu entfernen. Diese Säcke würden evtl. eine neue Aufgabe kriegen… Dem Fahrer wiederum gab ich eindeutig zu verstehen, dass es jetzt für den 5,2l V6 Zeit zum Aufzünden sei, was er dann auch tat. Ich hätte nicht gedacht, dass Radschützenpanzer rocken können! Das Gelände war zwar um Welten übler als der Mostsche Rübenacker, was mir aber nichts ausmachte.
Nach lediglich einer Viertelstunde im uffzynd-modus war dann aber schon Ende Feuer angesagt. Es stellte sich leider heraus, dass ein solches Gefährt nur hammerhart aussieht, aber man damit so behutsam umgehen sollte wie mit einer Porzellanpuppe:
Drei von vier Funkantennen im Arsch, Radlagerschaden, Relais für die Motorbremse ausgefallen (besonders sympathisch), Bremse und Motor leicht überhitzt, bei einem Helm war die Sprachsteuerung out of order, ein Scheinwerfer minus, meine Notration hatte sich in einen Bananen-Brot-Schokolade-Split verwandelt (während einer Flugphase hatten sich diese flugs unter meinen Anus geschlichen – ich landete weich), ein Antennensockel komplett weggebrochen… eben ein echtes Armeefahrzeug! Oder um es mal mit den Worten des Kommissar Schneider auszudrücken: Arschfahl klebte der Mond am Fenster… Da will man mal kurz testen, ob die Mühle belastbar ist und nach 15 Minuten ist die Luft raus. Meiner ZX-6 hätte ich hässliche Worte an die Verkleidung geworfen…
Als wir das Scheissding dann am nächsten Morgen aus der Reparatur kriegten, durfte ich mich natürlich gehörig zusammenscheissen lassen. So etwas hatte der gute Mann von der Werkstatt ja noch nie gesehen, jaja. Den riesigen Nagel im vorderen linken Reifen hatte er dafür im Gegenzug grosszügigerweise übersehen. Arschen, den Reifen durften wir also selber wechseln.
Der langen Rede kurzer Sinn: Aufzünden bitte nicht mit Radschützenpanzern…
Nun aber zu erfreulichem: Mein Aufzündbruder Boo und ich schworen uns, nachdem wir im Juli den CH-Meisterschaftslauf in Dijon in Augenschein genommen hatten, diese Walfahrtsstätte in 2005 mindestens noch einmal heimzusuchen – dann aber mit eigenem Material!
Weiterhin sollten noch Marco und seine RN09, die ich beide noch vom ADR-Event her kannte und Fäbu dabei sein. Fäbu hatte seinen Sommer-Urlaub in Riccione verbracht, als Boo und ich Misano unsicher machten. Sicherheitshalber schaute er damals vorbei. Mit verheerenden Folgen…
Fäbus Uffzynd-Ross war eine 6er CBR, die bestimmt aus der Zeit des Mittelalters stammte, als man noch mit Schwert und Rüstung zu den Schlachten (sch)ritt, Jg. irgendwas um ’89?! Eisenhaufen wäre für seinen Untersatz eine durchaus schmeichelhafte Bezeichnung, aber leider gab es zu der Zeit ja noch kein Eisen…
Statt eines Motors hatte diese prähistorische CBR insgesamt 600 Hamster mitsamt Laufrädern an Bord - von irgendwoher muss die Bezeichnung CBR 600 F ja kommen, das F steht für Fogiyama, was nichts anderes als Hamster auf japanisch heisst. Als Scheinwerfer dienten insgesamt sieben Kerzen, die Räder waren aus Buchenholz gefertigt, in Ermangelung von Reifen für die Felgen wurden flugs zwei Schlangen montiert (natürlich giftig, die Giftzähne wurden zum Luftdruckprüfen zweckentfremdet. Auswuchten war auch die Scheisse in persona…), als ‚Bremsen’ fungierten zwei Guss-Teeranker und als Highlight die Lenkerstummel: zwei Faustkeile…
Aber dennoch war ich gewarnt - Jungs mit solchem Material fahren nicht selten einen Strich, der schärfer als Miraculix’ Sichel ist. Und dass er durchgeknallt war, wusste ich ja noch von der Misano-Odyssee. Auch er hatte eine eigene Sprache entwickelt!
Da Fäbu nach eigener Ansage über weniger gute Schrauberhände verfügt, wurde ‚Knagi’ (liebevolle Bezeichnung für seine Hamster-CBR) ein paar Tage vor der Abfahrt bei Boo deponiert, damit dieser sich ein paar Minuten um das gute Stück kümmern konnte. Dabei stellte sich heraus, dass Knagi 2l Öl fehlten, Frostschutz dafür noch vorhanden war und die Bremsbeläge eigentlich diesen Namen gar nicht mehr verdienten. Ich hatte leichte Verständnisschwierigkeiten, wie man sich mit so einem in den Verkehr wagen kann, geschweige denn auf die Renne geht… Aber ich sollte diesbezüglich selber noch was auf die Fresse kriegen!
Aufgrund der kleineren Bremsprobleme in Misano orderte ich bei Armitage die sagenumwobene SRF-Flüssigkeit (Super-bRems-Flüssigkeit) und CRQ-Beläge in der Hoffnung, nach dem Event keinen dicken Unterarm mehr zu haben. Und da ich gerade in der Region am Werkeln war, beschloss ich, auch noch gleich die Bremssättel und –Kolben zu reinigen. Mein Kawa-Händler hatte natürlich eine grandiose Geheimwaffe als Reinigungsmittel für mich parat. Konventioneller Bremsenreiniger fiel aus bekannten Gründen schon mal weg. Seiner Aussage nach aber sei sein Spezial-Motorreiniger dermassen mild, dass er damit Rücklichtgläser säubern würde. Dennoch hätte der Bremsstaub keine Chance… Und das Beste: Sollte Dichtungen angeblich nicht angreifen!
Als ich die Dose in Augenschein nahm, dachte ich zuerst an einen Scherz. Sehr witzig, dieses Produkt wurde bestimmt schon seit 80 Jahren in derselben Aufmachung vertrieben… Als ich die diversen Warnungen auf der Dose verinnerlichte, musste ich mich ernsthaft fragen, ob man dieses Zeug überhaupt an gemeine Aufzünder verkaufen durfte. Ich bin sicher, dass man damit Leichen beseitigen könnte. Aber Dichtungen sollen keinen Schaden nehmen?! Hüstel…
Mein lieber Rolf, beim Thema Bremse leuchtet ohnehin meine Alarmglocke dunkelrot, da ziehe ich sowieso alle Schrauben immer mit Drehmoment an und kontrolliere sie zweimal. Eine schmerzhafte Erfahrung diesbezüglich reicht mir… Da habe ich auf ein ‚wird scho klappä’ nicht so Lust! Aber zugegebenermassen habe ich vollstes Vertrauen in ihn. Also her mit diesem Teufelszeug!
Beim Händler traf ich dann noch einen mir nicht gänzlich unbekannten Aufzünder namens Samuel. Sein Strassengefährt K1 750er Gixxer, Rennmopete bisher Aprilia RS 125 mit 34 PS. Voller Stolz erzählte er mir, dass er nun auf eine ’99er Honda RS 125 umgestiegen sei – also den Production Racer.
Wie jedes Mal musste er mir wieder vorschwärmen, wie geil es doch sei, am Bremspunkt an den dicken Schiffen vorbeizuziehen und deren Flüche zu hören.
Seit diesem Jahr fuhr er in der IG Königsklasse bei BP mit, bisher jedoch noch mit der Aprilia. Seiner Ansicht nach würde er von jetzt an vorne mitfahren können, neuem Mopped sei Dank. Ich versuchte ihn dann zu überzeugen, dass er zuerst schauen solle, mit der Honda schneller zu werden. Wenn er schon die Aprilia nicht am Limit bewegen könne (behaupte ich jetzt mal einfach so weil ich ein Onboard-Video von ihm in Lédenon gesehen habe – >1:49…), würde er sich zu Beginn mit einem leichteren und stärkeren Mopped in erster Linie keinen grossen Gefallen machen. Aber er schien sehr von sich überzeugt zu sein, mal sehen. Schneller wird er bestimmt, aber ob’s gleich für die Spitze reicht?
Bevor ich wieder bei mir in der Garage die Bremsflüssigkeit wechselte, wollte ich ihr noch ein letztes Mal die Gelegenheit geben, die Kolben rauszurücken. Beim anschliessenden Einsatz des ominösen Reinigungsmittels of death befiel mich tatsächlich kurzzeitig die Befürchtung, dass nicht nur der Staub, sondern auch die gesamten Bremssättel verschwinden würden. Das war schon cool, beim ersten Druck auf den Sprühkopf wurden wohl ein paar Moleküle auf den Kotflügel gefeuert, die sich dann der grünen Farbe bedienten. Dieses Reinigungsmittel war ja schlimmer als jede Speckmade! Als ich dann noch blaue Farbe auf meinem ehemals weissen Putzlappen ausmachen konnte, hatte ich wieder dieses Gefühl, etwas getan zu haben, was ich besser gelassen hätte.
„Uaaaaaaah, vo wo chunnt jetz diä gschissnig blaui farb (ich muss dem Schwaben-Einzug im Forum etwas Paroli bieten…)?!“ Bei genauerer Betrachtung stellte sich dann heraus, dass lediglich die Temperaturindikatoren auf den Bremssätteln den Weg alles Irdischen gegangen waren. Egal, waren eh dreckig, hehe.
Der wunderbar eingebrannte Staub auf den Sätteln zerfiel nun zu flüssigem Staub und innerhalb weniger Sekunden blinzelten die Sättel und Kolben um die Wette, als hätte ich sie bisher noch nie um Bremswirkung gebeten. Alles schön wegwischen, noch eine gründliche Wasserdusche hinterher, alles abtrocknen - fertsch!
Da ich nicht im Geringsten Lust hatte, neue BremsFlüssigkeit in alte zu schütten, saugte ich zuerst die alte ab. Ich nahm mir dafür einen Happen Zeit, schliesslich wollte ich nicht zur Hälfte noch mit altem juice herumtuckern.
Etwas enttäuscht war ich aber schon, als ich die neue Bremsflüssigkeit in die Entlüftungsnippel drückte. Eigentlich hatte ich erwartet, dass dieses teure Zeugs auch optisch was hermachen würde. Demnach hätte es also definitiv mindestens so grün sein müssen wie eine hausgemachte Kawa. Grün weil dies ja die Farbe der Hoffnung darstellt und ich ja nun hoffen durfte, später bremsen zu können…, hehe!
Dann noch schnell die CRQ’s reingehauen, die Anlage ein zweites Mal entlüftet und zuguterletzt einen Ölwechsel hinterhergeschoben. Die Reifen hatten erst einen Tag Misano hinter sich, also um die Piste kennenzulernen kein Problem.
Französlinge, je vais vous visiter!
Donnerstag abend kam aus heiterem Himmel aus dem Munde Boos die Ankündigung, dass unser zweiter Team-Bus irgendwie nicht an der Stelle aufzufinden war, an der er eigentlich hätte aufzufinden sein sollen. Sehr witzig, irgendein Todesschwadroniker hatte das gute Stück trotz unserer Reservation ausgeliehen!
Allerdings verfiel ich nicht in Panik und erklärte Boo die Korea-Theorie ‚Deus ex machina’ (Ich werde dies bei einer anderen Gelegenheit hier noch nachholen). Kurzvariante: Korea löst Konflikte!
Da ich an diesem Abend später sowohl vor als auch hinter einer Bar anzutreffen war, durfte es somit absolut kein Problem darstellen, am Folgetag noch schnell einen Bus aufzutreiben – ohne Mietgebühr versteht sich. Zur Sicherheit nahm ich also zum gegebenen Zeitpunkt konsequenterweise ein paar Extra-Fingerhüte eines genialen Erfrischungsgetränks zu mir und war mir sicher, innerhalb einer Stunde zwölf Fahrzeuge auftreiben zu können.
Ein paar Stunden später bei helllichtem Tage griff ich in die Golfschen Lenkerstummel (ohne Drähte…) und plante ein paar unangekündigte Hausbesuche zu tätigen. Mal sehen, wie viele echte Freunde ich habe…
Mein erstes Ziel war natürlich einer meiner diversen Studium-Nebenverdienststellen, die Firma Rumpel –





Bei meinem Boss machte ich nicht lange Fisimatenten und teilte ihm innerhalb eines Satzes mit, dass der Morgen gut sei und ich sofort den Bus für das komplette Wochenende beschlagnahmen müsse. Da er gerade den letzten Schluck aus seiner Kaffeetasse verinnerlicht hatte, wusste ich ohne Umschweife, dass ich schon bei meiner ersten Anlaufstelle siegen würde.
„Goht in ornig, Herr F. Am zwölfi chöni si ihn ha.“
Was soll ich sagen ausser Deus ex machina…, hehe.
Ich wollte sofort Boo Bescheid geben, dass unsere Suche nach dem heiligen Fahrzeug-Gral ein vorläufiges Ende gefunden habe, als er meinte, mich noch übertrumpfen zu müssen:
„I hät no ä Mercedes am start.“ Dies beeindruckte mich jedoch nicht im Geringsten, zeigte mir aber, dass ich noch auf die Ausnahme warten muss, welche die Konfliktlösungs-Regel bestätigt! Um 11:59 holte ich den geilsten Fiat Ducato ever ab und freute mich, dass ich um Rechtskurven bewältigen zu können nicht einmal lenken musste. Dafür wenn ich geradeaus fahren wollte! Tja, nicht alle Ducati(o)s sind kurvenstabil… Egal, das Ding zündete mit reinem Taragewicht ganz schön ordentlich ab, hatte als Konter aber einen konzeptionellen Nachteil parat, den ich wohl nur mit Mühe überleben würde: keine soundmachine an Bord... Ohoh, allerunterste Schublade, so etwas geht überhaupt nicht!!!
Bei mir angekommen verstaute ich den bereitgestellten Kram und wartete auf Aramis, Artos und Portos. Diese Zwischenzeit wollte ich in der Garage nutzen, um mir einen Überschuss metallischer Mucke zu geben, der mir auf den drei bis vier Stunden Fahrt fehlen würde. Ganz im Sinne von ‚nach den sieben fetten Jahren kamen die sieben mageren’. Meine Nachbarn hatten bestimmt wieder einmal Mitleid mit meinem zurückgebliebenen Verstand…
Irgendwann kamen die Jungs, wir begrüssten uns herzlich, sattelten die Büsse und plünderten kurze Zeit später noch einen Coop. Und dann endlich auf den highway to cloud 9, wurde ja auch langsam Zeit. Dass Boo fälschlicherweise bei der ADR-Ausfahrt den Blinker setzte und witzigerweise tatsächlich rausfuhr, sei nur am Rande erwähnt. Ich vermute, er war dieses Jahr etwas zu häufig dort!
Irgendwie fehlte mir unterwegs was, dreieinhalb Stunden können fucking lange sein ohne Sound im Hintergrund!
In Dijon erwischten wir natürlich die falsche Ausfahrt und kamen zu einer unerwünschten Stadtrundfahrt, Fäbu wurde langsam unruhig. Ein Dischönler half uns aus der Misere und wir durften bald das Fahrerlager begrüssen.
Ich dachte zuerst, dass wir uns im Datum geirrt hatten – es war ja noch so gut wie niemand da um 2000! Wir sichteten einen geeigneten Platz und richteten das von Boo mitgebrachte und sagenhafte 6x3 m-Zelt ein. Daneben noch ein etwas kleinerer Pavillon für die Bikes positioniert, passt. Aufwand wie ein Werks-Team…
Anmeldung klarmachen, Pfanne an und Getränke umplatziert. Ich schätze es war nach 2230 als im 5-Minuten-Takt weitere Team-Busse eintrudelten. Alles in allem waren es aber eher wenig Leute, die den Platz bevölkerten – bei Rehm was ganz neues!
Die Stimmung in unserem Festzelt stieg progressiv an und wir machten schon im Voraus klar, wer wann wo verbrannt werden würde. Wie immer hielt ich mich sehr zurück, hehe. Wir beschlossen einstimmig, im Zelt zu übernachten, dabei aber Boos riesigen Gas-Hitzestrahler in Betrieb zu nehmen. Um 2300 waren zwar noch T-Shirts angesagt, aber Ende September ist Ende September.
Fäbus Liegestuhl machte in regelmässigen Abständen mit wenig dezenten Plong-Geräuschen darauf aufmerksam, dass sich eine Feder nach der anderen verabschiedete. Marco war es schlussendlich, der Fäbu darauf hinwies, dass er am Boden liegen würde. Pruhaaaa, sah das geil aus! Ein Glück hatte ich kurz zuvor einen Knoten in meinen Flüssigkeits-Ausscheider gemacht!
Ich schlief wunderbar...
Soooo, Ende Teil 1, ihr Raser und Racer. Hab extra Unterteilung gemacht!!! I’ll be back…