Samstag - Qualifying & Race 1:
Um 9.35 Uhr war das erste Zeittraining angesetzt. Es hörte zwar um halb neun auf zu regnen, aber ich hoffte, dass die Strecke nicht abtrocknen würde, so dass wir ein passendes Regen-Setup austüfteln könnten.
Voller Freude fuhr ich hinaus auf die nasse Strecke, nur um festzustellen, dass ich schon nach einer halben Runde fast blind war. Zwischen meinem Pinlock-Innenvisier und dem Visier bildeten sich Tropfen, die dann lustig runterliefen und sich zu einem albernen Konglomerat zusammenrafften, um mir den Durchblick und die Nerven zu rauben.
Eine Farce. Ich konnte zwar, wenn ich einmal im Radius war, sehr schnell durch die Kurven brechen, aber beim Anbremsen und beim Rausbeschleunigen verlor ich viel Zeit, weil ich nur schätzen konnte, wo die Ideallinie war. Zwei mal bin ich auf die weiße Streckenbegrenzung gekommen und wäre fast im Acker gelandet, woraufhin mir mein eidgenössischer Freund Remo bei der Vorbeifahrt den Vogel zeigte. Ich gab hernach auf und fuhr raus um zu weinen.
Als die Tränen getrocknet waren, holte ich mir bei Herrn Rehm eine Fogcity-Folie.
Gelegenheitskuhtreiber Markus Barth war Schnellster mit einer 1:45,6, Pit Preussler auf 2 mit 45,7, der Kitsch mit 47,1, Detlef auf 5 mit 47,1, dann Rob King 47,2, und ich auf 7 mit 47,4. Das ging ja noch. In einem etwaigen Regenrennen würde ich fogfrei mindestens 1:40 fahren, das war klar...
Es klarte auf, und zum zweiten Quali war die Strecke so trocken wie der Arsch eines Pavians (also wie der Arschteil auf dem er immer draufsitzt...).
Wir schmissen hinten einen neuen 65er-Dunlop drauf, änderten nochmal was klitzekleines am Federbein und ich begab mich wieder in die Schlacht. Der Dunlop gripte wie Sau, aber es stürmte immer noch brutal, und die Regenübersetzung war im Trockenen noch zu kurz (ich musste an einigen Stellen nochmal schalten, weil die arme R1 in den Begrenzer drehte), aber das würden wir zum Rennen noch ändern.
Ich tippte wegen des Windes und der zu kurzen Übersetzung auf eine tiefe 33 (vielleicht sollte ich mir doch mal nen Laptimer zulegen...), vermutete aber stark, dass Markus und der Kitsch noch ein Brikett nachgelegt hatten. Dies bestätigte sich dann auch: Barth auf Pole mit 1:32,3, der Kitsch auf 2 mit 32,4, die er, wie sich nachher herausstellte, mit einem losen Stummel gefahren war, der beim Bremsen immer fröhlich nach unten klappte, ich auf 3 mit ner 33,5, dann Pit Preussler auf 4 mit 34,2. Zweite Reihe dann Robert König, Detlef Jansen, Lutz Stadler und Polli.
Ich war zufrieden. Zum 15 min+2 Runden-Rennen um 18.55 Uhr würde ich mir neue Reifen und Bremsbeläge draufziehen, ein Kettenrad mit einem Zahn weniger montieren, und die beiden Grundhässlichen vor mir einfach nach hinten durchreichen. So der Plan.
Wegen ein paar liegengebliebener Seitenwagen wurde unser erster Lauf immer weiter nach hinten geschoben (die 111 musste auch noch aus einer Weißtanne in der Seng geborgen werden, wo er zusammen mit einer Siamkatze und einem Grundschüler aus Albernsleben nach der Windhosengeschichte verharrt hatte), aber kurz vor halb acht wurden wir dann rausgelassen.
Beim Probestart kam ich gut weg und versuchte, die Reifen in der Warm-Up-Lap auf Temperatur zu bringen, nicht dass mich wieder so ein Erstrunden-Hochseiterschicksal wie in Ledenon ereilen würde.
Startaufstellung - ganz rechts stand Markus, daneben der Kitsch, der konzentriert nach vorne schaute, dann ich, der das beobachtete, und links von mir Pit Preussler.
Die Spannung stieg, der nicht gutaussehende junge Mann mit der roten Fahne verließ die Strecke, und die Ampel sprang auf Rot. Ich zog die Bremse, drehte bis 7000, und ließ die Kupplung schleifen. Rechts sah ich den Markus loszucken. Er hielt wieder an, und als das rote Licht ausging, zog er weg wie von einem unsichtbaren Bungeeseil gezogen.
Er kam als Erster in die erste Links, ich direkt dahinter. Am Buchhübel fuhr ich mittig, damit mir keiner der Wahnsinnigen hinter mir reinstechen konnte. An Markussens Hinterrad stach ich die erste Senke Richtung Dorf runter. Ich wusste, dass ich beim Anbremsen der Links immer sehr spät am Anker war und rechnete in keinster Weise damit, dass es an der Stelle irgendjemand (außer vielleicht Nudarz oder Haga) wagen würde, einen Ausbremsversuch zu lancieren. Ich spürte dennoch eine Präsenz zu meiner Linken, welche sich nach und nach in mein Blickfeld schob - schwarz-weißes Leder, weiter unten eine „1“ - es war der Kitsch!!
Er befand sich direkt neben mir, beim schrägen Anbremsen aus ca. 200 km/h. Der Mann war definitiv wahnsinnig. Mir lagen unsägliche Schimpfworte, aber auch die eine oder andere Respektsbekundung auf den Lippen, als ich aufmachte, hinten und vorne in die Eisen stieg, und hoppelnd und über beide Räder rutschend auf die Außencurbs der folgenden Linkskurve zurutschte. Der wahnsinnige Kitsch vollführte genau dasselbe Kunststück ca. 34 cm südöstlich meines Vorderrads. Der Pillemann hielt nicht einmal kurz an, um mich wieder vorbeizulassen oder sich wenigstens nach meinem Gemütszustand zu erkundigen, während Markus schon durch die Schikane durch war. Und als hätte das nicht gereicht, schlüpfte vor der Schikane auch noch Preusslers` Pedro an mir vorbei.
4 Runden brauchte ich, um an Pit vorbeizukommen, der mir auf den Geraden immer zu weit wegfuhr, um ihn beim Anbremsen attackieren zu können.
Der Barth und der Kitsch fuhren natürlich vorne weg, und ich biss mich mehrfach während der wilden Fahrt in meinen sehr knackigen Arsch, weil ich mir sicher war, dass ich mit den beiden hätte mitfahren können.
Nachdem ich mich vor der ersten Schikane an Pit vorbeigedrückt hatte, hatte ich beim Überrunden noch ein paar haarsträubende Situationen, und so war ich dann eigentlich ganz froh, dass ich auf Platz 3 mit einem ungestörten Wheelie durchs Ziel fahren konnte.
Im Parc fermé erfuhren wir dann, dass Markus wegen Frühstarts 20 Sekunden aufgebrummt bekommen, und Harald das Rennen somit gewonnen hatte. Ich erbte den zweiten Platz von ihm und schwor ihm noch auf dem Podest, dass ich ihn beim zweiten Rennen, welches über 30 Minuten gehen würde, aufgrund meiner überlegenen Kondition und Psyche, ganz übel herbrennen würde. Er lächelte süffisant von seinem Podest herab und glaubte wohl noch nicht so recht an meine Worte.....
Seine Ausbremsaktion erklärte er folgendermaßen: „Ich MUSSTE vorbei, der Peter war direkt hinter mir...“
Aha, das musste ich mir merken, hehe................
Am Abend kam ich zu Remo ins Zelt und erblickte noch dessen Landsmann Roman Stamm, den Remo schon lange kennt. Wir tranken 1-3 Schweizer Biers und plauderten den ganzen Abend über Fahrtechniken, Reifen und Fahrwerkseinstellungen. Es war so interessant, dass ich das längst auf mich wartende Abendessen völlig vergaß. Roman ist mit Sicherheit der mit Abstand coolste schweizer Bürger. Es ist wahrlich ein Genuss, seiner fast ohne Worte auskommenden „Sprech“weise zu lauschen. Einmal ging er zu Remo`s Kawa, drückte ein bißchen dort, wackelte ein bisschen da, setzte sich wieder an den Tisch, sagte mindestens 2 Minuten lang gar nix, schüttelte manchmal kurz den Kopf, schaute Remo an, dann seine Freundin Mariann, dann seine Schwester Astrid, dann mich, und irgendwann blickte er mit einem negierenden Hundeblick wieder zu Remo und sagte: „Naiiii Remo, naiiiii...“
Seine Theorien und Fakten waren jedenfalls brutalst weiterführend für mich, und ich nahm mir vor, einen Teil davon gleich am Sonntag im zweiten Rennen auszuprobieren. Der Kitsch würde schon noch sehen was er davon hatte, mich so gemein ausgebremst zu haben...
