Der Rotbandwurm
Jeder kennt den Fuchsbandwurm. Ein übler Geselle, mit dem man lieber keine Bekanntschaft machen möchte – keine Frage. Der Fuchsbandwurm hat aber einen Namensvetter, den Rotbandwurm. Und dieser ist der eigentliche König der Tiere. Vergesst den Löwen, den Tiger, den Grizzlybären und auch den Elefanten. Gegen einen ausgewachsenen Rotbandwurm wirken diese normalerweise beeindruckenden Viecher wie Mücken, denen man den Stachel amputiert hat.
Der Rotbandwurm hat drei Körperteile: Einen Kopf, einen Rumpf und einen Arsch (ja ich weiß, letzteres verschafft ihm mir gegenüber den ersten Vorteil). Bei manchen Exemplaren besteht der Rumpf sogar aus 2-3 Segmenten. Jedes dieser Körperteile wiegt bis zu 200 Kilo und in jedem Körperteil steckt eine unglaubliche Kraft. Komplett ausgewachsene Rotbandwürmer wurden in Labors schon mit umgerechnet weit über 400 Pferdestärken gemessen. Da kann der olle Löwe nach Hause gehen und sich seinen Titel „König der Tiere“ getrost unter die Schuhsohlen nageln.
Seinen Namen hat der Rotbandwurm ganz einfach daher, dass er rot ist und sich durch die Landschaft windet, nur selten sieht man ihn in vollständig gestreckter Fortbewegung – wobei ihm seine gewaltige Kraft auch das mühelos ermöglicht.
Das wichtigste Körperteil des Rotbandwurms ist natürlich der Kopf. Obwohl der Kopf bei den meisten Exemplaren die gleiche Kraft entwickelt wie Rumpfsegmente und Arsch, muss er die Orientierung und die Fortbewegung des ganzen Tieres koordinieren. Interessant dabei ist aber, dass die anderen Körperteile zum Teil sehr eigenwillig sind und nicht immer mit den Entscheidungen des Kopfes konform gehen. Dabei entstehen dann so lustige Situationen, dass ein Rotbandwurm während der für ihn typischen Schlängelbewegung von seinem eigenen Arsch überholt wird. Ein mehr oder weniger (für den Betrachter mehr und für den Rotbandwurm selber weniger) interessantes Naturschauspiel.
Hier ein sehr geschmeidiges und elegantes Jungtier:

Ein alter Rotbandwurmbulle mit Körperkoordinationsschwierigkeiten:

Manche Rotbandwürmer verlieren im Kampf mit natürlichen Feinden auch Körperteile. Im Gegensatz zum Gecko, der seinen Schwanz abwirft, kann ein Rotbandwurm sogar seinen Rumpf verlieren und weiterleben. So kann es passieren, dass einem in freier Wildbahn ein Exemplar begegnet, das nur noch aus Kopf und Arsch besteht:

Es soll sogar vereinzelt Tiere geben, bei denen nach furchtbaren Gemetzeln lediglich der Arsch übriggeblieben ist, und die sich – unglaublich aber wahr – trotzdem unverdrossen und hocheffizient weiter durchs Gehölz schlängeln:

Obwohl der Rotbandwurm ein hochentwickeltes Tier ist, kann er nicht sprechen. Er brüllt nur. Sehr laut, sehr ungeniert und sehr furchterregend. Auf der einen Seite ein unglaublich beeindruckendes und Ehrfurcht gebietendes Schauspiel für den Beobachter, auf der anderen Seite auch tödlich. Durch sein markerschütterndes Brüllen ist der Rotbandwurm für seine natürlichen Feinde (den hochgiftigen Schrebergartenkackfrosch und das extrem gemeine und schwer bewaffnete Gesetzeshütererdmännchen) sehr leicht zu orten und, da der Rotbandwurm trotz seiner großen Kraft nicht über natürliche Waffen verfügt, auch zu erlegen. Von daher ist dieses wunderbare Tier wie viele andere auch vom Aussterben bedroht.
Schade eigentlich.
Gruß,
Grzymark