Prolog
Nach ellenlangen Diskussionen mit diversen Uffzyndern, wo man heuer österliche Runden drehen sollte, legte sich eine Handvoll helvetischer Asphaltkrieger auf Rijeka fest. Aus unserer lustigen Truppe war noch niemand an der kroatischen Adria und der Streckenverlauf sah auch mehr nach 1000er Terrain aus. Nach Cartagena, bei mir nur noch als „Der 2. Gang Kurs“ bekannt, eine willkommene Abwechslung.
Die Formalitäten waren schnell erledigt, so wurden insgesamt vier Piloten, ein dedizierter Mechanix sowie der Welt beste Hospitality-Crew für den Event genannt.
Mittlerweile ist die Belade- und Vorbereitungscheckliste von F so detailliert, dass wir schon zwei Tage vor Abfahrt mit dem Transporterschlüssel vor dem fix fertig beladenen Gespann standen – Ready for departure. Weltrekord im Hause Armitage! Zufrieden lächelnd verbrachte ich die letzten beiden Tage im Stollen und malte mir in Gedanken bereits aus, wie ich sie alle durch den gefrässigen Schlund der ZättIcks aufschnupfen würde…
Unser Reiseplan sah vor, am Mittwochabend nach getaner Arbeit den Bus zu kapern, Richtung italienische Grenze zu fahren und im Laufe des grünen Donnerstags in Rijeka einzutrudeln. Es erwarteten uns ja noch die österlichen Freuden am Gotthard-Tunnel und dergleichen mehr. Die Plackerei in der Fabrik wollte aber nicht um 17.00 Uhr aufhören, die Staus im Radio wurden immer länger und schlussendlich legte ich mein Veto gegen den ursprünglichen Plan ein. Erst Nachtruhe, dann Aufbruch vor dem Morgengrauen, Sancho…
Pünktlich um halb sieben erklomm der VW in der morgendlichen Sonne wacker die letzten Radumdrehungen zum Gotthard-Portal – 100 Meter Stau (vor nicht mal 16 Stunden 10 km) - perfekt! Die aus verschiedensten Erzählungen berühmt berüchtigten und höchst gefürchteten italienischen Zollbeamten zeigten kein Interesse an unserem mit diversen Hinweisen auf Motorsport beschrifteten Bus, und winkten uns in einer Lässigkeit durch, die nur ein italienischer Carabinieri mit Dreitagebart und dunklen Augen haben kann. Zufrieden lächelnd rollten wir durch Berlusconi-Land um kurz vor der milanesischen Ringautobahn abrupt zum Stehen zu kommen. Stau. In 100m-Schritten ging es voran, bis wir unendliche 2 ½ Stunden später, vor Brescia zuckelnd den morgendlichen Commuter-Wahnsinn überstanden hatten; die restlichen paar hundert Kilometer zur slowenischen Grenze waren dagegen Pipifax . Till Lindemann und seine Kapelle sangen derweil wiederholt vom Seeman, der reiset wie es im passt. Ich gestikulierte dazu mit erhobener Faust hinter dem Lenkrad und gröhlte gen der Bahn versperrender Parmalat LKWs „FEUER FREI!“.
Bizarre Vorgänge schrubbten an den Augen des Betrachters als wir Italien verliessen um kurz slowenisches Hoheitsgebiet zu touchieren und in Kroatien einzufallen. Fünfmal die gleiche Prozedur: Pass raushalten, dem gelangweilten Herrn zuschauen, wie er von hinten hurtig durchs rote Büchli blättert und eigentlich mehr mit seinen Saufkumpanen palavern möchte, mich danach so russisch-autoritär wie nur möglich ansieht und nicht ganz so locker und schon gar nicht lässig „Weiter“ winkt. Aber nur zwei Grenzen überschritten…
Nachdem wir den grossen Rest unserer Wochenend-Crew im rijekanischen Paddock gefunden hatten, wurde die Homebase schnell aufgebaut und eingerichtet. Langsam weis man wie’s geht.

Tag 1 – Prepare to Fight
Sonne, kein Wind, Temperatur bei gefühlten 20°C, peeeerfekt! Die morgendliche Fahrzeit wurde zu je 2x30 Minuten auf vier Gruppen eingeteilt. Ambitioniert aber nicht überschätzend habe ich mich für die zweitlangsamste Gruppe gemeldet – kann ja immer noch aufsteigen. Gruppe B war aber gerade richtig um zügig die für mich absolut neue Piste zu lernen. Nach dem ersten Turn war ich ziemlich durcheinander… geschüttelt. WAS FÜR EIN RÜBENACKER!!! Hier gibt es nicht die eine oder andere Bodenwelle; der Belag ist eine nahtlose Aneinanderreihung von Asphaltverwerfungen! Meine Fresse… aber schnell ist die Piste an einigen Ecken schon, und macht trotz dem Geholper irgendwie Spass.
Turn Zwei zeigt, dass es sich eigentlich ganz gut über die Wellen surfen lässt; trotz straffem Fahrwerk und manchmal etwas verkrampfter Haltung pfiff ich mittlerweile ganz passabel über die Geraden runter. Freudig stelle ich fest, dass ich mal wieder den Spätbremsjoker gezogen habe. Wo andere ankern, mache ich erst den Hahn zu. Kawasaki Bremsen sind bombastic!

Beim Mittagessen – prepared by the greatest hospitality crew EWAH! – besprachen wir vier Rijeka-Neulinge unsere bisherigen Erfahrungen, natürlich nicht ohne erste Ansagen zu machen. R, manchen vielleicht noch aus der letzten Ausgabe der „Tales from the Racetrack“ bekannt, würde sowieso innert weniger Stunden nie einholbare Sekunden vor mir sein, also suchte ich mein Feindbild anderswo und wurde im zufrieden lächelnden PööZ vis-à-vis fündig, welcher sehr ähnliche Rundenzeiten fuhr wie ich. Es sollte eine kollegiale Rivalität über das ganze Wochenende bleiben…
Im freien Fahren am Nachmittag beschäftigte ich mich mit allerlei Linienvarianten, aber keine wollte so recht passen, mei und gleich ist noch das Zweistunden-Rennen. Als ich gerade wieder auf die Gegengerade hinauspfefferte erblickte mein altes Adlerauge ein schwarzes GSX-R Heck, gekrönt mit einem roten Aufkleber und der Humanoide am Ruder trug die graue Lederkluft – PööZ! >PLING< Der Ringrichter hat soeben den Gong geläutet, der Kampf war eröffnet. Noch war ich zu weit weg um direkt ein zu greifen, aber das würde schon werden. Er fuhr etwas langsamer durch die Kurven, beschleunigte aber früher als ich. Bald liessen wir die Pferde den kleinen Anstieg auf die Gegengerade hoch galoppieren, PööZ stieg wieder bei der 200m Marke in die Eisen, ich hatte vorsichtshalber bei 300m noch einen Gang nachgelegt und liess optimistisch bis 150 Meter stehen…. mit wild schlingerndem Heck und zugegebenermassen etwas geweiteten Pupillen segelte ich an die dunklen Gixxe heran und innen vorbei! MWHAHAHAHA!! Nach diesem gelungenen Manöver verpennte ich die Beschleunigungsphase für die nachfolgende Kombination und vor allem die Start-Ziel Gerade, blieb aber vorn. Ich dankte dem Herrn, il Bestia bei „Pimp my Kawa“ vorbeigebracht zu haben. Zwei Kurven später flitzte die Gixxe an mir vorbei. Na warte, so einfach geht datt hier aber nitt! Es folgten gute fünf Runden die ich in einem geradezu tranceartigen Zustand fuhr. Das einzige Ziel: PööZ, die schwarze Gixx da vorne thermonuklearisieren! Ich erinnere mich noch, il Bestia in bisher ungekannten Geschwindigkeiten in die Ecken geschmissen zu haben, wild schüttelnd über Bodenwellen hinweggefegt zu sein und immer wieder irgendwelche arme, langsame Menschlinge auf Moppetten links und rechts überholt zu haben. Der Fokus stand aber ausschliesslich auf dem schwarzen Gixxer-Bürzel. Ich focht und würgte, aber der Cheib blieb immer ausser Schlagdistanz. Einige Male war ich nah auf der Bremse, konnte aber nie abschliessen. Erniedrigt zog ich in die Boxengasse – 1:1.
Nach der Niederlage auf dem Feld erfreute es mich zu hören, dass mir die Zeitenbuze eine 1:45.208 als Quali-Zeit fürs Zweistunden Rennen vergönnte. Mein lieber Scholli (den musste ich einfach mal bringen) – 6 Sekunden in 30 Minuten gefunden. Not bad.
Nach der dem heldenhaften Kampf mit PööZ erzählte ich dem Erstgenannten auch gleich, wie es verdammt schwer war, an ihm dran zu bleiben. Zufrieden lächelte er mich an; wir lehnten uns in diesen supergemütlichen Campingsesseln zurück und schauten gemeinsam dem schwarzen Gixxerbürzel mit rotem Aufkleber und grauer Kombi oben drauf zu, wie es gerade in die Links nach Start-Ziel einbog – umm…
to be continued…