Teil III
Murphy und Antizünd sind meine besten Kumpel
Nachdem ein fürsorglicher Schwiegervater die diversen von ihrem Inhalt befreiten Getränkegebinde aus dem Headquarter geräumt hat ("das häsch jetz nid chönne aaluege" - fühle mich absolut unschuldig...

), starteten wir mit einem feinen Frühstück in den Tag. Wie man ein Butterbrot mit Camembert und Pflaumenkonfitüre "vorzüglich" nennen kann, bleibt mir jedoch ein Rätsel...
Um neun Uhr war als erstes das viertelstündige Mechaniker & Helfer Fahren anberaumt, wo eben Mechaniker und Helfer mal mit den Renngeräten auf die Piste durften. Franzel sattelte die ZättIcks und der Goodernator in seiner Funktion als 1. Schrauber und Personal Assistant von Raffi die Suzi. Auf der Piste tummelten sich vornehmlich, naja - wie soll ich sagen - im schnellen Vorwärtstreiben von Motorrädern eher unerfahrene Gestalten. Franzel gestand vorderhand ein, dass die ZättIcks eine Sau ist, die sie noch nicht bändigen konnte und liess es folgedessen gemütlich angehen. Für mich heisst gemütlich zwar nicht Kurvenparker und andere Pistenfauna aussenrum auf dem Knie herzubrennen, aber bitte.
In meiner Mission Impossible gegen die Uhr startete ich einen neuerlichen Versuch, die 1:37 gegen etwas im Bereich 1:34 o.ä. zu tauschen. Das Prozedere ist bekannt, raus, rumeiern, Gehänge richten, usw. dann abdrücken - diesmal wollte ich es aber so richtig heftig krachen lassen, probierte in den ersten Runden mehrere Gang-Varianten in meinen beiden Problemkurven (Mari-Ecke und rechts vor Start-Ziel) aus, was wiedermal in lustigen ultrahart-Verbremsern und Begrenzerjaulen resultierte. Nichts brauchbares, aber boah wat waren'wer schnell unterwegs... das MUSSTE einfach reichen, sogar den Antizünd himself habe ich mehrfach frech aussenrum abgeledert. Und was sagte der Master of the Clock? 1:38 irgendwas... ja *ç=)/"*ç%()=&+"!!!!!!!!!!! Egal, das zweite Open-Rennen würde in weniger als einer Stunde gestartet, ich checkte nochmals den Aushang; keine Nr. 141 im Starterfeld, aber ich WILL da mitfahren! Hoch ins Büro, nach kurzer Diskussion hatte ich tatsächlich meinen Startplatz - Reihe 396, hinten rechts, sprich einfach der letzte Depp im Feld; aber egal ICH BIN DABEI! Uhrenvergleich - noch 35 Minuten bis zum Vorstart; jetzt kam Hektik auf; Maschine überprüfen:
- Reifen: gecheckt
- Kette: gecheckt
- allgemeiner Zustand: bestens
- Tankinhalt:
aus den Untiefen des HQs rufts "hab Sprit eingefüllt..." hervor, ok - kurzer Kontrollblick, es schwappte herum, also auch gecheckt.
- Fahrer: anwesend
Noch nen Schluck aus der Mineral-Pulle, Kombi angezogen - Rückenpanzer nicht wieder vergessen - Hirn, dabei. Ich stand neben das Mopped, schloss die Augen, fuhr die ganze Piste in Gedanken nochmal ab, bemerkte, dass ich eigentlich nie wirklich wusste, welchen Gang ich wo drin hatte, aber das war jetzt auch egal. Dann die Durchsage: "Die Pisteneinfahrt ist jetzt fünf Minuten geöffnet." - endlich, los, auf den Bock und weg. Raffi sass noch im Bus, nur keine Hektik; bei gefühlten 30°C muss man ja nicht noch Ewigkeiten in der brütenden Mittagssonne schmachten. Weise Entscheidung, trotzdem wurde ich immer zappeliger und war froh, als General Goodernator DAS ZEICHEN gab. Fachmännisch rissen die umstehenden Helfer Reifenwärmer runter, die beiden Piloten sattelten die Pferde und rollten dem Schlachtfeld der Ehre entgegen. Wie geheissen stellte ich mich ganz hinten an, wurde dann aber doch noch in die letzte Reihe zwischen eine frisierte Mille und irgendwas anderes auf zwei Rädern gelotst. Der Vorstart klappte hervorragend; ich konnte den beiden ohne Wheelie und auf den ersten 100 Meter davonbrausen, liess den Rest der Runde aber wieder gemächlich angehen. So einen Start sollte ich gleich nochmals produzieren, dann klappt das schon.
Die Recken rollten wieder ein, wir standen bereit, die Ampel ging auf rot und endlose Sekunden später auf grün, ich liess das Gas offen, die Kupplung kommen und rollte an - es fühlte sich so gähnend langsam an, dabei kamen mir die Fahrer aus der vorderen Reihe so verdammt schnell näher, schnell einen Schlenker nach links, und schon waren wir an der ersten Kurve - ich konnte nirgends reinstechen, hielt die Mille & Co. aber noch hinter mir. Verzweifelt versuchte ich an den beiden Kilogixxen vor mir vorbei zu kommen, die schlugen mir aber überall die Türe zu, wo es nur ging. Nach der ersten Rennminute sagte mir eine heisere Stimme "Hier gehts nur um die goldene Ananas, wozu das Risiko?" - ein Blick Richtung Schulter liess meine soeben gehegten Ängste wahr werden - der Antizünd in Form dieses ADAC Pumuckls klammerte sich da wieder ans Leder... jetzt reichts - den Trick mit dem Wheelie über die Kuppel konnte ich nicht wieder bringen, das kannte der ja schon, also tat ich das, was ich in solchen Situationen immer tat und ignorierte den Wicht. Natürlich kurvte ich während diesem Intermezzo reichlich sinnlos in der Gegend rum und verlor den Anschluss auf die Gruppe. Jetzt erst recht! So schnell und so gut es geht hinterher, dachte es...
Vier Runden waren gefahren als die Tankanzeige signalisierte, es sei dann bald kein Sprit mehr da... BWAHAHAHAHHAAHAAA! Ich kippte schier vom Mopped, konnte mein Glück kaum fassen! Erst rumschwuchteln, dann Anschluss verlieren und jetzt noch ne kaputte Tankanzeige - ich hatte ja geguckt, Sprit war im Fass drin, also kann die Anzeige doch nur lügen . oder? Ich beschloss auch sie zu ignorieren, das muss einfach gehen! Runde um Runde zog ich meine Bahnen; die Vordermänner erblickte ich nur noch während der Fahrt über die lange Gerade; es dauerte immerhin acht Runden, bis die Leadergruppe an mir vorbeischoss - ich wertete dies schon als kleinen Sieg; letztes Jahr dauerte es gerademal lächerliche sechs Runden. Auch sonst klappte eigentlich alles besser, mein Body war die ganze Zeit dabei, ohne Anzeichen frühzeitigen Aufgebens und die Maschine rannte, wie ich sie liess. Erneut feuerte ich gerade aus der Rechts auf Start-Ziel, als neben mir das unverkennbare Grollen eines V2 hörbar wurde; viel zu schnell kam die unlackierte RSV Kiste ins Blickfeld - "oooh nein, Du bleibst hinten!" - ich drehte den Gashahn soweit es ging, duckte mich soweit wie irgend möglich hinter die Verkleidungsscheibe und versuchte zwischen Millionen zerplatzer Mücken noch nach vorn zu sehen. Die Mühen wurden belohnt und der V2 Treiber entschwand wieder in den Hintergrund. Die gerade passierte Rundenanzeige zeigte eine leuchtend rote 01 - letzte Runde! Just in diesem Moment erklangen seltsamste Geräusche aus den Untiefen des Kawa-Motors "böööörgh, ööööööö" und dann wurde es still... der Wind zog noch bei guten 200 km/h am Helm, das Motorrad rollte aus - geistesgegenwärtig hob ich die Hand und zog auf den "Pannenstreifen" nach der Boxenausfahrt. Ein übler Gedanke formte sich im Gehirne: sollte es möglich sein - war sie im recht? Schnell drehte ich den Tankverschluss auf und warf einen Blick hinein... unendliche Weiten, nur kein Benzin - nicht ein Tropfen!
Mir entfuhren diverse Formen angelsächsischer Koitalverben als ich realisierte, dass ich mich ab sofort zu den "ohne Sprit auf der Strecke stehen bleib Deppen" zählen durfte. Antizünd kringelte sich vor Lachen auf der Schulter, ich widerstand mit Mühe dem Verlangen, ihm eine zu pfeffern - Gewalt ist keine Lösung. Die Pisteneinfahrt war vielleicht 200 Meter weit entfernt. Ich beschloss nicht auf den Schandkarren zu warten und mich stattdessen dem Göttlichen Urteil wie ein Mann zu stellen, drehte das Biest um und schob. Bei den vorherrschenden Temperaturen, im Lederkombi mit Helm unterm Arm doch nicht ganz so einfach, wie ich mir das vorstellte. Das rettende Zelt wollte und wollte nicht näher kommen; die erst fragenden Blicke, dann plötzlich hämisch grinsenden Gesichter wurden dafür immer mehr. Franzel eilte irgendwann zu hilfe und übernahm das Bike, während ich alle möglichen Ventilationsöffnungen aufriss.
Zurück im HQ erfuhr ich, dass Raffi das Rennen bereits nach drei Runden aufgrund einer abgebrochenen Halteschraube an seiner Fussrastenanlage quittierte und somit zusammen mit mir dem Reigen der in Dijon "geDNFten" beitrat..
Fürwahr, Antizünd und Murphy waren an diesem Wochenende unsere besten Kumpel...