Dabei sein ist alles – was für ein Unsinn! Dabei sein ist nichts, ist wie „nett sein“, was ja bekanntlich die kleine Schwester von Sch.... ist. Immer geht es (nur) darum, zu gewinnen oder zumindest den Hauch einer Chance zu haben, nicht Letzter zu werden ... wer anderes behauptet, lügt oder hat keine Ahnung. Denn auch wenn es "nur" um die goldene Ananas geht, geht es trotzdem immer auch um die Ehre. Vorausgesetzt, man hat eine. Unter dieser Voraussetzung war das Thema Rennen nie Thema für mich. In der Summe bin ich einfach (noch) nicht schnell genug. Die Gründe hierfür liegen einzig und allein in meiner Person, vor allem in meiner historisch bedingten Schaltfaulheit und meiner physisch bedingten Weigerung, auf der Geraden zu fahren, was geht.
Als dann aber letzten Freitag in Pannonia während der Fahrerbesprechung das Wort „Ladies Cup“ an meine Ohren und in mein Bewusstsein drang, sah die Sache plötzlich schon ganz anders aus. Mit einem kurzen Blick in die Runde stellte ich schon mal fest, dass wie üblich nur eine Handvoll weibliche Wesen in Lederkombi anwesend sind. Die Gelegenheit war also günstig ... da könnte man ja mal ...

Hinter Instruktor Chris (an dieser Stelle vielen Dank!) gelang mir mit meiner 6er Kawa mit 2.38irgendwas eine für mich recht passable Zeit, die ich am nächsten Tag im freien Fahren auf 2.37irgendwas verbessern konnte. Damit hatte ich unter den Einsteigerfrauen die zweitschnellste Zeit und fünf Sekunden Vorsprung auf die drittschnellste. Die Teilnahme am Rennen war damit Pflicht und beschlossene Sache.

Wenn nicht jetzt, wann dann? Ansonsten war noch eine Tschechin im Feld, die mit 2.11 ohnehin in anderen Sphären fährt und den 1. Platz zweifelsohne mit nach Haus nehmen würde. Aber es gab ja noch zwei andere Plätze auf dem Treppchen und die Luft dort oben würde nur unwesentlich schlechter sein.
Die Teilnehmer des Ladies Cup sollten zusammen (bis auf die Tschechin auf Startplatz 1 faktisch hinter) den Einsteigern starten. Da die zweitschnellste Aufzynderin nachgemeldet hatte, stand sie mit ihrer R6 hinten rechts in der Startaufstellung und ich durfte auf Starplatz 17, also links, den Frauenpulk anführen. Auf der Ideallinie stehend, was ich irrtümlich für einen Vorteil hielt, war mein Plan die Flucht nach vorn. Den zweiten Platz würde ich nur halten können, wenn die Kollegin auf der R6 sich mit Überholmanövern zu lange würde aufhalten müssen und ich in der Zwischenzeit einen kleinen Vorsprung erkämpfen könnte. Aber bekanntlich hat ja jeder seinen eigenen Plan ...

Von meinen beiden Boxenludern Jo (meiner besseren Hälfte) und Heinz, denen ich an dieser Stelle sehr herzlich für ihre Unterstützung danke, erhielt ich für meinen allerersten Start die Anweisung: Kupplung ziehen, 7000 Umdrehungen, Kupplung kommen lassen. Aha! Kaum war die Ampel rot, ging sie auch schon aus und ein wenig verschlief ich den Start. Aus dem Augenwinkel sah ich ganz rechts die R6 vorbeischießen und auch die 1000er Fazer neben mir war schon eine Radlänge vor mir. Und dann musste ich schmerzlich erkennen, dass es nicht gut ist, links außen zu stehen, wenn anschließend eine Rechtskurve kommt. Vor mir staute es sich, die R6 war auf und davon und auch die Fazerfahrerin fuhr mir innen rein. Sch...
„Okay, okay“, sprach das Engelchen zu mir, „Platz vier ist doch auch in Ordnung ... riskier nichts ... vor drei Tagen wolltest Du überhaupt noch kein Rennen fahren ... sei froh, wenn Du nicht Letzte wirst!“ „Blödsinn“, sagte daraufhin das Teufelchen, „vierte ist FUCKING SCHEIßENDRECK! Du musst DRANBLEIBEN!“ Das Teufelchen und ich wurden Freunde. Doch das Dranbleiben erwies sich als schwieriger als gedacht. Denn diese Fazerfahrerin machte etwas, was ich zwischen der zweiten Kurve und der Start-Ziel-Geraden aus Gründen den Ökonomie (ich habe schließlich genug zu tun!) vermied: Sie schaltete. Damit war sie zwar in die Kurve rein langsamer als ich hätte fahren können, aber aus der Kurve raus ... Aber wieso ist die überhaupt so schnell, fragte ich mich reichlich konsterniert. In der Startaufstellung hatte sie doch fünf Sekunden Rückstand auf meine Bestzeit, was fällt der ein, jetzt so Gas zu machen?

... Aber vielleicht würde sie ja einen Fehler machen, vielleicht könnte ich ja Ende Start-Ziel innen rein ...? Nein, das ging nicht, besser gesagt: Ich traute mich dann doch nicht!

Gewinnen ist eben immer auch eine Frage der Entschlossenheit.
In der dritten Runde hatte dann der Einsteiger, der noch vor der Fazer fuhr, einen Fast-Highsider, was erwartungsgemäß seinen Widerstand brach. Mit einigem Unwillen registrierte ich, dass die Fazer ausgerechnet in meiner schwächsten Passage aus der 180°-Rechts auf Kurve Nr. 6 zu, wo ich immer das Gas zu früh zumache, kurzen Prozess mit ihm machte. Aber dranbleiben lautete ja die Devise. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und kassierte ihn in der folgenden Doppelt-Links – außenrum, ja außenrum, außenrum macht so viel Spaß

! Vor der dann folgenden Doppelt-Rechts (Kurve 10 und 11) war ich wieder dran an der Fazer. Dabei erhärtete sich bei mir der Verdacht, dass dies wohl ihre schwächste Stelle war – sie verbrachte einfach zu viel Zeit mit Schalten

. Sollte hier vielleicht eine Chance liegen? Na, ja, es war ja noch Zeit. In der letzten Runde, die ich irrtümlicherweise für die vorletzte hielt, wollte ich einen Versuch wagen. Ich fuhr also die vorherige Rechts etwas weiter außen an und bremste mich innen rein. Es funktionierte! Jetzt nichts wie weg, denn aus der Kurve raus war sie ja stärker als ich. Ich fuhr um mein Leben, denn noch schlimmer, als überholt zu werden, ist es, rücküberholt zu werden. Und ich unterstellte, dass sie für die Start-Ziel genau dieses im Sinn hatte

. Doch dann war mir der Antizynd hold: Völlig überraschend sah ich die Zielflagge. Ich hatte es tatsächlich auf Platz 3 des Ladies Cup geschafft und in der letzten Runde vor lauter Angst vor Ehrverlust auch noch eine 2.29irgendwas hingelegt, also 8 sec gefunden

– jetzt wüsste ich nur noch gerne, wo. Denn wenn ich demnächst auch schalte und wenn ich künftig besser starte und wenn ich ... dann ...
Was lernen wir daraus?
1. Rennen machen schneller – leider auch die Konkurrenz.
2. Rennen sind etwas ganz anderes als Renntrainings – nämlich noch viel geiler.
3. Wer gewinnen will, muss schalten.
4. Manchmal ist es ein Vorteil, eine Frau zu sein.
Warum-nur-ist-es-schon-September-heul-Grüße
Karin
"Das Problem in der Kommunikation ist die Illusion, sie hätte stattgefunden." (George Bernard Shaw)