Es ist soweit, Teil 2 der BigBore SV Geschichte
Der Motor hat einen ziemlich großen Eingriff erhalten, ohne Referenzen ob er das überhaupt mitmacht. Sicher, es gab schon andere, die zumindest auf 90mm (800ccm) aufgebohrt haben. Der Umbau wird auch als Tuning Stufe 3+ bei Tunern zum Kauf angeboten. Nach einem Gespräch mit dem Anbieter war allerdings klar, da geht es rein um das Hubraum haben, nicht um die volle Ausnutzung. Sprich, die Verdichtung ist niedrig und die Nocken eher naja... Ich wollte allerdings keine Mini Harley aufbauen, sondern einen Motor mit richtig Power, der auch auf der Rennstrecke eingesetzt werden sollte (gelegentlich).
Ich muss zugeben, vor dem ersten Anlassen hatte ich gehörigen Respekt. Man kann ja vorher nicht recht viel mehr machen, als genau zu Arbeiten und den Motor per Hand/Anlasser durchdrehen. Aber es lief alles gut und man merkte im Standgas nicht mal einen großen Unterschied zu einer normalen SV, so soll das sein
Nachdem sie im Stand zig mal gelaufen ist und schon mal eine grobe Vergaserbedüsung gefunden war, da ging es ans sanfte Einfahren. Ich also gemütlich/wachsam vorne weg und der Kollege mit dem Transporter hinterher (man weiß ja nicht was einen bei der ersten Fahrt erwartet). Ich fahre durch eine 80er Zone und da fängt er hinten wild das Hupen an. Rechts rangefahren meinte er, da würde etwas unter meinem Sitz leuchten

Nachgeschaut, im Stand leuchtet nichts. Also die GoPro Kamera montiert und nochmal getestet. Er hat recht, da leuchtet was...
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Das sieht jetzt zwar dramatisch aus, ist es aber nicht wirklich. Der Glühfarbe zufolge sind es 800~850°C und man sieht es auch nur weil der hintere Zylinder beim V-Motor Windgeschützt ist, beim vorderen findet so viel Konvektion statt, da tritt das Glühen erst viel später auf. Man sieht es bei Motorprüfstanden im Windstillen Labor gut, da glüht der Krümmer beim Benziner ganz massiv. Vorallem Turbo Motoren mit bis zu 1100° Abgastemperaturen.
Manch einer mag sich jetzt fragen wie das überhaupt funktioniert, wenn der Motor aus Alumium besteht und das schon bei 650°C schmilzt? Der Trick dabei ist die hohe Wärmeleitfähigkeit, es kann mehr Wärme abtransportieren als nachkommt, somit gibt es keinen Hitzestau und nichts schmilzt. Der versierte Schrauber macht auch mit dem +1000°C Bunsenbrenner das Motorgehäuse warm, bevor er ein Lager einsetzt und fühlt man richtig wie einem die Wärme abhaut.
Bei richtig hohen Abgastemperaturen ist es allerdings gefährlich für die Ventile, die verlieren sehr viel Festigkeit bei hohen Temperaturen und können abreißen. Daher ist ein sauberer Kontakt zum Sitzring und eine kurze Anlauframpe auf der Nocke essentiell.
Die eigentliche Frage ist aber doch, wieso wird der Krümmer so heiß, wenn ich doch mit Niedriglast fahre? Das Gemisch war eher tendenziell im fetten Bereich, da bleibt also nur noch die Zündung als Begründung. Nur wie komme ich an die Werte in der CDI? Das Polrad läuft im Öl und während der Fahrt mit der Stroboskop Pistole zu hantieren, ist auch keine gute Idee. Heute wäre das mit einem Datenlogger kein Problem, aber den hatte ich damals noch nicht. Ich habe mir also meine eigene Variante gebaut, um an das Kennfeld zu kommen, lacht nur
Ein miniatur Rotor mit Zündsignalen an einem Bürstenmotor. So konnte ich die CDI und das Poti am Vergaser live testen und über verschiedene TPS/Drehzahlen das höchst aufwendige Kennfeld von Suzuki erhalten...
Pustekuchen, das was ich vorgefunden habe verdient nicht mal den Namen Kennfeld. Es wurde fast nur über Drehzahl verändert und der TPS hat nur einen sehr kleinen Einfluss. Es ist also kein Wunder, dass die Krümmer in diesem Zustand geglüht haben. Der Motor hat weit schärfere Nocken als die Serie mit einem späten Einlass Schluss. Somit ist die Füllung bei wenig Drehzahl schlechter als Serie, was eine langsame Brenngeschwindigkeit zur Folge hat. Gleichzeitig ist der Weg bis zur Zylinderwand mit den großen Kolben länger geworden, es müsste also in beiden Fällen ein deutlich früherer ZZP gesetzt werden, so wie es moderne Kennfelder das auch haben bei wenig Last. Die SV650 CDI ist also absolut ungeeignet für starke Veränderungen am Motor. Es ist auch einfach nachzuvollziehen, in diesem Zustand wäre ein ZZP von ca. 60°vOT nötig gewesen und zünden tut sie 20°vOT. Somit kommt der Peak der Verbrennung erst weit nach OT zustande und dann sagt auch schon das öffnende Auslassventil Hallo. Die Effektivität ist schlecht, die thermische Belastung hoch.
Die Lösung war dann relativ simpel, es musste nur eine gute CDI mit Vergaserpoti von einem 90° V2 gefunden werden. Es wurde dann die von der Honda VTR1000F (Firestorm) und alle Hitzeprobleme waren weg. Naja fast alle.
Der Wärmetauscher unter dem Ölfilter hat nicht ausgereicht, die Öltemperatur ist bei Leistungsabgabe massiv gestiegen, es musste also doch noch ein Ölkühler verwendet werden.
Als das Einfahren beendet war, konnte zum ersten Mal Gas gegeben werden. Das hat mächtig Laune gemacht. Nur leider ist die Kupplung trotz verstärkter Federn in Rauch aufgegangen, sie rutschte bei Volllast durch. Laut Farbe hatte sie in Richtung 300°.
Man hätte jetzt noch stärkere Federn einbauen können, aber das hätte keinen Spaß mehr zu Fahren gemacht. Ich habe also die Kupplung umgearbeitet, so dass andere Beläge mit mehr Fläche reinpassten und sogar ein Reibpaar mehr Platz hatte. Damit war das Problem gelöst und die Handkraft weiterhin normal. So konnte ich den Motor auf seine Reise schicken. Ich habe Jahrelang immer nur den Status vom Besitzer gehört, der Motor läuft problemlos und wird nicht gerade geschont.
Irgendwann kam dann die Anfrage zum Überholen von dem Motor. Ich fragte ob es irgendwelche Anzeichen gibt oder etwas kaputt seie? Darauf entgegnete er, der Motor würde noch wie am ersten Tag laufen, er hätte inzwischen über 10.000km drauf, bekommt ständig Vollgas/Begrenzer und war auch auf der Rennstrecke. Er könne aber nicht glauben, dass so ein stark veränderter Motor das einfach so mitmacht, während andere Motoren schon im Serienzustand in die Luft fliegen.
Also habe ich ihn zerlegt
Wie man sieht, sieht man nichts. Die Verbrennung ist 1A, kaum Ablagerungen und man sieht sogar noch golden das blanke Alumium. Auch kein Ölverbrauch, da sonst Ölkohle da wäre. Kolben, Pleuel, Knubbel Kurbelwelle, alles tadellos in Ordnung. Leider habe ich kein Bild von den Lagerschalen gemacht, aber auf dem dritten Bild sieht man das Hauptlager im Gehäuse etwas. Da gab es aber auch nicht viel zu sehen, es waren einfach nur normale, gebrauchte Lagerschalen. Aber woher konnte ich wissen, dass die SV650 Lagerschalen eine Steigerung von 55% mehr an Leistung und Drehmoment aushalten? Das ist immer relativ. Für eine SV ist das natürlich enorm, aber es handelt sich einfach um Suzuki Standard Lagerschalen, welche in Kraft pro Fläche nicht gerade ausgenutzt sind. Diese Lagerschalen werden auch in 650PS Hayabusa Dragstern benutzt und plötzlich erscheint meine Leistung garnicht mehr außergewöhnlich, oder?
Kurz und knapp, diese Pauschal Aussagen, dass Motortuning immer Haltbarkeit kostet ist einfach Quatsch. Man muss da sehr viele Details beleuchten, bevor man zu einer belastbare Aussage kommt.
Der Ruhm gebührt aber in erster Linie Suzuki, die einen Motor mit sehr hoher Widerstandsfähigkeit entwickelt haben. Ich habe lediglich diese Basis verändert und darauf geachtet, mechanische Grenzen nicht zu überschreiten, das ist mir offenbar nicht schlecht gelungen. Ich hab mich gefreut, den Motor mit lediglich neuen Lagerschalen wieder zusammenbauen zu können. Auf dass er ein langes Leben hat
