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SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Der Bereich für Eure Projekte, Um- und Aufbauten. Auch Tips und Tricks zu Feinheiten, aber keine Standardthemen wie: so wechselte ich die Bremsbeläge.

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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von torbinho »

Ich wollte das hier mal honorieren:
Mega krasse Arbeit mit der Kiste, ich versteh nicht mal die Hälfte!
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Freut mich, wenn das Projekt Anklang findet :D

Mich haben dazu Fragen erreicht und die möchte ich noch beantworten.
Zuerst dass man von 2014 bis 2021, bei nur 10.000km ja nicht wirklich von Laufleistung sprechen kann.
Das hab ich vielleicht nicht deutlich genug geschrieben, das gesamte Projekt spielt in der Vergangenheit, die 10tkm waren nach zwei Saisons erreicht. Mir ging es in dem Beitrag aber nicht um den Zeitraum, sondern um die pauschale Aussage, dass Tuning generell auf Kosten der Haltbarkeit geht. Die 10.000km sind insofern aussagekräftig, denn in dieser Zeit hat der Motor geschätzt 50 Millionen Umdrehungen gemacht und das mit einem großen Volllast Anteil. Da wären mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Haltbarkeits Probleme, auch auf Ebene der Dauerfestigkeit, aufgetreten. Es hätte ja relativ schnell auch Getriebe, Kurbelwelle oder das Gehäuse nachgeben können. Das ist aber nicht passiert und der relativ geringe Verschleiß Zustand, lässt auf ein langes mögliches Leben schließen.

Die zweite Frage war, warum denn trotz schärferer Nockenwellen das Drehmoment schon ab 6500/min einbricht und zwischen 9 und 10000rpm eigentlich nicht wirklich besser als von getunten 650er ist?
Eine sehr gute Frage, ich habe zum veranschaulichen auf die Schnelle ein Freihand Diagramm gezeichnet.

Bild

Das Problem bei der SV650 lag schon immer im Zylinderkopf. 1998 kam in Japan die SV400 raus und 1999 ziemlich baugleich dann die SV650. Leider war sie nur eine auf aufgebohrte 400er und hat dementsprechend kleine und engstehende Ventile. Die Serien SV650 reizt den Kopf damit auch schon aus, es passen keine größeren Ventile rein und es ist nur mäßige Ventilüberschneidung möglich. Es gibt zwar größere Ventile zu kaufen, aber dann hat man fast gar keine Überschneidung mehr. Überschneidung ist aber ziemlich wichtig für hohe Drehzahl, durch die frühzeitige Beschleunigung der Einlass Gassäule.
Aus diesem Grund mussten in der 840er SV auch die originalen Ventile verwendet werden. Und da kommt man bei dem Hubraum schon bei 6-7000rpm auf eine kritische Gasgeschwindigkeit im Einlass. Ab da geht einfach nicht mehr Masse durch den Kanal hindurch und mit steigender Drehzahl nimmt die Füllung annähernd linear ab. Getunte SV650 kommen erst zwischen 9-10.000 an diese Grenze und deshalb treffen sich die Kurven in diesem Bereich. Ziemlich logisch, finde ich, 30% mehr Hubraum und 30% frühere Grenze.

Mit heutigen Mitteln und Kenntnisstand, könnte ich vielleicht noch 5PS mehr aus der SV840 rausholen, aber die Ventile sind einfach zu klein mit 31mm, da gehören 37mm rein. Es wird also nie eine Ausgeburt an Leistung werden. Aus diesem Grund arbeite ich auch nicht mehr mit den SV's. Ich behalte natürlich meine eigenen, aber arbeiten möchte ich in Zukunft an technisch interessanten Projekten (tue ich auch :wink: )
Zuletzt geändert von Knubbler am Dienstag 3. Mai 2022, 23:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Ucky13 »

Sehr interessant und verständlich erklärt, meinen Respekt!
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Henning #17 »

Knubbler hat geschrieben: aber arbeiten möchte ich in Zukunft an technisch interessanten Projekten (tue ich auch :wink: )
Lass hören :band:
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von scm »

Knubbler hat geschrieben: Das Problem bei der SV650 lag schon immer im Zylinderkopf.
Ich frag mich grad, ob die Zylinderköpfe vom großen Motor
mit Serienbohrung bzw. Hubraum nicht dieselbe Leistung er-
zielt hätten, bloß halt erst bei höherer Drehzahl?
Oder anders gefragt: wenn die Zylinderköpfe, und damit die
Strömungsverhältnisse vorgegeben sind, läßt sich dann durch
mehr Hubraum überhaupt die Leistung erhöhen oder bloß das
Drehmoment?


Gruß
Sven
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Grüß Dich,
Die Frage ist sehr interessant und hat mich heute gedanklich den Tag über begleitet. Umso mehr man da ins Detail denkt, umso verzwickter wird das Ganze.
Man könnte ja auch "einfach" sagen, warum nicht aus jedem Saugmotor eine Literleistung von 330PS rausholen, wie die Formel1 vor nicht allzu langer Zeit? :mrgreen:
Natürlich etwas übertrieben. Was ich damit sagen will, es ist viel schwieriger einen Motor mit aufrecht bleibender Füllung bei hoher Drehzahl zu viel Leistung zu verhelfen, als ihn einfach stark Aufzubohren. Denn dann kommt quasi automatisch an die Grenze der Strömung mit kleinen Ventilen. Nur weil man einen Motor ermöglicht mechanisch irre hoch zu Drehen, dann hat man noch nicht die hohe Literleistung erreicht. Mir fällt auf die Schnelle kein besseres Beispiel ein, als der 4V-4Zyl Honda CBR250RR MC22 (KLICK). Das ist zwar ein alter Schinken, aber besser als eine Literleistung von 200PS, hab ich sie nicht gefunden, trotz Formel1 Sauger Drehzahl.
Aber im Grunde würde ich sagen, es ist genauso wie Du es umschrieben hast. Ob man jetzt mit viel Hubraum, die Leistung aus einem vorgegeben Kopf holt, indem man viel Drehmoment und weniger Drehzahl hat.
Oder ob man es schafft, über Drehzahl die selbe Luft/Kraftstoff-Masse in der selben Zeit zu verarbeiten, da wird man auf auf ein relativ ähnliches Ereignis kommen. Klar sind die Reibungsverhältnisse, Temperatur Verluste, Resonanzen etc anders.
Das kommt aber schon hin. Die stärksten (belegten) SV's, von denen ich weiß, sind mit 115PS auf der Isle of Man gefahren, natürlich mit originalen Hubraum. Irgendwann hat dann aber Kawasaki das Zepter übernommen und das auch zurecht, aus meiner Sicht.
Der große Vorteil von Hubraum gegenüber Drehzahl ist, es macht einfach viel mehr Spaß wenn die Leistung früh anliegt. Auch wenn für die Bescheinigung lediglich die Leistung pro Masse zählt. Dann könnte man sich aber wieder in dem Detail verlieren, dass die SV das falsche Getriebe besitzt für hohe Drehzahl, denn die ausgegebene Durchschnitt-Leistung ist nicht optimal (große Spreizung). Ich sag ja, es ist irgendwie verzwickt (mein Denken) :D
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Raschel »

Hi Knubbler,
Immer wieder Lehrreich und Spannend deine Ausführungen zu lesen,Hut ab vor deinen Leistungen und auch davor das du das in aller Öffentlichkeit teilst

Falls ich das recht in Erinnerung habe,hast du doch damals den abgebrochenen Kurbelwellenstumpf des SV Motors unters Elektronen Mikroskop gelegt.
Ist da eigentlich irgendwas bei herausgekommen/ erforscht wurden was da nun Ursächlich für den Kw Bruch war?
Tät mich einfach mal Interessieren :wink:

Gruß & weiterhin viel Erfolg
Rainer aus dem Harz
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Mensch Rainer,
das freut mich, dass wir uns hier nach den Jahren wieder treffen :D
Der Motorblock, den ich von Dir bekommen hat, leistet heute immer noch treue Dienste!

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Die gebrochene Kurbelwelle habe ich natürlich näher untersucht.

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Das Bruchstück steht jetzt in meiner kleinen Galerie von gebrochenen SV K3+ Kurbelwellen und Pleuel. Leider konnte ich von den Materialwissenschaftlern nie eine wirklich eindeutige Aussage zu den kaputten Teilen bekommen. Sie konnten mir zwar zeigen wo die Risse begonnen haben und Vermutungen äußern wie zu viel Phosphor zwischen den Korngrenzen, aber für Ursachenforschung reichen diese Stichproben nicht aus.
Wenn man es genau wissen möchte, dann müsste man Materialanalysen von mehreren gebrochenen K3 Teilen nehmen, gleichzeitig von K3 Teilen mit hohen Kilometerleistungen ohne Bruch und zum Vergleich die Vergaser Teile, welche keine Bruchprobleme aufweisen.
Aus meiner Sicht lohnt sich der Erkenntnisgewinn nicht für den Aufwand, man benutzt einfach keine Teile, welche sich als instabil erwiesen haben. Klar wäre es interessant zu erfahren, ob es am Material, der Vergütung oder der Bearbeitung liegt. Wenn da jemand Interesse hat, ich kann alle Teile für eine kleine Studie bereitstellen :wink:
Zuletzt geändert von Knubbler am Dienstag 3. Mai 2022, 23:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Raschel »

Jau ,grüß Dich :wink:

Freut mich das Du aus dem Ding so was tolles gezaubert hast.
Knubbler hat geschrieben:nie eine wirklich eindeutige Aussage
Na ok, ist ja wohl auch nicht so ganz einfach sich da festzulegen,und für mich eh ne Wissenschaft mit reichlich Siegeln.Bin ja schon ins Schleudern gekommen als vor paar Jahren nen Praktikant das Kohlenstoffdiagramm erklärt haben wollte :hiding:
Wär dennoch Interessant gewesen,ob meine damalige Vermutung,das der Bruch an der Passfedernut begann in die richtige Richtung zielte.

Das dritte Bild sah eben auf den ersten Blick für mich aus wie'n Fremder Planet
Knubbler hat geschrieben: für eine kleine Studie bereitstellen
Öööh,also ich nicht,ich "Studiere" gerade Ducati Zweiventiler :lol: :lol:

Bis denne
Rainer
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Hallo zusammen,
ich melde mich mal wieder mit einer kleinen Untersuchung, welche sich am Ende als sehr interessant für mich rausgestellt hat. Ist auch entsprechend viel Aufwand reingeflossen, aber eins nach dem anderen, das ist jetzt lediglich die Einführung :D
Es geht um die neue oder inzwischen eher die aktuelle Aprilia RS660. Sie wurde 2018 als Concept auf der Eicma vorgestellt und hat die Twin Szene ziemlich aufgewirbelt. "Alle" hatten Angst davor oder wollten eine haben. Serienmäßig 100PS aus 660ccm ist auf jeden Fall eine Ansage, die Rennversion 'Trofeo' wurde sogar mit 105PS beworben. Viele hielten die bisherigen Twins dagegen für chancenlos, 70PS und ein bisschen Tuning, was soll das schon groß ausrichten gegen die neue Speerspitze der Schöpfung? Die vergangene Saison hat allerdings (Weltweit) gezeigt, der Output der RS lässt noch viele Wünsche offen und die getuneten Twins fahren ihr aus der Kurve raus einfach davon. Auch auf der Geraden konnte die RS mit ihren Muskeln nicht gerade trumpfen, aber gerade da sollte sich Leistung manifestieren. Aber wie kann das sein?
Dazu kommen noch massive Probleme in der Qualität und Haltbarkeit, welche zu großen Rückrufaktionen führten. Welcher Hersteller tauscht schon gerne auf den ganzen Motor nur auf Verdacht? Aber das wurde unzählige Male gemacht. Was ich selbst und ein Mechaniker von Aprilia, zuständig für die Rückrufe, in den Motoren vorgefunden habe, das lass ich jetzt mal außen vor. Möchte mich nicht ins rechtliche Fettnäpfchen setzen und Bauteilqualität ist generell nicht mein Augenmerk. Ich konzentriere mich ganz alleine darauf, warum hat die Aprilia so wenig Druck? Die Antwort verbirgt sich im Motor selbst und vorallem im Zylinderkopf. Ein befreundeter Teamchef hat günstig eine Straßen RS mit gebogener Gabel erstanden und sie mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt, um dem auf den Grund zu gehen. Hier einige Impressionen vom Zerlegen.

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Sehr schickes Chassis, bis auf das billige direkt angelenkte Federbein

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Wunderschöne Front, das muss man ihr lassen

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Das Objekt der Begierde, leicht gebogene Gabel

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Mäusekino und Blick in die Airbox

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Riesige Schlünde mit direktem Blick in den Brennraum

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Ganz schön vollgepackt

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Entkernt

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Vorbereitende Messungen für die Steuerzeiten

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Kopf runter, leider muss dafür der Motor abgesenkt werden

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Ölkohle auf dem Kolben nach 2000km(!)

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Objekt der Begierde, der Zylinderkopf

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Oberseite

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Und so lag er dann schließlich auf meiner Werkbank, bereit für eine detaillierte Analyse, aber auf die müsst ihr Euch noch etwas gedulden :wink:
Zuletzt geändert von Knubbler am Montag 2. Mai 2022, 23:10, insgesamt 1-mal geändert.
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