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ADR Juli ’05 mit Bosee-Team/Speer oder: „Vengeance is mine“

Infos zu und mit Veranstaltern, aber auch zu anderen Themen,
über die es sich lohnt zu sprechen!

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Beitrag von Mäddie »

Sieben Wochen ohne Aufzünden im Sommer sind fuckin’ lange. Deshalb ist das Vorspiel auch etwas in die Länge geraten, für gewisse wohl zu lange. Aber das ultimative Uffzynd-Buch soll ja auch ruhig ein richtig dicker Brocken werden. :twisted:
Good luck my friends…


Track 1 – Vorgeplänkel: Von Gabelumbauten, Harry und Sally, Kettengeschichten und ausgeliehenen Laptimern

Es begann bereits einen Tag nach der Rückkehr von meinem ADR-Event an Pfingsten. Ich hatte eine verdächtige Ähnlichkeit mit Joker aus Batman angenommen, mal ausgenommen von der (lime-) grünen Hautfarbe… Das Grinsen war nicht mehr wegzubringen! Mein Umfeld hatte schon Rat bei diversen Dermatologen ersucht, alles erfolglos. Selbst so mühsame Dinge wie Einräumen von teilweise noch nassem Aufzündmaterial in die Garage verliefen unauffällig und ohne bittere Tränen. Normalerweise wird einem ja spätestens bei dieser Gelegenheit wieder bewusst, dass der AE (Aufzünd-Event) vorüber ist. Aber nicht an jenem Tag!
Es kam, wie es kommen musste: Ich drang in die heiligen Hallen des R4f-Termine-links ein und wollte mal abchecken, wann wieder ein deutscher Veranstalter auf dem ADR sein Unwesen treiben würde. Es gab zwar einige Termine in den nächsten zwei, drei Wochen, aber natürlich alles schon ausgebucht oder eben so genannte „Motorrad-Kurse“ worauf ich keine Lust hatte. Also den Termin mit Speer Anfang Juli klarmachen, sieben Wochen ohne freies Blasen waren noch ganz knapp auszuhalten. Dachte ich Einfaltspinsel…
Das Pfingst-Event hatte meine Aufzündpläne für dieses Jahr jedenfalls gründlichst durcheinander gewirbelt, womit ich schweren Herzens und mit einer Träne im Augenwinkel gezwungen war, meinen Mugello-Event im August abzugeben. Aber drei Tage Mugello würden alles in allem ungefähr sechs oder sieben Tagen ADR entsprechen und da ich dieses Jahr eigentlich möglichst viel fahren will um auf ein erträgliches Niveau zu gelangen, beschloss ich, lieber häufiger am ADR aufzuzünden. In Mugello wären die Fix-Kosten so hoch gewesen, dass bei deren Anblick jeder Junkie verblassen würde. Schöne Strecke hin oder her!
Natürlich bin ich mir bewusst, dass Zynden auf dem ADR eigentlich wie Ficken ohne Abspritzen ist, da dort keine Rennen stattfinden und sie nicht ganz ohne Tücken ist. Aber spätestens seit dem Gaskrankheit-Posting wissen nun wohl einige, dass ich noch sehr studiosus bin und somit nicht allzu viele Gelegenheiten wahrnehmen kann, die Lenkerstummel zu ergreifen. Es ist zwar erstaunlich, wie viel Geld sich durch den Verzicht auf schwulen Strassenbetrieb sparen lässt, aber mein Nebenjob bringt die Kriegskasse jedenfalls auch nicht gerade zum Bersten. Ich bin wohl an einer Möglichkeit dran, dass Geld auf Bäumen wächst, aber ich habe von meinem 998S-Landschaftsgärtner-Fahrerkumpel diesbezüglich noch kein grünes Licht bekommen. Wir sind aber sozusagen Hobby-Alchemisten hinsichtlich Knospen in Fränklis umwandeln zu können. Vielleicht klappt’s ja mal.

In der Garage wollte ich mich meiner Granate annehmen, um zu schauen, ob sie irgendwas benötigen würde für das nächste Mal. Nun, der Ölfilm auf dem LD (hoffe es lesen keine Amis mit, l. d. ist dort eine Abkürzung für was anderes…) war logischerweise immer noch da, also abschrauben und bei Max Urech durchklingeln.
„Jo, dasch kei problem, bringsch mr dä el-dee einisch vrbi, denn mach dr dä wieder parat.“
So weit so gut. Nun die Sache mit dem ollen Power Commander. Wer’s nicht weiss, soll jetzt erfahren, dass mich gleich zwei PC’s im Stich gelassen hatten, aber dank Hajo und Bremsklotz erfuhr ich, dass ich nicht der einzige war mit einem PC III-Prob. Ich wusste jedenfalls keinen Rat mehr und bemühte das Telefon gleich noch mal. Dieses Mal Mr. Bossert himself zwecks Abstimmung und allgemeiner Fehlersuche des PC.
„Jo, dasch kei problem, bringsch mr dini granatä einisch vrbi, denn mach dr diä wieder parat.“ Sehr schön, ich war umgeben von Genies.
Dennoch, ich hatte diesen Winter einen Entscheid getroffen, nur noch absolut notwendige Veränderungen von Spezialisten machen zu lassen. Brauchte ich den PC resp. den Quickshifter wirklich? Ich hatte beim letzten Event keinen einzigen Verschalter gehabt und nur während den ersten zwei Runden den QS vermisst. Aber gleichzeitig erinnerte ich mich auch daran, wie lustig das Ganze mit Automatik war. Die beiden Jungs auf meinen Schultern hatten natürlich wieder extremst polarisierte Meinungen. Der Knabe mit Heiligenschein meinte, dass ich das Geld lieber in meine Sicherheit, sprich neue Reifen investieren sollte. Der Gehörnte machte mich hingegen auf meine Faulheit aufmerksam und dass ohnehin mehr als genug (wenn auch bereits angefahrenes) Reifenmaterial für dieses Jahr in meiner Garage rumstehen würde.
[Bemerkung am Rande: Ich sehe mich wegen diverser Pi-eMs betreffend des Pfingst-Event-Berichts genötigt, die Forumsmitglieder darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bei diesen zwei Typen NICHT um Uffzynd und Antizünd handelt! Es gibt keinen stichhaltigen Beweis für die Existenz von Antizünd, darum glaube ich auch nicht daran…, hehe. Aber der Einfachheit halber nenne ich die beiden von nun Harry und Sally, wobei Harry den himmlischen Vertreter übernimmt.]
Ich beschloss, die PC-Entscheidung in meiner Stammkneipe zu treffen und zwar mit jemandem, der nichts mit Gasgriffen am Hut hat. Ich brauchte eine so neutrale Perspektive, wie man sie normalerweise nur zwischen zwei Gängen antrifft.

Ich wusste schon beim Anstechen des Korea-Fasses, dass die Entscheidung pro oder contra PC-Abstimmung beim Bossert hier und heute fallen würde… Ich traf mich mit einem ehemaligen Militärkollegen, den ich hier aus Gründen der Vertraulichkeit einfach mal Felix nennen will. Schon bald zeichnete sich ab, dass er einen ganzen Swimming pool voller Eistee aus Long Island in seine Blutbahn umplatzieren wollte. Ich nicht…
Wir hatten an diesem Standort vor einiger Zeit eine Sprache entwickelt, bei der wir die Anfangssilben zer-, ver- und er- von Wörtern sinnlos untereinander tauschten. Leider kann ich eine solche Konversation nicht auf schwizerdütsch schreiben… Aber sinngemäss würde sich das ungefähr so anhören:
„Ich bin zerkältet.“ – „Du hast erloren.“ – „Ich bin verknirscht.“ - „Zerpiss dich!“ usw.
Entscheidend aber war eher, dass „Felix“ nach einer Weile beschloss, Zigaretten zu holen und ich diese Gelegenheit nutzen wollte, einen weiteren wichtigen Termin auf der Toilette einzuhalten. Während ich anschliessend meine Hände wusch und meine Fresse im Spiegel betrachtete, fiel mir auf, dass Harry und Sally, beide wiederum auf meinen Schultern sitzend, dem Anschein nach ebenso angeduselt waren wie ich. War witzig anzuschauen! Sally gab schlussendlich auf:
„Määääääääddie, du saaaaaauuuuuuuhuuuuuuuuund, lo dä scheiss-fuckin’ kuickschiftr lo si, isch doch eh nur für schwuuli!“

:!: :idea:

Ich werde dieses Verfahren öfters anwenden, die Entscheidung war gefallen! Ich war dermassen erfreut, dass ich nun der Versuchung nicht mehr widerstehen konnte und beschloss, mir ebenfalls ein Schwimmbad voller Flüssigkeit (allerdings in einer anderen Farbe) zu genehmigen. Um 0230 kam dann der einmetrige Kassenzettel als kaum noch Blut in unserer Alkoholbahn zu finden war. Die Ladenbetreiber wollten diesen umgehend schliessen – was für herzlose Geschöpfe! Ein Glück, dass Felix anschliessend sein mobiles Funkgerät noch bedienen konnte und seine Freundin erreichte. Ich denke, er hat aber bis zu diesem Zeitpunkt mindestens 15 andersartige Leutchen mehr oder minder absichtlich aus den Betten geholt…
Ich war froh, dass ich im pace car (ich mag die Bezeichnung safety car nicht) sofort eingeschlafen bin, Felix’ Lebensabschnittsgefährtin hatte sich offenbar ein grosses Repertoire an überaus hässlichen Flüchen zurechtgelegt. Diese junge Dame hatte ich im Übrigen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gesehen, was aber auch nicht so schlimm war (Armitage würde sie wohl h-Frau nennen…). Irgendwie scheint dem guten Felix der letzte Handgranateneinsatz beim Häuserkampf nicht so gut bekommen zu sein – zumindest frauentechnisch… Ich hoffe mir ist diesbezüglich keine Bemerkung ungewollt rausgerutscht.
Die Fahrt war aber auch einmal abgesehen von der rüden verbalen Ausdrucksweise ungemein ruppig, irgendwie. Vor meiner Wohnungstür wurde ich per Arschtritt aus dem Auto befördert. Bevor ich aber auf dem Boden einschlief, beschloss ich an diesem Standort doch nicht zu übernachten. Nachdem ich meine Beisserchen gereinigt hatte, realisierte ich, dass meine Zunge entweder festgewachsen oder -geklebt war. Egal, Hauptsache ich wusste, dass ich den PC nicht abstimmen lassen musste/wollte.

Einige Zeit später hatte ich Ivo an der Strippe, den ich an Pfingsten kennengelernt hatte. Seines Zeichens konnte er mir Bridgestone-Gummies zu verführerischen Preisen auftreiben. Allerdings musste ich ihm bei dieser Gelegenheit versprechen, das nicht publik zu machen, da er nicht zum Reifenhändler mutieren will. Also meine lieben Aufzünder, soeben genanntes bitte sofort wieder vergessen. Ivo ist Mitglied eines Zeugenschutzprogrammes und heisst somit auch gar nicht Ivo. Da er aber ein wirklich sehr feiner Kerl ist (und ich auch weiss, dass er fleissiger Forum-Mitleser ist, hehe), wollte ich ihn hier dennoch erwähnen.
Eigentlich wollte ich bei ihm BT 002er reservieren, allerdings konnte/wollte er mir nur Slicks vermachen, worauf ich schlussendlich auch einwilligte.
„Jo, dasch kei problem, chunnsch einisch vrbi, denn mach dr diä reifä parat.“
Genie Nr. 3! Freundlicherweise fragte mich Ivo bei dieser Gelegenheit, ob ich ebenfalls Anfang Juli auf dem ADR anzutreffen sei, was ich bejahte.
„Sunntig und mendig, drittä und viertä?“ war seine Frage, worauf ich mit einem Kopfschütteln reagierte, er das aber nicht sehen konnte, da wir ja nur miteinander telefonierten. Also sagte ich nein und fügte hinzu, dass ich scheinbar die gerade anschliessende Veranstaltung gebucht hatte. Hm, aber ich war mir doch sicher gewesen, dass das Bosee-Team bis zum August nicht mehr am ADR ihr Revier aufschlagen würde! Ich versprach Ivo abzuchecken, ob noch freie Plätze für den 3. und 4. vorhanden wären und mich gegebenenfalls auch anzumelden. Mit ihm aufzuzünden war tatsächlich eine sonnige Idee!
10 Minuten später musste ich feststellen, dass ich scheinbar das Lesen tatsächlich verlernt hatte, denn dieser Phantomtermin existierte wirklich. Für den 4. gab es noch zu vergebende Plätze, ich stellte also mein Gehirn kurz zur Seite (es war eh dreckig…) und meldete mich an. Nach der Überweisung und der erneuten Integration meiner Zündbox an den Kabelstrang erinnerte ich mich wieder, dass ich Student war. Ich würde also eine kurze Unterhaltung mit meinem Zuhälter führen müssen. Ich hatte zwar den Film ‚Point break’ gesehen, wo sich lustige Surfer als ehemalige Ami-Präsidenten verkleideten und Banken ausraubten um surfen zu können, aber ich wollte lieber meinem konventionellen Nebenverdienst treu bleiben um aufzünden zu könnnen.
Erst jetzt erinnerte ich mich auch wieder, dass Ivo schon mal eine 22er-Zeit auf dem Laptimer stehen hatte fährt (hoffentlich darf ich das sagen…). Ich beschloss noch nicht zu weinen, sondern mein Fitnessprogramm wieder zu verschärfen und meine Ernährung umzustellen (naja, zumindest in Ansätzen…). Ich nahm mir vor, wie Kagayama in Monza zu handeln, sprich Corsers Linie abzuschauen und ihn dann auf der Bremse tierisch zu vernaschen. Ein toller Plan, aber eben: nur ein Plan… Es fehlte nur noch ein Name dafür. Plan C alias

„Vengeance is mine“

Dies ist ein sehr vernünftiger Song der metallischen Ex-Band Sentenced. Der Titel schien mir den AE unter einem guten Stern stehen zu lassen – aus mehreren Gründen!
Die Zeit bis dahin sollte quälend langsam verstreichen. Mr. Einstein hatte nicht ganz unrecht, als er behauptete, zwei Stunden auf einer heissen Kochplatte sitzend scheinen länger zu dauern, als zwei Stunden auf einer Parkbank neben einer hübschen Frau…

In Valencia an Ostern hatte ich neue BT 014 versuchsweise montiert, die ich einfach kurz für die Strasse einfahren wollte (damals rechnete ich noch damit, auch ein paar km auf öffentlichen Wegen zurückzulegen…). Ein Fehler erster Güte, nach den zwei obligatorischen Einrollrunden hatte ich in den nächsten sechs oder sieben Umläufen drei Beinahe-Runterpurzler, nachdem ich bis zu diesem Zeitpunkt 1,5 Tage mit SC’s rumgecruist war. Bisher hatte ich immer gedacht, dass gewöhnliche Strassenreifen zumindest auch einigermassen auf der Piste funktionieren müssten. Das war bei mir jedoch definitiv nicht der Fall. Sogar als ich nur mässig angaste, überhitzten die Dinger offensichtlich grausam und grippten überhaupt nicht. Und wir hatten nur 20 Grad! Wahrscheinlich hatten aber die Reifen irgendeinen Makel, selbst Strassenreifen dürften sich kaum so verhalten. Sehr merkwürdig…
Jedenfalls schmiss ich alles andere als hocherfreut die BT’s gleich an Ort und Stelle von den Felgen runter und wollte sie später meinem freundlichen Kawa-Händler zu einem Tauschgeschäft anbieten. Angefahren waren sie nun ja und Verschleiss war nicht wirklich vorhanden – ideal für Strassenfahrer also.
Ich konnte mich noch erinnern, dass mein Schraubär eine Kunden-ZX-6RR ’03-Gabel mit Hyperpro-Innereien präpariert hatte, die ich 2003 kurz testen konnte und mit meinem bockharten Original in keinster Weise zu vergleichen war. Mein Vorschlag war nun also meine Fuck-Reifen gegen den kleinen Hyperpro-Umbau (Gabelfedern und neues Öl) und einen Satz Bremsbeläge, worauf er schlussendlich einwilligte. Nötigenfalls neue Simmerringe sollten bei dieser Gelegenheit auch noch mit rein und dazu ein UV-beständiger O-Ring, damit ich endlich dem hässlichen Kabelbinder good bye sagen konnte.
Mitte Juni an einem ungewöhnlicherweise sonnigen Samstagmorgen brachte ich ihm somit die beiden Gabelholme vorbei und wollte ihm dabei gleich zuschauen, wie er die Gabelfedern wechselte. Hihi, das ging mit seinem Werkzeug um Jahre schneller als bei uns letztes Jahr anlässlich des 24h-Rennens in Le Mans… Jedenfalls war ich froh, dass ich meine Gabel nicht einschicken musste - ich dachte nur ungern an die ganzen Horrorgeschichten im r4f-Forum bezüglich HH und dem unsachgemässen Vers(t)and diverser Anbieter.
Als die Gabelfedern zum Vorschein kamen, dachte ich im ersten Moment wirklich, dass meine Gabelholme gar keine Holme sondern Kugelschreiber waren. Diese Federn waren abartig kurz!
Meine Schraubär Rolf machte sich dann sicherheitshalber gleich noch daran, das Cartridge-System auszubauen, was ihm ein paar Flüche entweichen liess. Die Dinger waren idiotensicher eingebaut! Irgendwann durfte ich aber schlussendlich 2,5er Gabelöl einfüllen und die Sache entlüften. 2,5 ist kein Schreibfehler, ich war wirklich erstaunt. Ich denke, das liegt wohl mit der Härte der originalen Teile zusammen. Schlussendlich alle Schräubchen gedreht und eine Standardabstimmung übernommen.
Anschliessend ging ich Bundy am Hocken besuchen…

Wieder zurück machte mir die Übersetzung ein paar Sorgen. Die 14:43 (15:40 Serie) war beim letzten Mal das Optimum gewesen, da ich noch jeweils ca. 300 - 500 U/min auf der Geraden in der Reserve hatte. Nur – das war gegen Ende des ersten Tages und noch ohne wirklich aufbauende Linien, dafür aber mit lächerlichen Kurvengeschwindigkeiten. Am zweiten Tag regnete es ja…
Ich stellte mir somit die Frage, wie viel ich wohl schneller werden konnte und kam zum Schluss, dass es wohl definitiv zu eng werden würde, denn 300 U/min entsprechen ungefähr 5 km/h im Sechsten… Und da ich meinen Motor mag, wollte ich ihm solche ewigen vor-dem-Begrenzer-Qualen ersparen. Also flugs den Kopf in die Kisten mit Aufzündmaterial getaucht und tatsächlich noch ein brandneues 42er Blatt gefunden, welches eigentlich noch von meinen ZXR-Tagen herrührte, aber auf wundersame Weise dennoch auf eine zehn Jahre später produzierte Granate passte. Dass ich mir mit dieser Entscheidung aber auch zwei Eier legte, beunruhigte mich nicht im Geringsten. Einerseits dürfte ich nun natürlich nach anderen Schaltpunkten und eventuell anderen Gangwahlen Ausschau halten müssen und andererseits würde ich nun wohl um ein Kürzen der Kette nicht mehr herumkommen. Aber egal, Hauptsache meine Granate macht keine Mätzchen. Den PC mag sie offenbar schon nicht so sehr…
Da ich keinen Kettentrennerhalter-Kollega zur Verfügung hatte, klopfte ich mir beim Nieten der Kette wie immer drei Mal auf den Daumen der linken Hand... Ich hoffe, ich schaffe es irgendwann einmal, von dieser Scheiss-Tradition abzusehen! Der letzte Treffer liess mich kurz sämtliche vorstellbaren Gesichtsfarben annehmen, dem Daumen sollte es nicht besser ergehen, denn er fühlte sich zusätzlich irgendwie gespalten an. Was sich aber nicht bestätigen sollte. Ich blätterte kurz im ‚Petit Robert’ der Schweizer Fluchkunst durch und entschied mich für ein paar schmeichelhafte Worte, die sich ihren Weg von meiner dörflichen Werkstatt bis zur nächsten Stadt bannten.
Nachdem dieses olle Nietschloss von mir Niete genietet wurde, drehte ich probeweise das Hinterrad ein bisschen und fand, dass die Kette tadellos lief. Allerdings bemerkte ich bei einem doofen Kettenglied, dass gleich zwei O-Ringe fehlten. Sehr nett, glücklicherweise war ich aber noch im Besitz eines weiteren Nietschlosses und mein linker Daumen freute sich schon auf weitere hammermässige Streicheleinheiten. Nur zum Spass wollte ich mir die Kette dann doch etwas genauer anschauen. Aber aus Spass wurde Ernst… Auf der ‚Vorderseite’ (von links in Fahrerrichtung) sahen ja auch alle Glieder Meister Proper-mässig aus, aber von der rechten Seite aus gesehen fiel ich fast in Ohnmacht, als ich bei einem Glied einen feinen Riss erkannte, der sich von aussen bis fast zur Mitte hindurchgearbeitet hatte. Meine Nerven!
Das war weniger nett, ich holte den Flex-o-mat und entfernte eine Niete gleich wieder, die ich fünf Minuten zuvor noch angebracht hatte. Mein Daumen frohlockte…
Ich zog die Kette vom Ritzel ohne einen Ersatz gleich mitzuziehen, beförderte die Überreste auf meinen Beifahrersitz und wollte meinen Kettenversorger mit dieser Tatsache konfrontieren.
Entgegen meiner Vermutung nahm der das Ganze jedoch einiges lockerer als ich und schwafelte irgendwas von ‚halt äs reeessing-teil’ und so. Die Kette hatte lediglich 1500 Pisten-km runter, und wenn ein Glied angerissen ist, muss mir niemand was sagen von Racing und häufig wechseln! Ausserdem behandle ich meine Ketten fürstlich, habe zwecks Reinigung sogar eine Zahnbürste geholt, welche wohl teurer als die für meine eigenen Zähne war! Dass der Händler die Sache so gelassen sah, machte mich ohnehin stutzig. Insgeheim hatte ich erwartet, dass dieser vor Schreck ein schlechtes Gewissen bekam und mir eine Ersatz-Kette spendierte. Ich nehme ja nicht an, dass man so etwas jeden Tag sieht. Für die Alles-wissen-wollen-Leser: Kette war eine DC MXX 520. 520 ist bei Sechser-Kawas übrigens bereits ab Werk montiert.
Der Händler wollte allerdings die Kette behalten, um sich die Sache etwas genauer ansehen zu können. Dagegen hatte ich nichts, fand aber, dass ich zumindest eine Gutschrift für ein Neuteil kriegen sollte. Denn eine Kette mit drei eigenhändig genieteten Schlössern wollte ich mir dann doch nicht mehr antun. Das wiederum fand mein Händler überhaupt nicht vernünftig, da er sich tatsächlich NICHT genötigt sah, von einem Garantiefall auszugehen. Nun wurde ich langsam stinkig, der Knabe war auf dem besten Weg, mich und somit fünf andere bisher treue Kunden zu verlieren. Das waren in drei Jahren immerhin an die 15 Ketten, die er uns hatte verschachern können. Auch davon liess er sich nicht beeindrucken, offensichtlich musste er einen Millionen-Umsatz ausweisen können - was für ein sturer Schwiizer! Ich liess gut sein, schnappte mir die malade Kette, brauste unverrichteter Dinge davon und rief daraufhin einen Enuma-Händler (lustigerweise wo ich auch Stiefel und Kombi her hatte) jenseits der deutschen Grenze an und reservierte eine 520er. Mein Daumen jubelte, mein Konto schrie auf… Egal, Sicherheit geht vor.

Die days of thunder sollten kommen, mein gestählter Körper war bereit. Das lästige Ziehen in der Kupplungshand hatte sich schon in Spanien teilweise verabschiedet, der Rest hatte sich in Frankreich verkrümelt (nein, nicht durch Wixx-Therapie). Die leicht überarbeiteten Gabelholme waren drin, db-eater sowieso und den ollen PC liess ich wieder in einer dunklen Ecke meiner Garage. In Ermangelung eines Beichtvaters wollte ich ihm selber an diesem Ort der Besinnung die Möglichkeit geben, über sein flegelhaftes Benehmen nachzudenken…
Freundlicherweise wurde mir mein ausgeliehener Laptimer in einem Zustand zurückgebracht, der nur noch wenig mit dem ursprünglichen zu tun hatte. Der Schuldige war zwar nicht gestürzt aber das Teil sah aus, als wäre ein Caterpillar drübergerollt und anschliessend noch in den Heizkessel einer Dampflok geworfen worden. Er schwafelte irgendwas von der Mutter aller Highsider, bei der zusätzlich zum Laptimer auch die Verkleidungsscheibe splitterte. Ich glaubte ihm kein Wort (‚wo hesch denn du dr laptimer montiert gha?! A dr schibä sälber?’) und vermutete eher, dass mein Rundenzeiter für irgendwelche andere Dinge/Sachen zweckentfremdet wurde. Egal, ich beauftragte ihn einfach, mir in den nächsten zwei Wochen einen neuen aufzutreiben und zwar kein geschossenes Teil aus Ebay, da ich auf Garantie bestehe. Murphy hat mir bisher JEDES Mal in die Fresse gehauen, wenn ich was mit vermeintlicher Garantie bei einem Kofferraumhändler erstanden hatte.
Ich kann vorweg nehmen, dass mein Ausreden-Such-Freund mir keinen Lappenzeiter organisieren konnte, weshalb ich kurz selber einen ausleihen musste.

Sascha, mein serviettengeschädigter Aufzündkumpan, hatte ich dazu überreden können, mich zu begleiten. Da er aber ein paar Wochen zuvor das Bedürfnis hatte, seinen Untersatz 20 m vor der Wohnung seiner Freundin totalitär und final zu schrotten, musste das eben ohne Aufzündmaterial geschehen.
Beschwerdefreies Aufzünden stand an! Anhänger abgeholt, alle Waffen und Utensilien am Vorabend eingepackt, Korea umplatziert und sorglos in meinem Bettchen mit standesgemässem Grinsen eingeschlafen. Dabei träumte ich von zwanzig grünen Kawas, die mir Spalier standen und mich beim Vorbeimarsch mit hoch erhobenen Vorderrädern grüssten.
***

to be continued… Morgen kommt track 2...
"Wir wissen zwar nicht, wo es langgeht, aber dafür bewegen wir uns mit Höchstgeschwindigkeit." Dussel Duck, Entenhausen 1983
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Beitrag von Sascha#314 »

klingt nice :D

ich bin mal gspannt wie es endet.
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Beitrag von wanderschikane »

So ein Bericht kann nur von einem "Schdudend" kommen.... Zeitintensiv und mit deutlicher Alkoholfahne :twisted: :lol: :wink:
Gruß Marc
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Beitrag von lachfalte »

@ Maddie

jo säg amol.... :!:
wenn das d'kurzfassig isch, wie lang isch denn s'original?? :shock:

(...aber guat gschriba, echt... :lol: :twisted: )

los! zweita teil! hopp jetz! :wink:
Gruss vom grossen See,
Mai
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Beitrag von Mäddie »

@Wanderschikane: Alkoholfahne?! Das gibt's vielleicht bei Bier... :wink:

@Lachfalte: Merci, ha äxtra für di chli gas geh bim 2. teil schribä...


Track 2 - Tag 1: Von Bridgestone-Treibern und Gemüse in der Bolliger-Box

So, vorbei mit Vorgeplänkel, endlich uffzynda!

Morgens um 0600 musste ich mich schon festhalten um meine Lachmuskeln zu zähmen als ich Sascha wild schnaubend mit seinem Gepäck auf unseren Treffpunkt einmarschieren sah. Kühlbox, Aufzündklamotten, Helm und Kleidertasche – alles auf einmal, hehe. Beim Anblick seiner Hackfresse gab es mir dann den Rest… Freudig begrüsst und gemäss dem alten Mike Oldfield-Song ab ‚to France’.
Immerhin ist Saschas Sound-Geschmack über beinahe alle Zweifel erhaben, was es mir ermöglichte, sämtlichen Anwohnern in Erinnerung zu rufen, dass heute mein Aufzündtag war. Ich entschied mich auf Bundys Geheiss für das sagenumwobene Sentenced Abschieds-Album, welchem unbestätigten Gerüchten zufolge nachgesagt wird, dass es Tote wecken kann. Wir brausten also dem Paradies entgegen und hatten dabei schon viel Freude. Dabei erinnerten wir uns an etliche Aufzündstories. Die Windschutzscheibe beschlug ordentlich...
An der Raststätte fuhren wir dieses Mal vorbei, da Gaspare, mein bisher treuer Aufzündkumpan, da nicht warten würde. Ich glaube, er hat die Bezeichnung ADR aus vielschichtigen Gründen aus seinem Wortschatz gestrichen!
Wir waren recht früh am Ring angekommen, damit wir uns einen schönen Platz aussuchen konnten. Um Punkt 0800 stürmten wir das Areal und ergatterten einen freundlichen Standort. Kurz darauf erschien Ivo, der noch Marco und seine 02er R1 mitgenommen hatte. Wie sozusagen alle Aufzünder waren auch diese beiden Vertreter seit ihrer Geburt in Sachen Aussehen eher mässig bevorteilt… Dieses Defizit machten sie aber durch einen Sympathiezuschlag locker wieder weg. Ich wusste schon jetzt, dass die Zeit mit diesen Leuten sehr unterhaltsam sein würde.
Sascha und ich waren bereits daran, meinen unpolnischen 6x3 m-Pavillon aufzustellen, und es dauerte nicht lange, bis ich Ivo und Marco davon überzeugen konnte, ebenfalls bei uns einzusteigen. Aufstellen zu viert war kein Problem und wir hatten richtig schön Platz. Während Sascha und ich also noch mit Pavillon-Einrichtung beschäftigt waren, bereiten Ivo und Marco ihre Geräte vor und liessen kurze Zeit später die französische Luft erbeben.
Die beiden Spassvögel hatten sich ursprünglich NICHT für die langsamste Gruppe angemeldet, waren aber schlussendlich doch irgendwie darin gelandet, was ihnen jedoch nichts ausmachte. Tja, so werden Abfahrer zu Slalomfahrer. Viel Spass…
Ich beobachtete also zusammen mit Sascha zwei Aufzünder und nannte mich einen Narren, dass ich mich so spät angemeldet hatte. An der Boxenmauer stehen und den anderen bei ihrem Austoben zuschauen ist ungefähr so, als würde man an der Boxenmauer stehen und anderen bei ihrem Austoben zuschauen. [Nein, mein Gehirn hat hier keine kurzfristigen Zündaussetzer, sondern es gibt einfach keinen passenderen Vergleich! Jeder, der das schon einmal miterleben musste, wird mir hier zweifelsohne zustimmen. Ich kenne das leider nur allzu gut.] Was die beiden da vollführten, sah sehr vernünftig aus. Da ich aber nicht komplett untätig sein wollte, beschloss ich, den Schraubix für diese Herrn zu spielen, was sich auf aufbocken, Reifenwärmer entfernen und anlegen beschränkte.

Mein eigenes Unaufzünden erinnerte mich an das Le Mans-Rennen 2004, wo ich anlässlich eines Studium-Praktikums für Scratch Moto eine ZX-10 mitaufbaute und die Hinterreifen wechselte. Ich muss da schnell etwas ausholen (extra für Wanderschikane):
Als Mitfavoriten für die Superstock-Klasse war unser frühes Ausscheiden (in Führung liegend…) natürlich nur mit allerlei merkwürdigen Getränken auszuhalten und ich denke mit Schrecken zurück, als ich mit zwei gleichaltrigen Team-Mechanix um 0200 inmitten des noch laufenden Rennens die Höhle des Löwen aufsuchte, nämlich den Standort unserer treuesten K-Fans. Wir bannten schon leicht angeheitert unseren Weg durch den ‚Camping-Platz’, der mich an den Geschichtsunterricht zurückdenken liess, als ein paar Fotos des Stellungskrieges im 1. Weltkrieg gezeigt wurden. Die Ähnlichkeit war verblüffend! Vorbei an zwei komplett ausgebrannten Autos (die, wie ich am Folgetag erfuhr, extra hinbefördert wurden, um sie gepflegt darniederzubrennen), gewöhnlichen Lagerfeuern und tausender Flaschen schaffte es Cédric, in ein prächtig aufgestelltes Zelt zu straucheln, dabei um sich zu schlagen, als wäre ihm etwas heiss um den Leib, gleichzeitig sämtliche Verankerungen des Zeltes zu lösen, alle Insassen zu wecken, sich mit einem halbherzigen „pardon“ zu entschuldigen und sich anschliessend gleich in das nächstbeste Zelt zu schmeissen. Ich glaube, er beschwerte sich sogar, dass so viele getarnte Zelte aufgestellt waren. Es war eben sehr dunkel… Einige Zwischenfälle später waren wir dann am Ende der Welt angekommen und kriegten endlich was zu trinken.
Diese treuen Fans hatten eigentlich seit Donnerstag nichts anderes gemacht als zu saufen, dann und wann einen Mampf einzuwerfen, in unregelmässigen Abständen zu dösen, sich die unteren Hosen vollzuheiern und sich dabei zu fühlen, als wären sie die Götter in Frankreich. Vom Rennen sahen sie den Start und den Zieleinlauf, wobei ich beim besten Willen nicht abschätzen kann, wie viel sie denn wirklich ‚gesehen’ haben. Ich habe noch schaurige Photos von den Jungs…
Ich weiss nicht wie lange ich dort blieb, jedenfalls hatte ich plötzlich das Gefühl, einen Spaziergang tätigen zu müssen, der mich schlussendlich dann in die mir nicht gänzlich unbekannte Bolliger-Box führen sollte. Wieder komplett nüchtern :roll: wollte ich eigentlich nur kurz Hämpu Bolliger und seinem Team inkl. dem lustigsten Tanker der Welt (habe irgendwie seinen Namen vergessen, hatte irgendwas mit Gemüse zu tun) noch alles Gute für die restlichen Stunden wünschen. Aber es kam anders. Hämpu liess mich wissen, dass ich für diese Uhrzeit noch sehr fit aussehen würde und ich somit die ehrenhafte Aufgabe erhielt, einen Bolliger-Mechanix zu ersetzen, der es sich im hinteren Teil der Box auf der Matratze gemütlich machte. Ein Boxenstop inkl. Fahrerwechsel und grösserem Service würde anstehen.
„Super Hämpu, i ha aber ä schluck allohol im bluät!“ Mein Protestieren nützte nichts und mir wurde ein lustig anzusehendes Utensil in die Hand gedrückt, von dem ich insgeheim ausging, dass sich Pornostars eines solchen bedienen um sich für einen fistfuck vorzubereiten. Vielleicht kann mich ja ein Experte diesbezüglich aufklären, jedenfalls diente es bei Bolliger anlässlich eines Rennens dazu, dem Motor etwas Öl zuzuführen. Herr Bolliger hielt es nicht einmal für nötig, mich über die Funktionsweise dieser fistfuck-Maschine zu informieren. Als plötzlich jemand 90 Sekunden in die Box rief, wurde es in dieser rege und etliche Leute standen auf und griffen sich alles, was gerade um sie herum stand.
„60 sekundä“ – Herr Gemüse setzte sich eine lustige Skibrille auf und schnappte sich die Tankanlage.
„30 sekundä“ – so langsam merkte ich, dass es Hämpu ernst meinte, denn niemand nahm mir das komische Ding aus den Händen.
„Chunnt!“ Ja, die ZX-10 kam angeschossen und die Bremsbeläge quietschten fröhlich vor sich hin. Marcel weg vom Bike, hinten Reifen weg und neuen reingeschmissen, vorne inspizierte Hämpu himself und befand ihn noch für ausreichend. Gemüse gab dem Tank einen ordentlichen Schluck. In der Zwischenzeit entfernte ein freundlicher Helfer den Kupplungsdeckeldeckel. Hämpu warf sich vor mich und das Ölschauglas hin und rief:
„So Mättu, jetz chasch abdrückä!“ Statt zu furzen erkannte ich an dem komischen Teil tatsächlich eine Vorrichtung zum drücken und pumpte Öl an der Kupplung vorbei (ein Glück, das ich überhaupt das Loch traf…).
Hämpu schien das nicht schnell genug zu gehen: „Nid drückä wiänä schwuchtlä!“ Also besorgte ich es der Abdrückpumpe mal so richtig. Hämpu beobachtete dabei das Ölschauglas.
„Drückädrückädrückädrückädrückä – Stop!“ Ich nahm das Teil weg, drei Sekunden später war der Deckel montiert und gesichert und Roman machte sich wenig dezent aus dem Staub. Bevor ich überhaupt realisierte, dass der Boxenstop vorbei war, waren schon alle Ameisen verschwunden und ich stand allein in der Kälte. Nur Gemüse hatte sich nicht verzogen und wollte wissen, was das für eine merkwürdige Flasche sei, die ich mitgebracht hatte. Er glaube nämlich nicht, dass sich da drin tatsächlich „huile du compresseur“ (Kompressor-Öl) befinden sollte, wie ich es auf die Flasche zur Tarnung geschrieben hatte. Gemüse war sehr aufmerksam, das musste jemand sein, der schon häufig in seinem Leben Durst hatte!
Da wir keinen Kühlschrank in der Box hatten, ich aber gewisse Sachen dennoch kühlen wollte, hielt ich es für sinnvoll, die Flasche mit eben diesem Wort zu kennzeichnen. Denn in Le Mans kann man eine Getränke-Flasche unmöglich während des Nachts irgendwo draussen deponieren und hoffen, dass sie nicht von wildfremden Menschen ausgetrunken wird. Ausser man warnt sie mit ebendiesem Wort, das man auch in der Nacht lesen konnte. Funktionierte übrigens wunderbar.
Ich unterhielt mich noch ein Weilchen mit Gemüse, resp. er unterhielt mich, bis meine Rippen allesamt geborsten waren und ich es für nötig hielt, mich zu „Bette“ zu begeben. Meine zwei Team-Mechanix waren schon am dösen und würden mir wohl nie abkaufen, was ich in der Zwischenzeit noch hatte durchmachen müssen…

Wieso ich das hier erwähne? Weil ein Dasein an der Piste ohne eigenes Aufzünden eine Zumutung sondergleichen ist und man sich dagegen nur mit einem Mittel wehren kann. Und dieses Mittel kennen so gut wie alle Aufzünder, die ich kenne! Ausserdem gedenke ich bei jedem Bericht eine bisher nicht zum Forum getragene Geschichte aus der Vergangenheit zu erzählen. Von Le Mans hätte ich da noch einige auf Lager, hehe.

Lustigerweise tauchte beinahe das gesamte Bartler-Team auf dem ADR auf, dem ich mich an Ostern anlässlich des Valencia-Events anschliessen konnte. Max war ohne Aufzündmaterial aufgetaucht, was er aber auch nicht bereute. Tina und Markus hatten ihre Geräte für die Strasse zurückgebaut und wollten abchecken, ob sie fahren durften. Markus schwärmte dabei von seinem 3. Platz im 600er Rennen bei Rehm in Dijon, wobei es ihn wurmte, dass er den 2. in der letzten Runde noch abgeben musste. Trotz einiger Leute, die sich sturzbedingt bereits zurückgezogen hatten, wurde ihnen das Fahren auf dem ADR verwehrt. Für mich unverständlich. Schon ich hatte meine Stirn in Runzeln gelegt, als ich mich bereits für den nächsten Tag anmelden wollte. Der Typ wollte einfach nicht und meinte, dass er das erst morgen machen könne. Begründung fiel ihm irgendwie keine ein. Danke, Bosee-Team… Damit fiel dann auch die Lärmmessung ins Wasser.

Unsere Pavillon-Nachbarn unterhielten uns auf sonderbare Weise. Das waren so rund acht bis zehn Leute, wobei nur einer fuhr. Die hatten einem einen Tag Rennstrecke geschenkt und er wusste davon bis zum Eintreffen auf der Rennstrecke nichts. Er wurde einfach mitsamt seinen Klamotten mitgeschleppt, das Motorrad (’02 oder ’03er R1) war nicht das Seine, dafür ordentlich für die Piste vorbereitet.
Diese Bande hatte zwar keinen einzigen Stuhl dabei, aber dafür eine Strandmatte, unsäglichen Techno-Sound, Kerzenständer und eine Gummi-Susi. Eben alles, was man zum Aufzünden so braucht…
Der Beschenkte war sofort von der Gaskrankheit befallen, Heilung ausgeschlossen.

Was für ein Spinner Ivo ist, durfte ich dann endgültig im letzten Turn des Tages feststellen, als er auf Zeitenjagd gehen wollte. Ungewöhnlicherweise kam er bereits nach drei Runden wieder zurück und parkte sein Ungetüm per Seitenständer. Mit noch aufgesetztem Helm fiel er mich an:
„I bi gstürzt… ha dr töff aber wieder chönä ufrichtä bevor i würkli glägä bi, hihihaha!“ Er berichtete dann, dass das Vorderrad beim Rausbeschleunigen eingeklappt sei, weil er eine O-Ton-Ivo „völlig dänäbni liniä“ gefahren war. Mit Körpereinsatz konnte er die 6er CBR aber wieder aufrichten, bevor sie endgültig wegging. Scheinbar fuhr Ivo als wäre er der Schlächter von Tscheljabinsk himself, nämlich gnadenlos!
Ivo ist neben Thorsten636 also auch zu dämlich zum stürzen! Nachdem ich seine linke Motorradseite begutachtet hatte, gratulierte ich ihm zu seinem angeschliffenen Rahmenschoner :twisted: Das muss man sich mal vorstellen!! Die Verkleidung war nicht nur über 30 cm angeschliffen, sondern auch ihrer unteren Halterung beraubt worden. Der Knabe ist wirklich mit allen Wassern gewaschen, ich verneigte mich tief vor dieser Aktion.
Ungewöhnlicherweise war Ivo sehr hektisch und äusserst bemüht, die Fuhre schnellstmöglich wieder fahrbereit zu kriegen.
„Wo isch s’racetape?!“ Ich kapierte seinen Plan und wir brachten zu zweit die Verkleidung wieder fahrbereit hin. Am Schluss blieben ihm noch ungefähr acht bis zehn Minuten, die er offensichtlich noch auskosten wollte. Ein sehr vernünftiger Aufzünder! Mit einem Grinsen bis zum Hinterkopf stürzte er sich zuerst in seinen Helm und dann wieder ins Fahrgeschehen. Eigentlich war ich mir sicher, dass er jetzt bestimmt die Mühle endgültig wegwerfen würde, aber nichts da! Er kam heil zurück und strahlte wie ein kleines Kind, dem man eine Wundertüte geschenkt hat.
Wir räumten nur kurz auf und halfen noch Marco, seine Utensilien in Ivos Panzer zu verstauen. Marco hatte nur einen Tag gebucht und war darüber natürlich sehr glücklich. Er würde am nächsten Tag bestimmt viel Spass bei der Arbeit haben. Armer Kerl…
Beim Ausklingen des Abends setzte sich Ivo noch vor sein Vorderrad und tadelte es:
„Wenn ich scho än scheiss fahr, denn hesch du gfälligscht z’hebä!“ Ausserdem war er alles andere als erfreut, als er mitkriegte, was er im dichten Verkehr für eine handgestoppte Zeit gefahren war.
„Pffh, do fahrt jo mini grossmuätter schnäller.“ Hehe, schnelle Grossmutter!
Daraufhin gaben wir unseren Bikes einen Abschiedskuss und ermahnten sie dabei, nicht davonzulaufen, da wir sie ohnehin wieder finden würden. Falls doch würden wir sie am Morgen nicht mehr warmlaufen lassen, ihnen im Gegenzug einen Liter Wasser ablassen und einen Ölwechsel der besonderen Art durchführen. Meine Granate brummelte irgendwas aus ihrer Airbox, ich ermahnte sie aber mit durchdringendem Blick ja nicht aufzubegehren. Sie akzeptierte schlussendlich stillschweigend. Ivos CBR entgegnete ohnehin schon die ganze Zeit nichts. Gut erzogen, die Kleine. Vielleicht können Hondas aber auch einfach nicht sprechen!


Track 3 - Der Tag nach Tag 1: Codename YCX

Nach der Hinfahrt im Anti-Schnecken-modus stand endlich mein 1. Turn an und ich schwang mich in das, was von einer weissgrünblauen Kuh mit Kawasaki-Schriftzug-Brandmarken übriggeblieben war, welche immer noch herrlich nach dem Benzin roch, das der Knabe auf seiner R1 RN12 bei unserem „Regenrennen“ verbraten hatte. Meine Granate war an allen entscheidenden Orten schön warm geworden und somit ebenfalls bereit. Die bereits reichlich angebrauchten Pirellis wollte ich noch für den ersten Tag nutzen und erst am Abend die neuen Slicks aufziehen. Soweit der Plan…
Meine Freude wurde noch viel grösser als uns bei der Fahrerbesprechung mitgeteilt wurde, dass die mittlere und schnelle Gruppe zusammengelegt wurde und somit reichlich Fahrzeit zur Verfügung stand.
Ich freute mich dermassen auf die ersten Runden, dass ich nach bestandener Lärmprüfung das obligatorische Enterungs-Wheelie gründlichst verbockte. Vielleicht lag das auch daran, dass uns eingebläut wurde, dass Wheelies nirgendwo auf dem Areal toleriert würden, auch auf der Strecke nicht. Trotzdem genoss ich es, endlich wieder auf dem vernünftigsten Spielplatz für grosse Kinder zu sein und die ersten Umläufe waren ein Labsal für Körper und Seele in seiner reinsten Form. Der gedämpfte Akra, die Airbox und der heulende Primärtrieb schmetterten wieder eine gepfefferte Kawa-Arie in die französiche Luft, dass es mir warm ums Herz wurde. Ich beschloss, eine MiniDisc mit diesem Sound aufzunehmen, welche von nun als mein persönliches Schlaflied fungieren sollte. Herrlichst!
Es kam mir vor, als wäre ich nie weg gewesen, meine bisherigen Linien konnte ich bald wieder einigermassen sortieren und es fing an Spass zu machen. Aufgrund eines nächtlichen Schauers war die Piste zwar mit Vorsicht zu geniessen, aber zum Einfahren reichte es locker. Sobald ich das Tempo anzog, merkte ich, dass die Gabel bestimmt nicht schlechter war als vorher. Am Ende der ersten zwei Turns war ich mir auch sicher, dass das Ändern der Übersetzung kein Fehler war. Yeah! Ich kam eigentlich vom ersten Meter weg gut klar und war einfach nur froh, dass irgendjemand das Aufzünden erfunden hatte. Vor mir tauchte dann plötzlich eine Uralt-Kawa auf, die einen Reiter mit abenteuerlicher Lederkluft auf ihrer Sitzbank hatte. Sah wirklich geil aus, die Jacke war so richtig James Dean-mässig und die Stiefel stammten wohl aus dem Crosser-Zeitalter der heiligen Inquisition. Das schien James Dean aber nichts auszumachen und er prügelte sein Gerät um den Kurs, dass ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte, Respekt! Der Rahmen und die Schwinge werden wohl bald einem Materialermüdungsbruch erliegen, denn das Querstehen stammte wohl nicht von den Reifen… Sicherheitshalber ging ich dann aber doch vorbei, hatte irgendwie ein etwas mulmiges Gefühl um ihn.
Da die Piste mittlerweile trocken war, konnte ich auch den Reifen etwas mehr abverlangen, merkte aber daraufhin, dass der hintere keine Lust mehr hatte. Irgendwie war ich aber darüber nicht so traurig, schliesslich hatte ich noch die blauen Bridgestones dabei. Als ich das Hinterrad aus der Schwinge nahm, sah mich die vordere Felge traurig an und ich wurde weich. Also gleich beide Reifen wechseln und dem Reifendienst 20 Juros abdrücken.
Mein Ziel für diesen Tag war es hauptsächlich, an den Bremspunkten zu arbeiten und mir von den schnelleren eine brauchbare Linie abzugucken. Durch die Zusammenlegung der Gruppen sollte es also möglich sein, einen passenden Spielkameraden zu finden. Ivo selber war doch etwas arg schnell für mich… Ich machte mir aber keinen überflüssigen Druck, da ich ohnehin noch zwei weitere Tage zur Verfügung hatte. Ausserdem wollte ich zu Beginn prüfen, ob der Laptimer funzte. Start/Ziel mit Boxenmauer ist auf dem ADR bekanntermassen eine Kurve… Ich kann vorweg nehmen, dass das Ding drei Tage lang nicht wollte. Da ich aber bereits vor der Mittagspause laut Saschas Handy vier Sekunden schneller war als letztes Mal, stimmte mich das auch nicht besonders traurig.

Der erste Turn mit Bridgestones war eine Bereicherung sondergleichen. Nach den zwei Einrollrollen mit obligatorischer Trennschicht-Auflösung freute ich mich, endlich wieder einmal das satte Gefühl von neuen Reifen zu haben. Als erstes fiel mir auf, dass mir im Pavillon scheinbar irgendein freundlicher Helfer eine fette Frau (sorry Ladies...) vom Heck abgeschraubt hatte, einlenken war ja mit vorhin nicht zu vergleichen. Das Vertrauen stieg und meine Bremspunkte kamen den Einlenkpunkten langsam näher. Und dann fing der Spass so richtig an, die Reifen zeigten sich von meinen Versuchen, sie ans Limit zu bringen absolut unbeeindruckt. ADR ist wirklich eine wunderbare Piste, um ausbremsen zu üben, hehe.
Für die nächsten Turns wollte ich der Gabel etwas genauer auf den Zahn fühlen. Sehr sympathisch, die Unebenheit in der Rechts nach der Boxenausfahrt existierte nicht mehr. Das beruhigte mich ungemein, da ich bisher manchmal das Gefühl hatte, dort häufig ganz feine Rutscher zu haben. Ich war mir aber bisher unschlüssig, ob diese kleine Unsicherheit vom Fahrbahnbelag oder von den Reifen stammte. Nun war es klar, es war der Belag und ich konnte diese Passage nun mit besserem Gefühl durchpflügen.
„Merci für diä gablä, Rolf!“
Am Nachmittag fing dann die Gabel vor der 200º-Rechts vor dem Geschlängel beim Bremsen aber an leicht zu chattern, was ich durch noch späteres Bremsen kompensieren wollte. Dadurch wurde es natürlich nicht besser… Es war zwar nicht schlimm, aber eben dennoch unangenehm. Das hatte ich vor dem Gabel-Umbau noch nie gehabt, hmmmm… Und ich muss dazu sagen, dass ich auf der Bremse extrem schwuchtelös unterwegs bin! Die ganz schnellen gaben mir da einen Anschauungsunterricht.
Da ich das Chattering nicht auf die Reifen abschreiben wollte, brachte ich versuchsweise ein bisschen Druckstufe in die Gabel rein und da wurde es auch etwas besser. Den Lenkungsdämpfer durfte ich auch noch ordentlich zudrehen, da mir das Pendeln auf der Geraden bis zum Bremspunkt auf die Nerven ging. Ab da war ich fahrwerksmässig bedient und hatte keine Ausreden mehr.
Aber mir wurde auch etwas bewusst, welches mir zwar schon häufig gesagt wurde, ich nun aber 1:1 sehen konnte: Man kann auch noch so sehr angasen, wenn die Linie nicht stimmt, verliert man mehr Zeit, als wenn man etwas dezenter mit Gas und Bremse umgeht. Da kann man dann auch noch so quer unterwegs sein. Deshalb war es mir auch wichtig, mich an schnelleren zu orientieren und deren Linien abzugucken. Teilweise ging das, teilweise nicht.
Ich freute mich auch, dass ich keinerlei Probleme mit der Kupplungshand mehr hatte und dass das Motorrad ohne Zicken und fast gänzlich unauffällig funktionierte. Fahrwerk und Übersetzung befand ich nun als einwandfrei.
Auf der Geraden hatte ich schon des Öfteren feststellen können, dass meine Standard-6RR wohl nicht an einem Montag entstanden war, denn sie lief für 600er Verhältnisse trotz db-eater geradezu fabulös. An andere Hubraum-Pendants (markenunabhängig) konnte ich immer aufschliessen – wenn sie denn in meiner Tempo-Klasse fuhren - und selbst Milles zogen mir keinen Meter davon. Leute, ihr habt einfach zu viel Speck auf den Rippen!

Erstaunlicherweise waren die Tempounterschiede in dieser zusammengelegten Gruppe nicht so gross, mit der Ausnahme von zwei durchgeknallten Schweizern, deren Lederkombis mit lustigen Aufnähern versehen waren. Einer der Eidgenossen bremste mich dann vor dem Geschlängel gnadenlos aus, als wäre ich gar nicht vorhanden. Ich war mir aber sicher, dass ich im Geschlängel nicht viel auf ihn verlieren würde. Bis zum Anbremsen konnte ich dann wirklich dranbleiben, und ich freute mich, dass er sich offensichtlich an denselben Punkten orientierte. Beim Anbremsen war es dann aber auch schon vorbei mit Dranbleiben und er zog von dannen… Üben, üben, üben…
Irgendwann spürte ich aber selber plötzlich, dass ich wohl Gesellschaft an meinem Heck hatte, denn ich wurde wieder auf eidgenössische Art und Weise gegrüsst (welches die Ankündigung eines unbekannten Vorderrades ist). Ich hatte schon die Linie für das Rausbeschleunigen auf die Gerade korrigiert, damit ich früh mit vollem Durchzug Speed gutmachen konnte und nicht auf diesem Abschnitt per Powervorteil überholt werden konnte. Aber es nützte nichts, der 7,5er Gixxerling schaffte es dennoch knapp, sein Vorderrad vor dem Rechtseck auf der Innenlinie zu platzieren, obwohl meine Granate das letzte aus ihren 0,6 l Lungeninhalt presste, ich meine Stiefel nach oben abknickte, damit die Knie schön unter meine Achselhöhlen abtauchen konnten und meine Helmunterkante eine Delle in den Tank schlug. Insgeheim wünschte ich mir den sagenumwobenen Turbo booster-Knopf aus Knight rider. Ich stelle mir das höchst angenehm vor, von einer 7,5 oder Kilo auf der Geraden vernascht zu werden, dann aber per TB-Knopfdruck zu kontern. Wobei ich natürlich nicht links oder rechts am Männermotorrad vorbeiziehen würde, sondern oben drüber, harr! So wie es eben nur Kitt kann…
Da ich jedoch trotz emsiger Suche nach diesem Knopf ihn in meinem Cockpit nirgends entdecken konnte, beschloss ich, den Trick mit dem länger stehen lassen doch nicht zu zelebrieren - nicht an diesem zugegebenermassen etwas heiklen Eck – noch nicht!! Also gab ich nach, warf aber ein beinahe unsichtbares Elbenseil aus, das sich im Heckrahmen der Suzuki verfing und mich somit mitzog. Ich merkte bald, dass der Knabe eigentlich vor mir nichts zu suchen hatte und wollte auch wieder die richtige Reihenfolge herbeiführen, da mir seine Linien Kopfschmerzen bereiteten. Aber das Ding hatte abartig Schub, obwohl er aus den Kurven selber nicht so gut rauskam. Abgesehen davon hatte der jetzt wirklich nur auf der Waldgeraden eine ruhige Fahrt, ansonsten wackelte oder schüttelte sich das Ding bei jedem erdenklichen Zustand. Der musste denken, er fahre am absoluten Limit der Reifen! Nun ja, ich wollte mir einen schönen Platz suchen um an ihm vorbeizugehen, denn hinter ihm herzufahren, passte mir überhaupt nicht in den Kram. Aus den Augen aus dem Sinn, ausserdem machte ich mir Sorgen, dass ich wohl oder übel seine Linien verinnerlichen würde. Ich hatte ständig das Gefühl, den haut es jetzt runter, aber glücklicherweise schien er sich diese Fahrweise gewöhnt zu sein. Lustig war aber schon, dass wir nie auf einer Linie fuhren, vielleicht abgesehen vom Kurvenscheitelpunkt. Nach einer mehr oder weniger unterhaltsamen Runde hatte ich endgültig die Nase voll und wollte mir dieses sinnlose Hinterhergeeiere nicht mehr antun. Ich schnappte mir mein Schweizer Sackmesser und steckte es mir zwischen die Zähne. Den würde ich auf jeden Fall kriegen.
Dann kamen die Tropfen, was ich zwar durchaus realisierte, aber als nebensächlich betrachtete, da ich es höchstens als harmloses Nieseln einstufte. Nach einer halben Runde pursuit mode kamen die roten Flaggen und ich sah auch wieso: in den nächsten drei Kurven lagen schätzungsweise acht Moppeds, im hinteren Teil war es bereits sehr nass geworden. Und da ich nun mal gesellig bin, hätte ich mich zweifelsohne zu den anderen dazugelegt, wenn wir keine Flagge gekriegt hätten...

Im letzten Turn nach der Abtrocknung hatte ich noch ein Erlebnis der ganz besonderen Art: Als ich mich auf der Gerade befand, hatte ich urplötzlich den Drang, meinen Helm nach rechts abzudrehen und kurz zu den Aufzündern zu schauen, die sich gegenüber auf der kurzen Gerade nach der Schikane befanden. Und wen sah ich: Ivo! Und was machte er? Er drehte seinen Kopf zu mir rüber und wollte wohl gerade seine linke Hand zum Gruss heben… Das war so spassig, dass ich Mühe hatte, auf meiner Granate sitzen zu bleiben. Das gibt’s ja nicht! Ich musste tatsächlich direkt in seine brutale Hackfresse blicken.
Bei der Rückkehr in unseren Schutzbunker hörte ich sein Lachen, noch bevor ich seinen Motor hörte. Als er mich sah, schüttelte er nur seinen Kopf. Wir lachten was unsere Lachmuskeln hergaben. Wir waren sozusagen auf der wohlbekannten Wolke mit den Rennstrecken. Allerdings haderte er etwas mit dem hinteren Reifen. Er hatte leider seine geliebten Soft-Bridgestones nicht erhalten und musste mit einem Medium vorlieb nehmen. Trotz der Hitze verschliss der viel schneller als sein softes Pendant und gab ihm auch nicht dasselbe Gefühl. Nach 1,5 Tagen Pistenbraten war von den Markierungen nichts mehr zu sehen. Der softe hatte dagegen fast 500 km gehalten… Zweifelsohne sehr viel!

Ach, und dann musste auch Ivo einpacken… Wir versprachen uns gegenseitig, das baldmöglichst zu wiederholen. Ein ganz feiner Aufzünder!

Zu Hause angekommen studierten Sascha und ich das Video meiner ‚Onboard-Kamera’ und erkannten zwei Stellen, wo es sich evtl. lohnen könnte, einen Gang tiefer zu fahren. Sascha wollte dann unbedingt mehrfach die Linie studieren, die ich im Geschlängel fuhr. So ein Video ersetzt ein Data Recording vorzüglich! Einlenkgeschwindigkeit sieht man recht gut anhand der Winkelveränderung, richtige Gangwahl anhand des Drehzahlmessers im Kurvenscheitel, ob anständig beschleunigt wird hört man sehr gut heraus, auch die Linienwahl lässt sich wie ich finde gut interpretieren. Rundenzeit kann man ja selber berechnen anhand der Display-Anzeige.
Nur die Sache mit den Bremspunkten ist etwas tricky. Da kann man nicht auf die Drehzahl gehen, da beim Zurückschalten das durch die AHK ‚verwässert’ wird. Da ich aber einige Male auf der Bremse gnadenlos vertilgt wurde, konnte ich auch so erkennen, dass ich meine Bremspunkte auf später verlegen konnte und/oder parallel dazu den Kurvenspeed erhöhen.
Ungemein lehrreich so eine Videofahrt…
***

to be continued… Morgen dann 3. und letzter Teil
"Wir wissen zwar nicht, wo es langgeht, aber dafür bewegen wir uns mit Höchstgeschwindigkeit." Dussel Duck, Entenhausen 1983
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  • lachfalte Offline
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Beitrag von lachfalte »

bis i das gläsa han, isch eh scho morn.... :shock: :twisted:
Gruss vom grossen See,
Mai
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  • Sascha#314 Offline
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Beitrag von Sascha#314 »

boah du tippst ja lange texte.
aber sehr geil !
  • Giovanni Offline
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Beitrag von Giovanni »

schöner bericht, scheint ja echt spaß gemacht zu haben :D
Wer andere in der Kurve brät hat meist ein 2-takt heizgerät
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  • wanderschikane Offline
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Beitrag von wanderschikane »

So jetzt sitz ich schon wieder zu lange vorm PC! Aber weiter so, sehr unterhaltsam :lol: :D
Gruß Marc
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Beitrag von dryice »

Das nenne ich einen ausführlichen Bericht... Sehr schön.
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