Wenn jetzt fast alle anderen nen Bericht schreiben kann ich das ja auch mal machen .. also hopp.
Zu Anfang mal kurz ausgeholt:
2009 war ja meine erste Saison als "richtiger" Racer.
Davor bin ich mit knapp 3 Jahren Abstand mal eine Handvoll Renntrainigs auf meiner alten 2000er Vergaser-R6 gefahren.
Mitte 2008 kam dann der Entschluss, daß Straße fahren völlig blödsinning ist und so wurde kurzerhand bei Horch Zweiräder eine nagelneue 2008er R6 angeschafft.
Die Saison 2009 lief eher durchwachsen da sie mit einem heftigen Sturz in Anneau begann der mich bis zum letzten Lauf am Lausitzring beschäftigt hat.
Trotzdem holte ich 2009 überraschenderweise doch 6 Meisterschaftspunkte und war letzenendes ganz zufrieden.

Aber 2010 muss ja alles besser, schneller und sowieso ganz toll werden.
Also war ich mit Micha (Kobajashi) über Ostern in Barcelona um heimlich zu üben.
Dank neuer PSI - Lederkombi von Beastiebikes und dem Entschluss 2010 auf Metzeler Racetec Interact zu fahren lief das erstaunlich gut für meine Verhältnisse. Die Kombi fühlte sich saugut an und ich hatte schnell großes Vertrauen in die Reifen.
Die Moto2 -Fahrer haben uns zwar fürchterlich hergebrannt aber da sieht man mal was so geht wenn mans kann.
Die R6 und ich waren also perfekt vorbereitet auf das erste Rennen am Nürburgring.
Leider kommt dann doch immer was blödes dazwischen.
Mein VW T4-Renntransporter gab 2 Wochen vorher den Geist auf - Motorschaden - und auf die Schnelle kein Ersatz in Sicht - eine Katastrophe!
Vom finanziellen her ganz zu schweigen.
Aber mein Racerkumpel und Klasse 4-Mitstreiter Marc hatte sich bereiterklärt mich mitzunehmen und mir und meinem Mädel sogar ein warmes Bett in seinem Wohnwagen zu kredenzen - danke nochmal dafür !!
Samstag Anreise und Wiedersehen:
Also - Samstag Mittag kreutzte Marc dann mit seinem raketen-T4 samt Wohnwagen (fast) pünktlich bei mir auf.
Schnell alles einladen und ... schnell mal den Kopf angehauen...und zwar granatenmäßig !
Beinahe eine Platzwunde, aber nochmal Glück gehabt. Hat aber weh getan wie sau.
Ich war ziemlich verunsichert ob ich Sonntags auch den Helm auf den Kopf bekomme bei dem Einhorn das sich da gebildet hatte.
Auf der Fahrt in Karlsruhe noch bei Mirko (Hans Baerbel) zugestiegen, viel gequatscht und eine entspannte Reise gehabt.
Bei der Ankunft im Fahrerlager dann das Übliche: Platz suchen, vor Freude im Kreis springen weil endlich wieder Hackfressenalarm und den Überblick in der allgemeinen Hektik behalten.
Schnell zur Anmeldung und TK damit der Grill angeworfen werden kann - denn der Magen knurrte schon.
Und wer den Seriensport kennt der weiß: Grillen ist das Wichtigste überhaupt !!!
Nach langer Warterei vor der technischen Abnahme gabs erstmal ziemlich sinnloses Rumgestresse wegen der Platzierung der Startnummer auf meinem Heck.
Eine längere Diskussion später durfte ich dann aber durch, stehe aber jetzt wohl auf der "Bad-Boy" -Liste *rofl*..egal... Hunger !
Mehrere Biere und Steaks später war die Stimmung richtig locker, Dinner gab in voller Montur den Pausenclown - Knieschleifen in Perfektion auf nem Kickroller - und Oli Exner brachte uns mit seinem geilen Offenbacherisch und einigen heiteren Storys mächtig zum Lachen.
Trotzem waberte da etwas durch die Luft ...auch ich spürte es ...man konnte es förmlich riechen...
Alle waren trotz Spässchen und Wiedersehensfreude angespannt, das erste Rennen der Saison warf seine Schatten voraus.
Apropos Schatten - Schattig wars dann auch irgendwann und kalt - also ab in die Heia.
Sonntag Morgen - Renntag:
Erstmal entspannt bis 8:00 Uhr geratzt.
Marc war schon lange wach und noch immer in heller Aufregeung da er seine Lizenz vergessen hatte und jetzt schnell irgendwie zusehen musste doch noch am Rennen teilnehmen zu können.
Allerfeinstes Wetter erwartete uns, die Sonne knallte schon vom blauen Himmel und der grässliche Anblick der verschlafenen und zerknautschten Hackfressen versetzte mich sofort in grandiose Stimmung.
Das Leben hatte mich wieder !
Ich war guter Dinge und hatte ein gutes Gefühl obwohl ich zum ersten mal auf dem Nürburgring kreiseln würde.
Aber erstmal raus zur ersten Dauerprüfung.
Aha - hier gehts also lang ...ohje.. hier das Gas echt voll stehenlassen ? Wahnsinn! ...ups rechts bergab..hilfe !! Oh Gott ...ahhhhh Schikane...verdammt.
Geile Strecke aber ganz schön anspruchsvoll.
Ich bin die vollen 40 Minuten gefahren um möglichst viel probieren zu können und die Strecke in den Kopf zu bekommen.
Leider gab es gleich zu Beginn schon viele Stürze, vor allem bei den mit uns gestarteten Klasse 5 - Racern.
Cool bleiben , Banane mampfen und raus zur zweiten Dauerprüfung.
Aha geht schon besser, doch ganz okay, denk ich mir und versuche noch ein paar Runden vor Schluss richtig Druck zu machen um den richtigen Speed fürs Rennen zu bekommen. Jetzt machte sich das Trainig in Barcelona bezahlt, ich fühlte mich sehr gut und war hochmotiviert fürs Rennen.
35 Runden hab ich runtergerissen - das musste als Training fürs Rennen genügen
Bernd Dietrich hat mir dann noch in Lichtgeschwindigkeit neue Metzeler-Pellen auf die Felgen gezogen - Super Service

Das Rennen:
30 Minuten vorher immer das gleiche Szenario - ich bin rastlos , aufgeregt und doch die Ruhe selbst, werde still und renne noch zwanzig mal um die R6 herum. Wirklich alle Schrauben fest ? Wirklich genug getankt ? Reifenwärmer heiß genug? Luftdruck zum 100.sten mal kontrolliert...etc.
Julia massiert mir noch einmal den Kopf - eine entspannende Wohltat um etwas runterzukommen.
Aufruf zum Start, ein letzter Kuss, Helm auf ...
Stufe 1: Puls steigt, Der Körper fährt die Adrenalinproduktion hoch, alle Sinne gehen in Lauerstellung.
Warmup-Lap und Startaufstellung.
Ich stehe innen auf Startplatz 20, noch ein letztes mal scannt man die Gegner um sich herum ab, 44 an der Zahl - 19 vor und 24 hinter mir.
Links neben mir entedecke ich eine ziemlich alte Honda, gut, die sollte allein mit Motorpower zu kassieren sein...aber der Rest !?
Konzentration...
Der Mann mit der Roten Flagge verlässt die Zielgrade.
Stufe 2: Der Puls rast, der Mund ist trocken, der ganze Körper steht unter Hochspannung, das Adrenalin kocht.
Startlampe auf Rot, alle Motoren kreischen, ein infernalischer Lärm um mich herum.
Startlampe aus - START !
Stufe 3: Alles weltliche wird unwichtig, kein noch so kleiner Gedanke mehr im Kopf, GAAAAAAS !
Hmmmmm.........Kacke....

Start war jetzt dann doch nich soooo dolle.
Ich bin zwar gut weggekommen, musste in der ersten Rechts aber ganz nach innen in den Kuddelmuddel und viele konnten sich aussenherum vorbeiquetschen.
Egal, alle sind sitzengeblieben, also gleich volles Rohr in die Links und dranbleiben, bloß nicht gleich am Start abreissen lassen.
Ha! Schon den ersten kassiert...noch einen .. und der nächste auf der Bremse..yeah geht doch !
Ich kann dranbleiben !! Unfassbar !! Ich kann dranbleiben !!!
Letztes Jahr klappte das nie, jetzt irgendwie schon.

Also weiterjagen, fast jede Runde kann ich einen Vordermann zum Hintermann machen und habe immer noch Sichtkontakt zur Spitzengruppe.
Plötzlich eine Kiesfontäne vor mir... Mist das war Chris (Kampfschlumpf), "hoffentlich ist ihm nichts passiert", denke ich noch so vor mich hin während ich mit Vollgas in die Senke auf den Rechtsknick zudonnere.
SCHEISSE !!!!..... Einlenkpunkt verpennt...Ohhh neinenineineineineiiiiiiinnnnnnnn das reicht nicht mehr..ohh neiiiiiiiiiiiiiinn !




ca. 200 km/h...
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Stille in meinem Kopf ....
"jetzt ist es rum" denke ich noch .... "Und oben am Zaun steht auch noch meine Freundin und muss sich jetzt ansehen wie ich mich samt Mopped in die Erdumlaufbahn schiesse...was ein Mist"
Kein Asphalt mehr unter den Rädern...Wiese...es holpert ziemlich.
Ok noch sitze ich ja also coooooooooooooooooool bleiben !
Zugegeben - die Kombi ist voll bis zum Rand...der Kackstift bohrt sich schon ein Loch nach draussen.
Irgendwie schaffe ich es aber mit einem Affenzahn voll durchs Grüne zu pflügen und nicht hinzufallen.
Gaaaaanz zaaaart nach rechts rüber Richtung Asphalt ... jaaaa noch ein Stück ...und .. Geschafft !!!!
Kurz vor der Schikane hat das schwarze Band mich wieder und ich stürze mich weiter ins Getümmel.
Puhhhhhhh, einmal Schlucken und weiter als wär nichts gewesen.
Einige Runden später plötzlich zwei ziemlich langsame Moppeds vor mir (langsam ist jetzt mal echt relativ!) .. was ist das ?
Volles Rohr auf der Bremse vorbei und weiter - dann noch einer...zack wieder vorbei.
Ahhh jetzt raff ichs - das sind Überrundete !
Echt jetzt ? Krasser Scheiss ! Tatsächlich !
Aber alle mit sauberer und gut berechenbarer Linie unterwegs, also kein Problem.
So langsam lässt die Kondition etwas nach und ich beginne zu beissen, kann aber den Kontakt nach vorne nicht mehr wirklich halten und versuche jetzt einfach nur das Rennen sturzfrei zu beenden.
Endlich die Zielflagge....durchatmen...Glücksgefühle genießen und den Streckenposten zuwinken.
Da kommt man sich dann doch vor wie ein kleiner Held ...schönes Gefühl.
Rein in den Parc Fermé, Freundin umarmen und langsam das Adrenalin abbauen mit einem kalten Bier.
Resultat: 1 Meisterschaftspunkt, (bei Streichung des C-Lizenzlers) Platz 15 und ein ziemlich zufriedener Decembersoul

Unterm Strich ein für mich hervorragender Saisonstart.
Ich konnte mich fahrerisch deutlich verbessern, endlich mal mehrere Runden an den Top Ten dranbleiben und bin mit meinen Zeiten fürs erste ganz zufrieden.
So kanns weitergehen


Gute Besserung an alle Gestürzten !!!