ich habe im ktmduke-Forum eine sehr kühle Pneu-Erläuterung des Sperlings gefunden, welche ich euch nicht vorenthalten will, weil ich denke, dass es auch in unserem erlauchten Forum Menschen gibt, die sich manchmal mit Luftdruck oder Reifenbild schwertun... Ich finde diese Erläuterungen sehr anschaulich und sie überschneiden sich zum allergrößten Teil mit meinen Erfahrungen. Vielleicht könnten wir uns den einen oder anderen Reifenfred ersparen wenn dieser Fred oben festgepinnt würde...


Danke Spatz!"Nochmal kurz zurück zum Luftdruck. Früher, so vor 3 Jahren und mehr, war dieses 2.1 Vorne (kalt) und 1.9 Hinten (kalt) der Standard-Luftdruck für Rennreifen/Slicks. Egal ob jetzt Michelin, Pirelli/Metzeler (die guten alten Supercorsa oder Rennsport; egal ob profiliert oder Slick, wichtig war SC/RS-Mischung), Dunlop.
Mittlerweile wird mit einem sehr niedrigem Luftdruck gefahren, teilweise bis 1.3 Hinten (kalt). So z.B. der neue hintere Bridgestone BT-003 Type 3, welcher mit 1.5 (kalt) gefahren werden kann. Warm entspricht dies 1.7-1.9 bar. Der 195er Dunlop wird z.B. sogar nur mit 1.3 bar (kalt) gefahren.
Man gibt neuerdings auch eher den Luftdruck im warmen Zustand an, einfach weil dieser Wert unabhängiger ist von der Außentemperatur. Logisch: kalt kann mal 10 Grad sein, aber auch 35 Grad (Hallo Pannonia-Ring). Warm bei guten 80-90 Grad ist recht konstant.
Der Grund ist relativ klar und am 195er Dunlop Ballonreifen recht einfach zu erklären: Durch die hohen Seitenwände ist es möglich den Reifen mehr walken zu lassen. Damit bekommt man ein wenig mehr Auflagefläche, was wiederum gut für den Grip ist. Jetzt ist es aber wichtig, daß der Reifen trotz der höheren Walkarbeit auch noch Stabil bleibt und da kommt eben der Karkassenaufbau mit ins Boot. Wenn ein Reifen einen höheren Luftdruck benötigt und man diesen mit "zu wenig" Luftdruck fährt, dann wird der Reifen a) ggfs. zu warm, weil er für die zuviele Walkarbeit gar nicht ausgelegt ist und b) ggfs. schwammig, weil der Reifenaufbau mit zu wenig Luftdruck instabil wird.
Bedenken sollte man, daß ein Rennreifen/Slick ein Temperaturfenster von grob 60-100 Grad hat. Wir wissen alle, mit kalten Slicks ist nicht zu spassen. Mit zu heissen Slicks aber auch nicht. Von daher sollte der Luftdruck einigermassen passen. Wobei gerade die neuere Generation schon einiges an Luftdruck erlaubt und man bei Problemen mit Aufreissen teilweise zuerst mit dem Luftdruck ein wenig spielt und dann erst das Fahrwerk anpasst. Vorausgesetzt, dass Fahrwerk ist normalerweise in einem recht guten Bereich eingestellt. Bei einem total verstellten Fahrwerk bringt das auch nichts, eh logo.
Bei Strassenreifen sieht das ganze Sache schon wieder ein wenig anders aus. An dieser Stelle möchte ich so Zwitter aka Michelin Pilot Race mit Strassenzulassung mal außen vorlassen (der Pilot Power Race ohne Strassenzulassung kann wie ein Slick behandelt werden, gleiches gilt ja auch für Supercorsa in SC-Mischung).
Diese müssen Hochgeschwindigkeitstauglich inkl. voller Beladung betrieben werden können. Daher wird fast immer Vorne 2.5 und Hinten 2.9 jeweils kalt angegeben.
Der typische Temperaturbereich eine Strassenreifens liegt so bei 10-70 Grad (nagelt mich bitte nicht auf das Grad genau fest, hängt auch ein wenig vom Reifen ab. Ein Tourenreifen eher etwas niedriger, einer supersportlicher Reifen eher etwas höher.). Daher benötigen Strassenreifen üblicherweise auch keine Reifenwärmer und je nach Umgebungstemperatur ist das Absenken des Luftdruckes auch nur in kleinen Bereichen sinnvoll. Üblicherweise kann 2,2-2,3 Vorne und 2,3-2,5 Hinten (jeweils kalt) gemessen als guten Richtwert für Strassenreifen auf der Rennstrecke empfehlen.
Aber Achtung, es gilt weiterhin die grundsätzliche Empfehlung:
Strasse = Strassenreifen
Rennstrecke = Rennreifen
Was passiert mit den Reifen? Durch den niedrigen Luftdruck erwämt sich der Reifen besser. So bei 30-50 Grad funktioniert z.B. ein Pilot Power hervorragend. Das ist dann auch die Temperatur, welche man beim zügigen Landstr.-Fahren erreicht. Und genau für diesen Einsatzzweck ist der Reifen gebaut worden.
Wird der Reifen jetzt auf der Rennstrecke zu sehr beansprucht, mit zu wenig Luftdruck gefahren oder aber die Umgebung ist zu warm, dann bewegen wir den Reifen am Rande seines Temperaturbereiches. Da hilft dann auch nicht mehr Auflagefläche durch weniger Luftdruck. Zu heiss ist zu heiss und das wird meistens durch "unberechenbares" Verhalten belohnt.
Nehmen wir mal den Pannoniaring, idealerweise zur Sommerzeit. Da braucht man mit einem Pilot Power gar nicht aufkreuzen. Der hat im Stand schon 40 Grad und bei ein wenig artgerechter Haltung des Eisens geht es bei Asphalttemperaturen >60 Grad schnell über die 60-70 Grad für den Reifen.
Sollte ein Strassenreifen zu heiss werden, dann eher mit höheren Luftdruck betreiben um unnötige Walkarbeit und damit hohe Temperatur zu vermeiden. Das bisserl mehr Auflagefläche macht es wirklich nicht aus, wichtig ist das Temperaturfenster des Reifens.
Besser ist es aber bei solchen Umgebungstemperaturen direkt mit Rennreifen zu fahren.
Und dann gibt es noch Strassenreifen, welche unbedingt etwas mehr Luftdruck benötigen um Stabil zu bleiben.
Typische Reifen waren "ältere" Bridgestone-Reifen. So BT-010 und ggfs. ein wenig neuer. Vorne nicht unter 2,3 und Hinten nicht unter 2,5.
Das ist jetzt mal so mein Wissen/meine Erfahrung, welche ich in den letzten 6 Jahren gemacht habe. Teilweise über Reifenseminare oder aber Renndienste vermittelt bekommen, zusätzlich eben mit der sebst gemachten Erfahrung auf Strasse und eben Rennstrecke.
Ich hoffe ich konnte das Thema halbwegs verständlich vermitteln.
Ein Reifenbild posten und dann die passende Antwort zu bekommen ist wie Kaffeesatzlesen oder Glaskugeln verwenden. Mit einem Bild kann man normalerweise relativ wenig anfangen. Es fehlen weitere Informationen wie: Wie ist das Fahrwerk eingestellt? Welchen Fahrstil hat der Fahrer? Luftdruck? Maschine?
Je mehr dieser Parameter bekannt sind, desto besser kann man eine Ursachenanalyse starten. Besonders wichtig ist eben neben den Reifen auch das Fahrwerk, dieses kann man meistens nur Vorort prüfen.
Keine Regel ohne Ausnahme: Das Bild ist nahezu eindeutig.
Wäre der aufgerissene Bereich am Rand gewesen und ca. 2-3 cm Breit, dann hätte ich meine Klappe gehalten, weil das wäre wirklich die Glaskugel gewesen. Da hätte man dann mal so Standard-Antworten wie 2 Klicks Zugstufe/Druckstufe geben können. Für alle Insider: 2 Klicks bewirken bei einen Normalo-Fahrwerk nahezu nichts.
Jetzt ist aber der aufgerissene Bereich etwas vom Rande entfernt. Häufig sieht man das so mit 1-3 cm Abstand vom Rand. Vermehrt bei Fahrern mit viel Leistung/Drehmoment.
Was passiert? Dank viel Leistung wird eine "Schwäche" des Fahrers kaschiert. Diese Schwäche ist das richtige Gas geben. Häufig wird das auch aus Angst/Respekt gemacht.
Man "durchrollt" eine Kurve mit guter Schräglage (der Rand des Reifen ist normal benutzt), richtet die Maschine ein wenig auf (mal mehr mal weniger, daher kommen die 1-3 cm zustande) und gibt dann kräftig Gas.
Für den Reifen bedeutet dies: Der Rand, so bei 40-50 Grad Schräglage, wird normal verwendet. Dann wird aufgerichtet und so bei 25-40 Grad werden plötzlich 100 Nm oder 100 PS freigesetzt. Diese Leistung muss jetzt von dieser Stelle des Reifens mit Schlupf auf den Asphalt gebracht werden. Daher reisst der Reifen in dem Bereich auf. Mehr zur Mitte hin ist der Leistungsanstieg dann wieder eher gering, sprich der Unterschied in der Beschleunigung nicht so groß, daher kein weiteres Aufreissen.
Doch dieses Verhalten ist leider ein Fahrfehler! Man muss das mal so deutlich sagen.
Der Kammsche Kreis gilt auch bei 25-40 Grad Schräglage und bei diesen Gradzahlen kann man den Reifen schon viele Kräfte für die Beschleunigung abverlangen. Nur setzt diese Beschleunigung nahezu schlagartig ein und ein Spüren der Grenzen ist somit fast nicht möglich. Daher passieren Highsider auch eher bei den Mittel-Schnellen-Fahrern.
Besser ist es ab dem Scheitelpunkt das Gas langsam aufzumachen und dabei auch langsam aufzurichten. Dies bewirkt eine Stabilisierung des Fahrwerkes (optimale Lastverteilung 40% Vorne, 60% Hinten), gleichzeitig wird die Gefahr einer Überbelastung des Vorderrades entgegen gewirkt, weil eben Gewicht nach Hinten verlagert wird. Jetzt könnte man das Hinterrad überlasten, doch das kann man viel besser spüren und auch viel besser kontrollieren.
Gleichzeitig bewegen wir uns langsam an der Haftgrenze des Reifens, wird diese angekratzt, so macht sich der Reifen bemerkbar. Minimal das Gas zurücknehmen und die Fahrt geht ganz normal weiter. Oder wenn möglich ist, einfach schneller Aufrichten und Gas so stehen lassen. Ist ein wenig Situationsabhängig.
Sprich man ist zwar eher am Grenzbereich des Reifens, aber belastet den Reifen nicht schlagartig, sondern eben nur leicht. Folglich hat der Reifen die Möglichkeit diese Überbelastung anzuzeigen (=Grenzbereich) und dem Fahrer zu vermitteln. Wenn dieser die Signale richtig deutet, kann er drauf reagieren und nichts passiert.
Das Ganze ist ein flüssiger Vorgang. Nebenbei purzeln dabei auch noch die Rundenzeiten, weil man eben mit viel mehr Schwung aus der Kurve herausgefeuert kommt. Wie sonst ist es möglich, daß eine 600er eine 1000er "ausbeschleunigen" kann?
Weiterer Vorteil: JETZT kann man auch am Reifenbild - mit den entsprechend vielen Parametern - etwas ablesen und erkennen das etwas nicht simmt.
Wenn nämlich der Reifen ganz am Rand aufreisst, ja, dann stimmt etwas nicht."



Korea,
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