Es ist Oktober im Jahre 2007, ein Stammtischtreffen, wie es so jeden Monat stattfinden könnte. Eine gesellige Runde philosophiert und resümiert über die vergangene Saison, berichtet von Heldentaten, Gummimischungen und besondere Eindrücke des vergangenen Sommers. Doch zu vorgerückter Stunde erkennt selbst der Laie, es muß etwas neues her. Diverse Modellneuheiten 2008 wurden schon spekulativ bewertet und doch gab es keinen so richtigen Kracher, wo man sagen könnte: "Das ist sie, DIE wird den Markt revolutionieren"
Am vergangenen Wochenende wurde jedoch ein weiteres neues Modell vorgestellt, das die Zweiradwelt den Atem stocken lassen wird. In keiner der einschlägigen Fachzeitschriften wurde bisher darüber berichtet, nicht einmal ein Foto kursiert von irgendwelchen Testfahrten unter anmutenden Ersatzverkleidungen. Ein deutscher Hersteller, und es ist nicht der Bajuwarische mit den bekanntesten Eutern der Welt, wird es richten mit edelsten Komponenten, Handlingseigenschaften, die ihres Gleichen suchen und Druck im Kessel, der die japanischen Reiskocher vor Neid erblassen lassen wird.
So entdeckt man schon beim ersten Blick an diversen Hülsen die lange Handarbeit und Ingenieurskunst, die in diesem Fahrzeug vereint sind.
Liebe Gemeinde, ihr seid noch nicht darauf gekommen, was es ist?
Damit hätte auch niemand gerechnet.... In stiller Heimarbeit haben sich drei Zweiradbegeisterte daran gemacht etwas zu entwickeln, das auf puren Rennsport zugeschnitten ist und in jedem Detail mehrfach überarbeitet wurde, bis das nun präsentierte Objekt der Begierde den Markt zu erobern gedenkt.
Man bediente sich zunächst einfacher Komponenten und einigte sich auf die Basis einer beeindruckenden Hercules Prima GT. Diese sollte dem alleinigen Zweck, dem Gewinn der legendären 24 Stunden von Speinshart dienen. Ein 24h Event, der alles vom Material abverlangt. Nun galt es, dieses schnöde Serienfahrzeug Langstreckengeländetauglich herzurichten. Zunächst wurde ein Rahmen- und Fahrwerkssetup entwickelt, dass folgende Änderungen verlangt. Entfernen des originalen Lenkkopfes und ersetzen durch den einer DR125 inkl. Gabel, um den nötigen Federweg und Festigkeit zu erreichen. Kürzen des Heckrahmens und Demontage der originalen Schwinge. Auch hier fand das Pendant der DR125 seinen Platz. Jedoch mußte der Rahmen mit einer zusätzlichen Hülse (selbstgedreht) verändert werden und mit zusätzlichen, von außen greifenden Flacheisen verstärkt werden. Für die Federung entschied man sich für das einzig wahre, einem R1-Federbein. Durch eine selbstgebratene Anlenkung im Verhältnis 1:3,34 bieten die beiden Komponenten komfortable Federwege jenseits der 20cm-Marke. Da die DR-Gabel und -Schwinge über die Aufnahme zweier 2,75" Reifen nur müde lächeln wurde ebenfalls in Eigenanfertigung Hülsen gedreht und Radlager entwickelt. Ebenso wurde für extremes Spätankern eine Scheibenbremsanlage entwickelt.
Hier ein erstes Bild nach dem Zusammenstecken:

Nun mußte natürlich auch Motorenkonzept entwickelt werden, welches den harten Anforderungen des Reglements entspricht, andererseits jedoch soviel Druck inner Buxe hat, zur Not damit Tante Käthes Eichemassivwohnzimmerschrank in den vierten Stock des Altenheimes zu ziehen. Für ein Langstreckenevent würde es jedoch einen Kompromis bedeuten. Einerseits mußte massives Motortuning her, die Standfestigkeit durfte aber auf keinen Fall zu kurz kommen. Von zwischenzeitlich 17 möglichen brutal an der Kette reissenden Pferden einigte man sich auf konstante 9PS als Ziel. Die Maximalleistung von 17 PS waren drin, dabei rotierte die Nadel des Drehzahlmessers aus dem Kartsport auf jubilierende 15.400U/min. Die Kraftstoffluftmischung übernimmt ein eigens entwickelter Vergaser mit einer 100er Düse durch den filigran anmutenden Ansaugtrichter. Für den richtigen Funken sorgt eine Zündspule aus dem Hause Malossi, welche sogar elektronisch abriegelbar ist. Um im Langstreckenbetrieb auch die notwendige Reichweite der einzelnen Stinths zu erreichen bedienten sich die Tuner eines größeren Tanks einer Honda MTX, welcher Turns von über einer Stunde zulassen wird.


Kotflügel aus dem Motocrosszubehör wurden ebenfalls in stundenlanger Handarbeit in das originale Heck der GT eingearbeitet und stammen von der YZ85. Ebenso aus dem Motocross wurde eine Kettenführung verbaut, die ein Abspringen der Kette im anspruchsvollen Gelände für die nötige Führung sorgen wird. Genügend Informationen liefern, neben dem schon angesprochenen Drehzahlmesser,
ein digitaler Tacho inkl. Uhr und der für die kompromisslose Wahrheit geltende AIM Laptimer inkl. Rundenzähler.
Erste Testfahrten ergaben ein Traumhandling welches im Zweiradsport seines Gleichen sucht. Die Sekundärübersetzung ist frei wählbar, jedoch allein mit der serienmäßigen Auslieferung ist beim Schalten in den zweiten Gang ein Aufbäumen des Boliden schon kaum zu vermeiden. Dieses Krad verlangt alles von seinem Reiter ab. Für die entsprechend kurzen Boxenstopps hält das Team vier Ersatzfelgen bereit, die mit vorgefertigten neuen Pneus und einer Schnelltankanlage das Einsatzgerät und seinen Kutscher in windeseile wieder zurück in die Arena schicken.

Zur Feinabstimmung steht in der nächsten Woche ein Termin am Leistungsprüfstand an, um mit Hilfe der selbstgeschweißten 1-in-1 Racinganlage letzte Löcher aus der Leistungskurve zu schlagen. Ich kann nur sagen, wir hatten eine Menge Spaß beim Zusammennageln dieses Kunstwerkes und laden alle ein, daran teilzuhaben wenn es heißt:
12. April 2008 3h Mofasupermoto in Dortmund
03. Mai 2008 5h Mofarennen in Retterath (Eifel)
15.-17. August 2008 24h von Speinshart