.Aber erst mal von vorne angefangen - es geht um einen Tag Einzelinstruktion auf dem Rennplatz durch Horst Graef. Seines Zeichens leitender Instruktor von Speer Racing und auch bekannt als "Prinzessin Horst".
Wie der ein oder andere vielleicht weiß, verbringen meine Frau Tina und ich seit Jahren unsere Freizeit sehr gerne mit Kreisfahren auf allen möglichen Rennplätzen.
Leider sind wir beide nicht wirklich mit Rennfahrertalent gesegnet, so das alles was wir bisher gelernt und "erreicht" haben, eher auf Übung und Arbeit, als auf Rossi ähnlichen Genen basiert.
Auch bei Tina war jetzt seit einiger Zeit der Punkt erreicht, an dem ihre Lernkurve nur noch gaaaaanz langsam stieg, bzw. eher stagnierte.
So war relativ schnell die Erkenntnis gereift - wenn man alleine nicht mehr weiter kommt, braucht man Hilfe von einem der es nicht nicht nur besser kann, sondern auch gut vermittelt und fachlich kompetent ist. Und da ich Wert auf Qualität lege, fiel die Wahl recht schnell auf Speer Racing und unsere Prinzessin Horst.
Hier kam dann der Herr "müsse mir ens maache...." ins Spiel
. Ich denke den Kollegen kennt jeder von euch 
.Müssen wir mal machen... sollten wir mal tun.... müssen wir uns mal drum kümmern...
Der Herr "müssen wir mal machen" wohnt übrigens auch unter meiner Küche. Der ist da vor 11 Jahren mit mir eingezogen und wartet seitdem auf eine Abschlussleiste...
.Damit Tina´s "Herr müssen wir mal…" nicht so alt wird, wie der Typ unter meiner Küche habe ich nach nur 1 1/2 Jahren zögern *räusper*, Kontakt mit Prinzessin Horst aufgenommen.
Schnell war ein Termin im Rahmen eines Speer Trainings gefunden, die Eckdaten geklärt und schon hatte ich ein tolles Geburtstagsgeschenk für mein natürlich nie wirklich alterndes Eheweib (sie liest mit)
.Freitagnachmittag bei bestem Wetter ins Fahrerlager zu Hockenheim angereist, gemütlich ausgepackt und aufgebaut, sowie die bereits anwesenden begrüßt. Bis hierhin alles wie gewohnt.
Dann kam Horst zu uns und sagte: " So Tina. Umziehen, rauf auf den Schräglagentrainer und dann fahren wir zu dem Übungsplatz, wo ich bereits alles für uns aufgebaut habe..."
Ich muss dazu sagen, das Horschtl und ich uns inzwischen ein wenig kennen und ich ihn gebeten habe nicht den Kumpel raus hängen zu lassen. Er sollte das Training bitte genauso streng leiten und durchführen, wie er es bei jedem anderen auch machen würde.
Die Sorge im Vorfeld war allerdings vollkommen unbegründet.
Der kann gar nicht richtig nett zu mir sein, denn sein Satz ging direkt weiter: "... und du Mike bleibst hier. Ich will dich die nächsten zwei Stunden nicht sehen."
Ok, der offizielle Teil hatte begonnen.
Da mich bei dem ganzen Thema auch die Hintergründe und Erfahrungen interessieren, habe ich Herr Horst später am Abend noch ziemlich viel mit Fragen genervt.
Ein Erfahrungspunkt aus seiner langjährigen Instruktorenarbeit ist der, das viele Schüler sich in Anwesenheit des Partners unter Druck gesetzt fühlen. Leider durchaus nachvollziehbar.
Ein wenig spioniert habe ich dann aber doch. Aus rund 200 Metern sicherer Entfernung, versteckt hinter Fahrzeugen und somit geschützt vor Horst´s bösen Blicken
.Frau fuhr Achten und Kreise, immer wieder mal unterbrochen vom Chefinstruktor um direkt Korrekturen an Technik und Fahrverhalten vornehmen zu können.
Auch dies war eine meiner Fragen aus der späteren, abendlichen "Horst mit Fragen Löcherstunde".
Warum überhaupt im Idealfall zu Beginn der Exkursion mit Schräglagentrainer?
Diese Frage hatte sich vor einigen Wochen ja auch schon Ralf Steinert bei seinem Selbsttest und Bericht für die Fastbike gestellt.
Die Antwort ist auch hier relativ simpel, weil sinnig. Mit dem Schräglagenmotorrad auf dem Übungsplatz (das übrigens lustig zu fahren ist
) kann Horst direkt eingreifen und auf aktuell erkannte Probleme und z.B. Haltungsfehler eingehen.Bei einem Turn auf der Strecke ist das frühestens in der Nachbesprechung bei der Videoanalyse möglich. Tina hat mir auch bestätigt, dass es ihr sehr viel gebracht hat, dass ihr die Fehler direkt und ganz frisch, inkl. Problemlösung vor Augen geführt wurden. Die Umsetzung der Korrektur kann dann direkt beim Weiterfahren losgehen.
Außerdem ist der Schrubber quasi unstürzbar, so dass viele Schüler ihre Hemmungen fallen lassen und die Übungen freier durchführen, was sie mit ihrem geliebten, eigenen Moped wegen Kratzergefahr nicht tun würden.
Also... Analyse, vor allem der zu verbessernden Punkte, sowie erste Hilfestellung erledigt - check.
Der Abend klang wie sonst auch im Fahrerlager üblich mit Grillen und gegenseitigem Anlügen aus.
Am nächsten morgen ging es für die Chefin dann mit dem kompletten Tag Vollinstruktion auf dem Rundkurs los.
Ich möchte an der Stelle gar nicht detailliert und Punkt für Punkt darauf eingehen, was Horst ihr alles beigebracht hat. Denn der größte Vorteil bei so einer eintägigen Einzelinstruktion ist die absolute persönliche Individualität.
Schließlich hat kaum einer die gleichen Fehler perfektioniert, wie der nächste. Oder die gleichen, falschen Vorlieben an Fahrtechniken entwickelt wie der andere.
Was mir, aber vor allem Tina extrem positiv aufgefallen war, ist die absolute Professionalität mit der Vorgegangen wird.
Bei vielen mir bekannten Veranstaltern wird das Auswahlverfahren zum Instruktor leider ausschließlich durch persönlichen Kontakt getroffen.
Die Bezeichnung "Instruktor" ist nu mal leider kein geschützter Begriff. Dazu kann sich jeder selbst ernennen.
Frei nach dem Motto: Mein Kumpel fährt schon ne Weile Renntrainings und ist ganz dolle schnell. Kann der nicht auch hier bei dir Instruktor machen, Veranstalter xy...
Selbst wenn jemand ein blitzschneller und ein guter Motorradrennfahrer ist, heisst das noch lange nicht, dass er ein guter Instruktor ist.
Tina hat im Laufe der Jahre schon einige Instruktoren verschlissen und ich habe den einen oder anderen Einblick hinter diverse Kulissen. Das ist leider die Realität.
Bei Speer Racing wird seit vielen Jahren ein Instruktorenleitfaden aufgebaut und weiter entwickelt. Das ganze Projekt wird durch Horst selbst vorangetrieben.
Die Instruktoren werden erst geprüft, geschult und dann erst unter Aufsicht der erfahreneren auf die Menschheit losgelassen.
Diesen riesen Qualitätsunterschied merkt man einfach sehr stark in der Praxis.
Z.B. heisst es oft - wenn es denn schon gut läuft- in der Nachbesprechung: "Du musst deine Blickführung verbessern. Guck da hin wo du hinfahren möchtest."
Soweit stimmt das ja auch.
Bei Tina wurde aber auch z.B. detailliert erkannt, was genau der "kleine" Fehler in ihrer Blickführung war und auch der Grund warum sie diesen "kleinen" selbstangewöhnten Fehler macht. Die Auswirkungen waren sehr groß.
Im Übrigen schon auf dem Schräglagenmoped erkannt
, dort bereits dran gearbeitet und bei dem Turns auf der Strecke immer weiter verbessert.Nur durch die Analyse und die genaue Erklärung konnte Tina ihre Fehler nachvollziehen und daran arbeiten.
Nuja... so ging ihr Tag dann mit viel Spaß und Selbsterkenntnis rum. Nach jedem Turn verschwanden die beiden allein in einer ruhigen Ecke und arbeiteten gemeinsam die Videoanalyse durch.
Für den nächsten Turn wurde dann eine neue Aufgabe mit auf den Weg gegeben. Tina sagte mir dass sie sich schon gefordert, aber nie überfordert gefühlt hat.
Bei ihrer letzten Ausfahrt ist wohl nochmal ein fetter Knoten geplatzt und ich wusste aufgrund ihres Grinsens, das ich jetzt auch einen schönen Abend ohne die typisch weiblichen Diskussionen und Knöttereien haben werde - danke auch mal von mir Horst
.
Abschließend interessierte mich noch, wie die beiden gedenken das das Resultat des Tages bei den nächsten Ausfahrten zu rekonstruieren.
Es ist zwar schön, wenn man am Ende des Instruktionstages vieles richtiger macht, aber schließlich hat man seine Fehler ja über viele Jahre perfektioniert und neigt eher dazu diese dann auch weiter zu führen. Aber auch hier hat Horst eine Lösung parat.
In den nächsten vier Wochen steht bei der Chefin mindestens ein Termin auf einer bereits bekannten Strecke statt. Dann sehen wir in wie weit sie das gelernte erneut umsetzen kann. Auch zeitentechnisch.
Ich habe jetzt wirklich viel positives hier geschrieben.
Zum einen weil ich es als Außenstehender beim hin und wieder spionieren so gesehen habe und zum anderen natürlich - und das ist viel wichtiger - weil Tina es mir so immer noch höchst fett grinsend während der gesamten Rückfahrt erzählt hat.
Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten
. Horst ist wirklich, wirklich nicht hübsch und diesen Anblick müsst ihr den ganzen Tag ertragen
. Das ist auch der Grund warum ich keine Fotos gemacht habe.Ansonsten gab es wohl nichts auszusetzen und ich habe viel und tief hinterfragt.
Nach dem erlebten werde ich in naher Zukunft ebenfalls einen ganztägigen Einzelinstruktionstermin bei Prinzessin Horst, oder Snoopy buchen. Ich muss nur aufpassen, das der Herr" Müssen wir mal machen..." nicht wieder bei mir einzieht
.
Fotos sind von Bernd Schweigert, http://www.speedmotopics.de
) ein sehr schöner Bericht entfleucht, was sagt Tina zum ersten Absatz?
