Meine Nennung war abgegeben, das Nenngeld überwiesen, meine kleine Yamsel war für die älteste Naturrennstrecke Deutschlands vorbereitet. Es könnte also morgen losgehen dachte ich, ging es auch. Nur ist es sinnvoll mit einer 450er mit etwa 53 PS am Rad gegen eine Armada von KTM /Honda/Husaberg und Husqvarna mit beinahe dem doppelten Hubraum noch dazu auf einer Strecke mit dem mit Abstand längsten Vollgasanteil anzutreten?? Wird meine geliebte Yamsel mit ca. 70 Betriebsstunden ohne nennenswerten Service das aushalten?
Und was hat eine Fahrt auf der Rundstrecke mit Supermoto auf Kartbahnen und feinem Offroadanteil gemeinsam?
Ganz klar die Geschwindigkeit.
Bei beiden Disziplinen versucht man so schnell als möglich diesen Kurs zu umrunden. Klar.
Auf einer Runstrecke ist man aber so ca. doppelt so schnell unterwegs…….kann man da denn als „alter“ Supermotofahrer einfach so bei einem Rennen auf einer Strecke ohne Offroad mit ca. der doppelten Geschwindigkeit den alten Rundstreckenspezialisten Paroli bieten??
Alle diese Fragen werden sich spätestens am Sonntag Mittag geklärt haben, dachte ich mir und so fuhr ich mit einem etwas mulmigen Gefühl in der Magengegend mit dem XR 650 Fahrer Christian #69 gen Schleiz um dort ein paar andere Monobikefahrer zu spalten oder zumindest erste Erfahrungen im Bereich Rundstrecke zu sammeln.
Die Hinfahrt verlief unproblematisch, ich beruhigte meinen Magen mit leckerem Bier, bis auf einen Stau bei Jena, den wir aber dank einem Orientierungssinn einer Brieftaube, einer Karte und einem schimpfenden Navigationsgerät spielend umfuhren.
Im Fahrerlager angekommen sah ich als erstes den Anderl, den Veranstalter der IGM Seitenwagen Serie bei dem ich mich als der Kammersänger zu erkennen gab, der doch gern mal als Schmiermaxe mitfahren wollte. Mit einem süffisanten Grinsen stellte mich dann der Anderl meinem morgigen Fahrer Horst Kowalski vor, der wenn er mich ansah, genauso grinste und so mich sehr an Alfred Tetzlaf erinnerte. Im Grunde war diese erste Begegnung echt nett, wenn nur nicht dieses schrecklich schallende Gelächter gewesen wäre, als ich dem Motor so um 150 PS unterstellt hatte. Nun blickte ich etwas verängstigt zu Boden und die riesigen Carbonflächen da an dem Gespann machten mich nicht gerade Mutiger ….. und nachdem wir die Zeitpläne verglichen hatten, verabredeten wir für den nächsten Morgen um alles genauer zu besprechen, nach meinem ersten Training bei Hitachi Powertools Monobike Cup ….Karamba Karacho, da hatte ich mir was eingebrockt. Mein erster Gedanke war: Im ersten Training zum Monobike Cup verreckt der Motor, dann würde ich in das Gespann steigen bzw. herausfliegen und mich beim Petrus am Himmelstor vorstellen……..das wäre es dann gewesen. Tolle Wurst.
Ach quatsch, was soll denn einem mit so einem robusten und wunderschönen Körperbau gesegnetem Typen wie mir passieren, außerdem verfüge ich ja über eine Handkraft, die es vermag Wasser aus einem Schüppenstiel zu pressen, also solange ich die Haltegriffe im Gespann nicht abreissen würde, wäre doch alles in Butter [Zwinkern] ……..
Im Hitchachi Monobike Cup Fahrerlager angekommen traf man die üblichen Verdächtigen der ehemaligen Duke Battle, DJ matthes, den jockey, der just noch einen Motor bis 3 uhr morgens einbaute, weil bei dem anderen letzte woche der Kolben entzwei brach und er mir daraufhin das selbe Schicksal mit meiner yamsel prognostizierte ,den Opa, den Krümel, Mr.Gleitschirm und den Tom, der auch gleich die technische Abnahme der Moppeds machte.
Ja und wo man so beisammen war, tauschte man noch gleich übliche Nettigkeiten aus, dass man geträumt hätte sämtliche Mitfahrer außenherum zu vernaschen……..beiläufig wurde noch erwähnt, dass manche auch schon eine Woche zuvor hier waren um zu trainieren………daraufhin griff ich wieder zur Flasche [Zwinkern] ………...
teil 2..........
… und auf einmal hatte Christian einen neuen Freund, den Ulf B. aus Mönchengladbach einen 48jährigen Rheinländer, angereist mit einem genauso alten mattschwarzen Ford Transit und einer 600er Kawasaki, hatte sich wohl verirrt der Kerl. Weil er aber sehr lustig war und sein Gesicht und Kiefer bei seinem Gelächter wie eine brasilianische Schnappschildkröte aussah, durfte er bleiben. Und schon bald ging Christian zu Feldbett.
Der DJ Mattes und ich gaben dem Jockey noch wertvolle Tipps, wie man einen Motor einbaut, die er aus Trotz nicht befolgte, wie sich am nächsten Morgen herausstellen sollte.
Aufgrund der langsamen Arbeitsweise des Jockeys machte sich meine akute Müdigkeit bemerkbar, ich wünschte den beiden noch jede Menge Spaß und ging auch zu Feldbett.
Aufgrund der vier linken Hände mit nur Daumen dran schraubten die beiden noch bis 3 Uhr morgens.
Ich versuchte derweil irgendwie abzuschalten und zu schlafen, ging aber nicht wirklich gut, denn das erste Training sollte schon um 9 Uhr morgens sein………und dann war da auch noch das schon wartende Gespann……..
Pünktlich um 6.30 wurde ich von Christian oder Ulf geweckt …….SUUUUUUPER.
Um 8.30 kam dann der erste Aufruf zum ersten Training des HitaKi pöwertüüls Mönöbeike Cap …….um 8.45 der Zweite und ich schlüpfte in meine Lederkombination, ließ das Yamselinchen warmlaufen, montierte noch flugs die Kamera und begab mich in den Vorstart.
Das Wetter war bestens nur sehr windig, egal.
Irgendwann ging die Ampel der Boxengasse auf Grün und es ging los.
Aber halt: …….Sind wir schon im Rennen??
Was geht denn hier ab?? Freunde, das ist das erste Mal für mich auf einer Rundstrecke, macht mal langsam, bin schon bei Vollgas um den Anschluss nicht zu verlieren, die Reifen sind kalt……….verdammte Tat…….hier wird scharf geschossen.
Langsam gewöhnte mich an die Geschwindigkeiten, setzte meine Bremspunkte pauschal 34 Meter später als mein Vordermann um den Anschluss nicht zu verlieren und bekam langsam einen Rhythmus.
In der dritten Runde ging es wiedermal in den Streckenteil Seng hinab diesmal mit VOLLGAS und ich konnte mir einen spontanen Aufschrei wie in einer Achterbahn nicht verkneifen. Nein, nicht wie in einer Achterbahn, das hier IST eine Achterbahn, ganze 44m Höhenunterschied vom niedrigsten zum höchsten Streckenteil auf 3,805 km länge.GEIL.
Leider ging das Training viel viel zu schnell zu Ende und diese blöde schwarz-weiß karierte Flagge kam……nur allzu oft habe ich mir die Flagge herbei gewünscht, diesmal nicht, nicht nach all diesen genialen Eindrücken.
Ich fuhr also ganz gemächlich von der Strecke ins Fahrerlager, um meiner Yamsel einwenig Abkühlung zu verschaffen, stellte sie ab und musste mich erstmal setzen. Genial diese Strecke.
Natürlich hab ich sofort jedem alles erzählt, bis Christian auf mich zu kam und mich fragte ob ich den nicht zum Seitenwagen……. UPS….
Also schnell zum Rennbüro und zum Horst zur Helm und Lederkombi Anprobe, rief meine Eltern an, dass sie mich evtl.ausm Krankenhaus oder sonst wo abholen müssen, beiläufig erzählte er mir noch wie ich mich hin und her zu bewegen habe und das er mich nicht sehen kann und auch nicht nach hinten guckt …..ich solle halt auf die Verkleidung schlagen wenn mir was nicht passt oder er würde mich dann in der nächsten Runde aufsammeln.
BRAVO!!
Schon saß ich im Beiwagen und wir fuhren zum Vorstart.
Ampel auf Grün und schon ging es los….. : „Verdammte Scheiße mit der Scheiße, auf was hast du dich da eingelassen, der Horst beschleunigt gemächlich bei 7000 u/min und schleifst schon mit einem Fuß über den Asphalt………HALT DICH FEST!! DU KNALLIDIOT!!“, dies schoss mir spontan durch den Kopf.
Mehr als zaghaft lehnte ich mich nun nach links und so bleibste auch bis zur nächsten links am Buchhübel, dachte ich mir und so geschah es auch. Das wirklich Dumme in diesem Fall ist leider, dass das Schleizer Dreieck nicht nur aus Linkskurven besteht……..nach dem Buchhübel geht’s nämlich in eine rechts und ich legte mich quasi auf den Motor hinter dem Horst.
Rechtsherum ging es auch bedeutend besser, weil man sich so wie quasi um einen dicken Baumstamm klammert und man dadurch einfach ein viel sichereres Gefühl hat. Das Bergabgeschlängel habe ich dann mangels Flexibiltät und der gefahrenen geschwindigkeit eigenverantwortlich vermittelt. [Zwinkern] Nun gings zügig den Berg hinab und ich machte mich bereit für die anschließende links…….nun schoß mir durch den Kopf wie ich mich jetzt wohl verhalten soll……..es müßte nämlich langsam gebremst werden, nein jetzt und auf der stelle.
Scheiße wir waren viel zu schnell, ich verkrampfte total. Und BUMM schlug ich auch auch schon mit dem Brustkorb gegen die Verkleidungsoberseite und sah mir den Asphalt mal von ganz nah an. Mir bleib erstmal die Luft weg. Aus diesem Grund wurde auch die folgende rechts/links schikane von mir „vermittelt“.
Nun ging es zwar etwas „gemütlicher“ aus kurventechnischer Sicht den Berg hinab jedoch die gefahrene Drehzahl ging um einiges höher, was mich wieder dran erinnerte, dass man auch hinten rausfallen kann.
Die nun folgende spitze Links wurde von uns schon recht fachmännisch durchflogen dann kam die schikane zu start ziel wo es auch recht schnell gehen mußte.
Nun drängelten auch schon ein paar andere von hinten und ein paar überholten uns auch……..
So ging das dann noch ein paar Runden, dann machte Horst meiner Meinung nach ernst.
In Runde 5 brach dann die Hölle aus dem bis zur rasenden Wut getunten GSX-R 1000 Motor.
Welcher Wahnsinnige baut nur solche Motoren….
Eine Bodenwelle ließ mich den halt an den Füßen verlieren, ich hielt mich fest als ginge es um mein Leben. Halt, es ging um mein Leben. Jede Muskelfaser war bis zum zerreissen gespannt, dennoch rutschte ich auf dem Hosenboden immer immer weiter nach hinten, immer weiter und mein wohlgeformtes, kaum behaartes Hinterteil erfühlte schon die Kante des Seitenwagens, im Augenwinkel standen noch zwei andere Gespanne, die wohl einen schlappen Motor vorgaukelten. Bis endlich die Bremse einsetzte und ich mit dem Brustkorb gegen den Rahmen Vorderverkleidung schlug, was mir den „Ausatmevorgang“ ersparte und zugleich mein Visier beschlagen ließ…….Nun wußte ich wie das Spiel gespielt wird und arbeitete noch mehr mit um mir weiteres Leid zu ersparen.
Todesmutig schmiss ich mich in der Seng von rechts nach links was das Gespann mit heftigen Taumelbewegungen, die der eines finnischen Seemannes auf Landgang glichen, beanwortete.
Mein Leben lag nun einmal mehr in den Händen des unglaublichen Horst…….der taumelte die Bewegungen des Gespannes aus und schon herrschte wieder Ruhe im Fahrwerk.
Die Kräfte ließen langsam nach und ich wurde wieder etwas fauler, zu faul…..wieder in der Seng angekommen gings nach der ultraschnellen links in eine leichte rechts….ich blieb einfach sitzen um mich auf die spitzkehre vorzubereiten……. das Gespann fuhr daraufhin einfach geradeaus…….nicht in die leichte rechts……nicht in die rechts…….nicht……und nun kam das in Zeitlupe aus etlichen kitschigen Filmen bekannte: NEEEIIINN !!
Qualm stieg auf ….und ca. 34cm vor dem schön gepflegten Kiesbett bekam das Vorderrad wieder Grip und alles war wieder Verhälnismäßig wunderbar. Ich klopfte daraufhin dreimal auf die Verkleidung, nein, ich schlug drauf mit meiner letzen Kraft und mit der Faust. Horst bemerkte dies sogar und wir fuhren wieder in die Box…Schluss Ende Aus.

