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Altes Geraffel

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Altes Geraffel

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Beitrag von Lorcher »

„Ihrem Meister dient sie, den Knecht tritt sie in den Staub“.
So ähnlich hat sich Klacks mal geäußert.

Das ist schon lange her und es ging – selbstverständlich - um Motorräder und einen Grundgedanken, der immer noch aktuell ist, wenn auch mit anderen Vorzeichen. Damals war es schwer, eine starke Maschine zu beherrschen. Die Fahrwerke und die Bremsen waren von der Motorleistung hoffnungslos abgehängt worden. Heute sind auf den Straßen 180 PS starke Rennmotorräder unterwegs, die fast schon überirdisch gut funktionieren.

Ich hatte mein Aha-Erlebnis 1994 oder 95 am Bremer Kreuz, als ich auf einer Vorführer-Fireblade die langgezogene Auffahrt Richtung Osnabrück mit gut 200 Km/h in heldenhafter Schräglage runterbretterte und das Motorrad wie auf Schienen lief. Dabei gab es keine Sekunde, in der das Fahrwerk nicht zurückmeldete, daß es immer noch völlig unterfordert war. Ein tolles Gefühl, wenn du vorher an der gleichen Stelle auf deiner XS 400 schon mit 150 Km/h allen Mut und nach jeder Querfuge zwanzig Meter gebraucht hast, die Karre wieder in den Griff zu bekommen. Oder die Kurven, in denen die alte 450er Honda bei nur mäßig sportlicher Schräglage laut und bis in die Lenkerenden spürbar mit den Auslegern der Fußrasten weiße Schrammen in den Asphalt kratzte. Bei gleicher Geschwindigkeit signalisierte mir die Fireblade, ohne sich groß um Diskretion zu bemühen, bestenfalls Langeweile. Und schlimmstenfalls Mitleid. Also habe ich nochmal alles gegeben, eine persönliche Bestzeit nach der nächsten aufgestellt und es ist mir trotzdem nie gelungen, sie in Bedrängnis zu bringen.


Das soll natürlich nicht heißen, daß es nicht eine Menge großartiger Jungs gäbe, die es schaffen, einen aktuellen Supersportler am Limit zu fahren und mit allem Recht der Welt darüber diskutieren, ob die Zugstufe am Federbein sieben oder acht Klicks zugedreht werden muß, damit das Hinterrad beim Rausbeschleunigen ein bißchen weniger pumpt. Sie holen sich ihren Kick, indem sie im Kurvenscheitel mit dem Ellenbogen über die Curbs rattern, am Kurvenausgang lange schwarze Striche malen und dabei das Vorderrad konstante zehn Zentimeter über der Straße halten. Respekt. Obwohl eine solche Fahrweise wahrscheinlich vollkommen bescheuert ist - die sind auf dem richtigen Motorrad unterwegs.
Mir persönlich wird bei so etwas Angst und Bange. Und ich bin offensichtlich nicht der einzige.

Im Sommer erlebe ich es fast täglich, daß Fahrer mit modernem Sportgerät die Kurven zuparken. Wenn ich meinen fiesen Tag habe, gönne ich mir den Spaß und ziehe mit meinem alten Geraffel innen vorbei. Auf der folgenden Geraden teilen sich die Überholten dann in zwei Gruppen. Die einen geben jetzt richtig Gas und zeigen dem dreisten Sack, was ne Harke ist.. Die nächste Kurve durchfahren sie dann mit zwei Grad mehr Schräglage und zusammengekniffenen Arschbacken. Wenn sie Pech haben, ist die Gerade aber nicht lang genug. Die anderen bleiben zurück und halten konzentriert Ausschau nach dem nächsten Parkplatz.


Natürlich könnte ich nach solchen Erlebnissen testosterongeflutet zum nächsten Stammtisch fahren und von meinen Heldentaten berichten. Und es wäre nicht besonders ehrlich und würde nach dem eben Geschriebenen wohl auch kaum glaubhaft klingen, wenn ich bestreiten würde, so etwas jemals getan zu haben. Trotzdem schwingt inzwischen auch immer etwas altersbedingtes Mitgefühl mit, wenn ich mich frage, warum Menschen sich auf Maschinen setzen, die von ihnen etwas verlangen, was sie garnicht geben können oder wollen. OK, diese Motorräder liegen perfekt, haben perfekte Bremsen, verfügen über unglaublich starke Motoren, sehen schon im Stand wahnsinnig schnell aus und sind Testsieger. Image? Na klar, Image ist schon wichtig.

Aber ist es auch das richtige? Und was ist ein geborgtes wert? Was nützt es, die Rennstrecke zu besitzen, wenn du dort nie auftauchst und wenn doch, dann keine Sonne siehst und, vor allem, keine Sekunde wirklich Spaß hast? Ist es befriedigend, einen mattschwarzen Chopper zu kaufen, offene Tüten dranzuschrauben, das Halstuch über die Nase zu ziehen und alte Leute zu erschrecken, obwohl du doch eigentlich ein ganz netter Kerl bist? Vielleicht, ab und zu mal.


Aber wie befriedigend ist es, ein Motorrad zu fahren, vor dem du Angst hast? Das dich ständig herausfordert und nie gewinnen läßt? Und wie schön wäre es zur Abwechslung mal anders herum? Wie wärs mit einer Maschine, die du fordern kannst, deren Grenzen du nicht nur aus Zeitungsberichten kennst, auf der du bequem sitzt? Die alles kann, was du brauchst. Die du aber, wenn du möchtest, rannehmen kannst, bis sie nicht mehr weiterweiß?

Wenn auf einmal nicht mehr du der Knecht bist?

Eine Menge Fragezeichen. Und keine Antwort.

-----------------------------

Find die Geschichte genial, ist von einem sehr guten Bekannten ;-)

Grüße
Klaus - altes Geraffel :-)
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Beitrag von Wildsau »

Da is viel Wahres drann.
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Beitrag von Decembersoul »

Ich hab so ein Motorrad - KTM 950 Supermoto .. :D :D :D

Fahrrad mit 100PS .. leicht - handlich-schnell - und sie ist dein narrensicherer Freund...stresst und überfordert Dich nicht.

Jeder der sie gefahren ist konnte das Grinsen nicht mehr abstellen 8)


...und Supersportler spalten ist damit der reinste Spass :P
Verletzungspause :(
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Re: Altes Geraffel

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Beitrag von @LEX HILL »

Sehr schöne Geschichte.....
Aber eigentlich bin ich froh das meine Mille mehr kann als ich mich je trauen werde. Dadurch hat sie mir schon oft den Arsch geretten wenn ich es (nach meinem lächerlichen Empfinden) mal wieder masslos übertrieben habe.
Auch wenn es für sie nur eine kurze Abwechslung zwischen der Langweile hin zur Belustigung ist....! Ach ich darf auch mal ein bisschen was machen...?"
:D
Lorcher hat geschrieben:„Ihrem Meister dient sie, den Knecht tritt sie in den Staub“.
Meine ist einfach nur froh wenn ich sie nicht in den Staub werfe.....
:D


Lorcher hat geschrieben: Find die Geschichte genial, ist von einem sehr guten Bekannten ;-)
Bekannten?
Du hast keine Bekannten. :D
Wer Dich kennt weis, es klingt wie aus Deinem Leben, vieleicht mit etwas zu wenig Duc Saft im Coctail.
:twisted:


Lorcher hat geschrieben: Wenn ich meinen fiesen Tag habe, gönne ich mir den Spaß und ziehe mit meinem alten Geraffel innen vorbei.
Da Dich hier ja kaum jemand abseits von Track kennt folgt jetzt eine kleine Nachhilfestunde:

Wenn Du (wer auch immer) im Wispertal unterwegs bist, sich ein Donnergrollen wie vom jüngsten Gericht schnell von hinten nähert und Du diesen Anblick im Rückspiegel hast....

[img]http://www.brotspinne.de/bilder/kn_abrissbirne_2005.jpg[/img]

.... stehst Du kurz davor die demütigenste Herbrennung in Deinen Motorradleben zu bekommen......
:twisted:

Mille - Greetings

@L€X
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Beitrag von Lorcher »

Moin Alex,
die Geschichte ist von der "alten Felge" Ulf Penner :-)

Nachzulesen inner MO ;-) Oder bald auf seiner Tuning-Fibel-Seite ;-)

... oder evtl. in Gaskrank Teil 2 oder sonstwo ... :wink:

Grüße
Klaus
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Beitrag von Classic »

Wie geil :D sowas denke ich mir auch immer wenn ich auf der LS unterwegs bin mit meinem alten Geraffel (/6 BMW, Guzzi 750s oder Norton Commando, alle zwischen 60-80PS..). O-ton von nem Engländer der bei ner von mir geführten Tour durch die Alpen mitgefahren ist, als er zum ersten Mal meine BMW gesehen hatte: "What a heap of shit..".

Letztens habe ich einen seiner Kumpels wiedergetroffen..der spricht heute noch von der Tour 8) (nach 8 Jahren!).

Heap of shit & anderes altes Geraffel:

Bild

Im übrigen gilt: Alte Scheunen brennen gut!
Speed is our Business!
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Beitrag von edefauler »

Hallo,


schön zu lesen und die Antwort ist doch da wo sie auch im Leben ausserhalb der Motorrad Welt liegt.

Es geht in diesem Leben nur um das höher schneller weiter! Die Firmen machen uns es vor und die Werbung suggeriert uns den rest, einige wenige oder auch eine ganze Menge Menschen lassen sichd avon aber nicht beirren und wissen was sie brauchen und was ihnen gut tut.
leider gibt es das kaum noch zu kaufen und die Wahld er richtigen makre steigert schond as ansehen und die keine Ahnung haben stürzen sich auf kennzahlen und bewundern diese um dann das ansehen der Beweger dieser Gerät ihren respekt zu zollen.
Das ist das gute gefühl welches sie immer wieder auf die Maschine steigen lässt die viel zu viel für ihn kann udn niemals das ausspielen kann was sie kann.
Ich hab beobachten können, das die Leute schon mit den Aktuellen Bremsanlagen überfordert sidn und dann zu recht nach ABS rufen, denn es erleichtert ihnen den Umgang mit diesen Hgh-Tec Matrial welches sie eigentlich ga rnicht benötigen aber einfach dran war und mitbezahlt wurde.

Daher mag ich meinen guten alten Einzylinder.


Gruss

Norbert
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Beitrag von Wildsau »

Die Suzuki Bandits, die CBFs von Honda und die GS-Serie von BMW sind nicht um sonst die meist verkauften Motorräder Deutschlands.
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