Zum Inhalt

Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

Infos zu und mit Veranstaltern, aber auch zu anderen Themen,
über die es sich lohnt zu sprechen!

Moderatoren: as, Chris

  • Benutzeravatar
  • campari Offline
  • Beiträge: 5311
  • Registriert: Samstag 5. September 2009, 23:29
  • Lieblingsstrecke: Jerez
  • Wohnort: Lübeck

Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

Kontaktdaten:

Beitrag von campari »

Was macht er da? Er schwächelt.

Der Abstand wird kleiner. Und das auf den Beschleunigungsstücken. "Es gibt nur eine RJ27, die geht, und das ist meine! Basta." Daran gab es nichts zu rütteln. Es lag nicht am bloßen Leistungsgewicht (definitv nicht), mit Montur reichte ich an die 80kg gut heran. Es lag an meinem Gerät. Auf dem ersten Drittel von Geraden konnte ich immer noch BMW und R1 und RSV4 und sogar manchmal auch gaanz, ganz teure Ducatis gut versägen. Das konnte nicht nur Wahnsinn sein. Dieses kleine gelbe Motorrad lief einfach sehr, sehr gut.

Ich zog jedesmal, im Rahmen der Möglichkeiten, so gut es ging vor dem ewigen Matadorbogen durch, so dass ich vorwärts kam. Für Grinsen war keine Zeit, aber ich freute mich, dass ich hier einen deutlichen psychologischen Vorteil hatte. Ich rückte immer weiter an Nummer 115 heran, und die Sektion "Ölspur" tat ihren Teil dazu. Und trotzdem kam auch Nummer 115 immer weiter an die teureren Plätze heran. Wir trafen auf Neon. Neon...am Freitag war das kurz vorbeigehuscht. Keine Zeit für Grübeln. Wir schlängelten uns flüssig defensiv vorbei.
Screenshot 2025-07-29 201056.jpg
Wow. Damit hatte ich nicht gerechnet. Jetzt war in meiner Reichweite nur noch Nummer 115 übrig. Mittlerweile war in der Spitzkehre gelb geflaggt. Ein gewisser Mario Hohenfellner, wie ich später erfuhr, hatte leider Bodenkontakt nicht vermeiden können. Aaah, die Spitzkehre. Unser Henning stellte vorn an der Gabel rum, ich fand, dass es sich viel fröhlich zügiger in die Kurve reinfahren ließ, und ließ sodann zügig die Bremse los. Nicht langsam, nicht progressiv, zügig. Und genau so lag ich dann auf der Nase. Ich stand ungefähr da, wo Mario jetzt stand. Und die R6, also meine, hatte leider ziemlich viel kaputt. Immer, wenn dort ein Stummel über das Gehoppel rutscht, geht ordentlich was kaputt.

So etwas passierte mir nicht mehr. Ich hatte jetzt so viel mehr Erfahrung. Ich hatte so viel gelernt, daraus, wie es nicht geht. Ich hatte die Ergonomie eingestellt. Ich hatte gefühlvoll fahren gelernt. Ich hatte...ich hatte Regenreifen aus dem letzten Jahrzehnt, die schon ein Rennen hinter sich hatten.

Die Reifen fühlten sich gut an. Nummer 115 zieht nach links außen und beschleunigt auf der Geraden. "Es gibt nur eine RJ27, die geht", bekräftige ich mein kräftiges Drehen des rechten Handgelenkes. "Es gibt nur..." die Rundenanzeige zieht vorbei "...eine RJ27..." die Boxenmauer ist zuende "..., die geht..." ich greife in die Bremse und bremse ein bißchen weniger wie sonst immer und ein bißchen mehr so wie ich eigentlich endlich sollte. Nummer 115 zieht zurück. Ich bin durch. Ich bin tatsächlich zuerst durch die Schikane.

"Verteidigen, verteidigen, verteidigen" beschwöre ich mich selbst und suche nach maximaler Regengeschwindigkeit. Die Traktionskontrolle blinkt mittlerweile wie verrückt, um darauf aufmerksam zu machen, dass es doch ein bißchen rutscht. Aber nur geradeaus, auf die Ölspur zu. Trotzdem, nur ein Wahsinniger würde jetzt etwas an der Sensibilität verstellen. Ich bin soooo dankbar, dass da etwas zu funktionieren scheint.
Marios Motorrad liegt immer noch in der Spitzkehre. Most lässt wohl heute alles liegen, was dekorativ Scheitelpunkte und Kurvenlinien ziert. Egal. Ich muss Land gewinnen. Wir haben nur noch wenige Runden. Ein bißchen mehr aufdrehen und etwas früher wird doch wohl, wird doch wohl, wooooooaaaaaaah :shock: Ich habe das heute so oft gesehen, aber nicht damit gerechnet, dass es mich selbst noch trifft. Nach dem Umlegen auf Links hinter /unter dem Bogen rutscht der alte Dunlop dermaßen seitwärts und danach aufwärts, dass ich es mir anders überlege. Eine Lampe habe ich nicht blinken sehen, aber wer sieht das schon, während sein Leben an ihm vorbeizieht.

OK. das war zu viel. Also doch wieder defensiv. Nummer 115 sieht seine Chance und schlägt zurück und darf sowas von gern zuerst durch Kurve 1. Es ist die letzte Runde. Wozu noch etwas riskieren...

Nachdem Nummer 115 verdient vor mir die Ziellinie passiert hat, dreht er sich noch um, und beglückwünscht mich. Ich bin sowas von froh, dass ich das überlebt habe und bekomme vor lauter Endorphinen das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Wir werden wohl nie erfahren, wie stark dieser Rutscher wirklich war, aber mein Popometer hat mir schon sehr oft den Allerwertesten gerettet.
:horseshit:

Öfter mal die Hände waschen!!!
  • businesskasper Offline
  • Beiträge: 689
  • Registriert: Samstag 23. Juni 2018, 14:36
  • Motorrad: XT660 R wie Racing

Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

Kontaktdaten:

Beitrag von businesskasper »

Sehr geil. Glückwunsch. Scheint ja echt Spaß gemacht zu haben.
  • JanR1 Offline
  • Beiträge: 82
  • Registriert: Samstag 18. März 2023, 13:05
  • Motorrad: YZF R1 RN09

Beitrag von JanR1 »

👍
  • Benutzeravatar
  • campari Offline
  • Beiträge: 5311
  • Registriert: Samstag 5. September 2009, 23:29
  • Lieblingsstrecke: Jerez
  • Wohnort: Lübeck

Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

Kontaktdaten:

Beitrag von campari »

Es wird noch heftiger geklatscht als für das Rennen davor. Ja. Applaus. Her damit. :mrgreen: Das haben sich alle verdient, die diesen Regentag sicher überstanden haben und alle, die auf alle anderen gut aufgepasst haben. Aber ich habe das auch verdient, denn ich habe heute eine offene Rechnung beglichen.
Ich pelle mich aus meiner Regenklamotte. Meine Handschuhe darf ich glücklicherweise auf einem Trockner parken. Kombi nass, Schuhe völlig durchnässt, aus dem Helmpolster läuft das Wasser heraus. Most, 2025. Ich hatte heute zwei Regenrennen ehrenvoll beendet. Nicht wieder so ein DNF wie 2014. Aus Gründen, bei denen Lutzes Gemecker über standesgemäße Podiumskleidung nicht den kleinsten Beitrag hatte, ziehe ich mir den Rest noch nicht aus. Allzuviele Damen werden ja nicht gefahren sein, da muss ich ja ein Stehrumchen in Empfang nehmen können.
Leder trocknet am besten am Körper (das stimmt, nur wusste ich da noch nicht, wie nass meine Füße sind). Vollgepumpt mit Endorphinen schwinge ich mich auf mein Rad und suche Bekannte heim. Ein klein bisschen stolz bin ich ja auch mal gerne. Mittlerweile regnet es auch nicht mehr. Ich sehe Mario an seinem Lenkstummel, Fabian, dem ich in Jerez fast eine Felge besorgt hätte, hat jetzt auch ne R6. Schön. Nicht so schön ist, dass der Ersatzstummel vom Mario eine Bohrung zuwenig hat. Ich verspreche, eine Bohrmaschine aufzutreiben. Fast nebenan parkt Beppo mit Vaddern, der wird doch wohl eine haben. Ich meine, Saarländer, die frickeln doch sonst auch alles zusammen, da braucht man doch sowas. Ich vergaß, dass Beppos Fuhrpark nur die allerfeinsten Maschinchen umfasste. Genau so war es. Natürlich hatte er keine Bohrmaschine. "Zweitaktfritzen, wir brauchen Zweitaktfritzen." "Jo, stimmt", meinte er. "Oder Seitenwagenfritzen, da geht doch auch immer etwas kaputt." Nach einem kurzen netten Gespräch mit einer Tschechischen Dame hatte ich die Bohrmaschine unter dem Arm. Morgen war ja noch ein Rennen, und der Mario sollte doch nicht kneifen.

Während er sich seine Bohrung verpasst, reden wir über die letzte Saison, und dass es alles nicht einfacher wird, wenn Kinder größer werden und a) Ansprüche haben auch mal was zu dürfen und b) ernsthaft ihre Argumente vorbringen können und c) Erklärungen fordern.

Nachdem ich die Bohrmaschine weggebracht habe, muss ich schon wieder zurück und meinen Kram organisieren. Nach der Siegerehrung wartete ein von Mr Jan Bühn von Track Action by Jahn Bühn organisierter Tisch im El Toro, und ich hatte etwa 10 Minuten für die Dusche. Während alle anderen schon locker aus der Montur gestiegen waren, trug ich mein Ganzkörperfensterleder mit Stolz. Eine ALNE auf dem Podest. Jawohl.
:horseshit:

Öfter mal die Hände waschen!!!
  • Benutzeravatar
  • campari Offline
  • Beiträge: 5311
  • Registriert: Samstag 5. September 2009, 23:29
  • Lieblingsstrecke: Jerez
  • Wohnort: Lübeck

Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

Kontaktdaten:

Beitrag von campari »

Das Timing ist heute Abend bescheiden, aber Etikette war Etikette. Nix vorher duschen. Tanja hatte sich schon ausgehfein gemacht und wollte nicht mit Sekt duschen.

Ich wollte auch nicht. Ich glaube, niemand wollte heute auch nur einen Tropfen "Dusche" abbekommen, der sich vermeiden ließ. Aber nein, gut gelaunte Ducatisti zum Beispiel ließen es sich nicht nehmen. Ich wollte sowas von keine Sektdusche. Es gibt Buchstützen, formschön und geschmackvoll im Design, bis Platz 5. OK. Dann könnte ich ja für die 600er bleiben müssen.

Und jetzt die Damen. Ich verstehe jetzt erst, dass ich eine Minuslady bin. Wegen des Hubraumes. Es gibt auch Plusladies. Tanja ist eine davon. Und die werden separat gewertet. Mangels Fahrerinnenfeld fällt die Zeremonie recht kurz aus. Aber wir sind beide zwei Honigkuchenpferdchen. Nicht, weil wir jeweils 100% der vergebenen Platzierung belegen, sondern weil wir angetreten und ins Ziel gekommen sind, und das nicht mal schlecht. Tanja kam auf eine 2:14 und ich auf eine 2:18. Für mit Bremsklotz, Motorrad mitten in der Kurve und ohne ordentliche Reifen ganz gut. Und vor allem 6 Sekunden schneller als in 2014.
Screenshot 2025-07-29 212515.jpg
:horseshit:

Öfter mal die Hände waschen!!!
  • Benutzeravatar
  • campari Offline
  • Beiträge: 5311
  • Registriert: Samstag 5. September 2009, 23:29
  • Lieblingsstrecke: Jerez
  • Wohnort: Lübeck

Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

Kontaktdaten:

Beitrag von campari »

Kaum stehe ich wieder bei meiner Meute und kann meine Errungenschaften, Buchstütze und erlesener Kupferberg, vorzeigen, geht es schon weiter mit 600ern. Schade, wird wohl doch nichts. Platz 5 ist schon belegt. Ah, Platz 4 auch. Da, Überraschung, wird zum zweiten Mal mein Name aufgerufen, zusammen mit dem "Team Track Action by Jan Bühn". Jawohl, das bin ich! Man bittet mich, ich möge doch nochmal da hochklettern, und ich leiste gern folge. Platz 3. Ich habe es auf einen echt seriösen Platz 3 geschafft.

Überhaupt nicht war mir klar, dass ich mit Nummer 115 um Platz 2 gekämpft hatte. Schön wäre es schön gewesen, aber so wie es war, war es gut.

Also bekomme ich eine zweite Flasche Kupferberg und die wichtigste Buchstütze, die ich jemals bekommen habe. Eine Belohnung für eine Rundenzeit, die sich sehen lassen konnte. Irgendwie sind wir alle 2:09 gefahren. Nur Nummer 115 hatte eine hohe 2:08 als Bestzeit, die musste aufholen. :wink:
Erst viel, viel später fällt mir auf, dass ich ja Platz 4 und 5 irgendwann zwischendurch mitgeteilt hatte, dass ich nur uralte angefahrene Regenreifen hatte.
Screenshot 2025-07-29 213742.jpg
(den Herren habe ich einen schönen Bart verpasst - an diese Stelle nochmal vielen Dank für das angenehme Miteinander auf der Strecke)


Auch jetzt möchte niemand duschen, mit Sekt. Ich möchte endlich duschen. Ich möchte soooo gern duschen. Korrigiere - ich möchte schnell duschen. Ich schwinge mich auf mein Rad, und nehme die Außenschleife zu Box 42. Jetzt aber Hopp-Hopp. Das wird die kürzeste Duschung aller Zeiten. In der Dusche steht schon die junge Minuslady, die ich für Laila halte. Sie macht mir ein paar Komplimente, wie schnell ich wäre und so. Mir war auch so bewusst, dass ich nicht ganz die Hübscheste bin. Und sie sieht in der Tat viel hübscher aus. Einig sind wir uns darin, dass wir viel lieber Langstrecke fahren als Sprintrennen. Gern hätte ich noch ein wenig geschwatzt, von meinen ehemals 3 Minuten in Most erzählt, aber ich habe keine Zeit. Das Essen ruft.

In nicht einmal 15 Minuten sitze ich in einem Auto. Für Socken und Schuhe war keine Zeit mehr, aber so konnte ich zumindest jeder/m meine Froschfüße zeigen.
Es gibt einen Super-Käse-Burger, und das, was ich dem Henning vom Teller klauen kann. Und dann schlafe ich fast ein. Vollgefressen und völlig kaputt. Track Action indeed.
:horseshit:

Öfter mal die Hände waschen!!!
  • businesskasper Offline
  • Beiträge: 689
  • Registriert: Samstag 23. Juni 2018, 14:36
  • Motorrad: XT660 R wie Racing

Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

Kontaktdaten:

Beitrag von businesskasper »

Aber sowas von Gratulation. Trocken kann ja jeder, aber Regen muss man schon wollen.
  • Benutzeravatar
  • falo Offline
  • Beiträge: 83
  • Registriert: Sonntag 28. Februar 2016, 19:44
  • Motorrad: S1000RR (15), S1000R
  • Lieblingsstrecke: Portimao, Misano
  • Wohnort: Greven

Beitrag von falo »

:icon_thumleft Glückwunsch Andrea,

Wünschst Du Dir jetzt Regen für Assen? (Also den Normalzustand dort? :-) )
Weil dann müsste ich mal nach meinen Regenreifen schauen, wie die noch drauf sind :-)

vorfreudige Grüße
vom falo
Man muss nicht nur können, man muss auch wollen! :-)
  • Vusi Offline
  • Beiträge: 168
  • Registriert: Sonntag 9. September 2018, 21:14
  • Motorrad: BMW S1000RR
  • Lieblingsstrecke: Calafat, Assen, Most

Beitrag von Vusi »

Mega Story von Most!
Habe sogar in Assen von einer kleinen Lady in schwarz und gelb auf gelbe R6 gehört.
Da werden wir auf das Abenteuer wohl in 12-13 Tagen mal nen Aperol auf der Burg trinken müssen.
Ich hoffe allerdings inständig das da dann das Wetter trocken bleibt.
  • JanR1 Offline
  • Beiträge: 82
  • Registriert: Samstag 18. März 2023, 13:05
  • Motorrad: YZF R1 RN09

Beitrag von JanR1 »

...lasst den Regen bloß zuhause! Hab keine Lust drauf in Assen!!! ;)
Antworten