Ich hatte ja alle Warnungen entweder nie bekommen oder gekonnt ignoriert. Hier nun ein kleiner Teil meiner ersten Runde....
(der ersten hälfte vom ersten drittel des Kurses)
Ich ließ die Meute vorneweg blasen und konzentrierte mich darauf, die Kiste nicht abzuwürgen und gleichzeitig keinen Stunt auf dem Hinterrad abzuliefern. Hochgeschlauderte Dreckbollen trafen mich am Helm, versauten das Visier und sorgten dafür, dass auch die Zuschauer was zum reinigen mit nach Hause brachten. Den ersten Hügel nahm ich elanvoll mit viel Schwung, um die dahinter liegende Sumpf-Oase voll zu treffen. Die Hinterhand keilte munter nach rechts und links aus, ich hielt mich mit konträrem Fußabsetzen und viel Mühe auf dem Fahrersitz.
Mann, was für ne Sauerei. Mutti hatte mir immer verboten im Schlamm zu spielen….vielleicht weil ich damals noch kein adäquates 2-Rad hatte?
Hatte ich jetzt ja auch nicht....soll ich einfach rausgehen, Mammi unter Tränen beichten dass ich im Schlamm ohne adäquaten Untersatz war?
NIEMALS. Das geht auch mit der TT!!
Die erste Kurve. Ich lenke ein……und schieße geradeaus weiter. FÜCK!
Rechten Fuß abgesetzt, Bock nach rechts gewinkelt, Gewicht nach rechts verlager….das half.
Zu viel. DOPPELFÜCK!
Ich traf eine fein säuberlich vorgefertigte Spurrille und rastete das Vorderrad ein. Das Hinterrad drehte freudig weiter durch und floh in Richtung Kurvenaussenseite.
Nun, der Profi hätte fröhlich gegrinst und durchgezogen. Der hätte gewusst, dass alles andere nur Probleme bereitet und es quer eh am besten ist. Ich bin kein Profi.
Und ich machte es mal wieder umständlich, weil es auch einfach geht.
Ich folgte meinen Teerinstinkt und entspannte den Gaszug. In der nächsten Sekunde hatte ich alle Hände (und Füße) voll zu tun, um nicht gleich der erste zu sein, der vor der johlenden Menge seinen Bock aus dem Schlamm bergen muss.
Ohne den erzwungenen Vortrieb blieb die Karre urplötzlich in der Soße stecken und ich fiel in Richtung Kurvenaussenseite. Mit einem kräftigen Fußtritt in den Matsch fing ich es ab. Gleichzeitig wollte die Kiste absaufen, weil sich das Hinterrad nicht mehr drehte. Klar, ich Arsch hatte das Gas geschlossen. Schnell die Kupplung ziehen, dann bleibt sie an. Kaum gemeistert, merkte ich, dass ich mir mit dem Fuß ein wenig viel Schwung geholt hatte und nun zur anderen Seite drohte, umzukippen. Es blieb mir in meiner Verzweiflung nur eins:
GAAAS !
Was folgte war eine, für mich in dem Moment spektakuläre, Rettungsaktion durch Vollgas, spiel mit dem Tod, ehm, der Kupplung, und meinen Stützbeinen. Stolz auf den gelungenen Ritt (es war die ERSTE Kurve) war mir noch nicht bewusst, dass ich den ganzen Kurs so zu umfahren hatte. Ich naives Riesenross.
Dass man einfach gas gibt, wenn der Bock nicht dahin steuert wo er hin soll, bekam ich erst nach dem Rennen gesagt. Bis dahin hatte ich es dann (schmerzlich) auch rausgefunden.
Nach Kurve Zwo ging es den ersten größeren Absatz hinauf.
Den kullerte ich dann erstmal, ungefähr ab der Mitte, wieder rücklings runter. Jetzt war’s passiert. Ich lag, der Bock versank im Sumpf, lief aber noch. Beim Aufheben vergas ich die Kupplung zu ziehen….beim Versuch, dass absaufen zu verhindern, fiel ich samt Matschberg auf 2 Rädern gleich noch mal um.
Wenn ich mich als Zuschauer selbst gesehen hätte, ich hätte wahrscheinlich vor lachen die Hosen eingenässt, so bescheuert muss es ausgesehen haben. Nun ja, ich war ja nicht nur zum Spaß (für die anderen) hier.
Ich ließ erstmal alle passieren, die nach mir gestartet waren und sich größtenteils mühelos durch den Modder wühlten. Beruhigend war mit anzusehen, dass ich nicht ganz der einzige war dem der Hügel zu schaffen machte, rechts und links flog je ein Falschtakter mit Schwung und ohne Fahrer in die Büsche. Dann hob ich meine, mit Recht so bezeichnete, Dreckschleuder wieder auf, trat ihr 2mal in die Leiste und erklomm mit rauchender Kupplung und tänzelndem Hinterrad den Hügel.
Ich war schon am pumpen wie nach einem 2km Sprint, den ich hingelegt hatte, nachdem ich einem Kumpel sein letztes Bier verschüttet hatte (meinen Gaumen hinunter *hehe*). Ich suchte bei der weiteren Wühlerei vergebens nach einem Sauerstoffzelt. Nun denn….
Mittlerweile war ich auch davon überzeugt, dass ich hier mein Knie am Boden habe wenn ich schon viel zu schräg bin, und stattdessen die Füße am Boden brauche. Wild schlingernd , rutschend und stürzend rette ich mich durch die nächsten paar Meter, bis ich vor dem ersten Berg stand.
Viele bezeichnen einen Berg als solchen, weil er hoch ist. Diese bezeichnen die Erhöhung vor mir als Bodenwelle und fegen dementsprechend mühelos darüber hinweg.
Ich stand vor einem Berg.
Und kam nicht hinauf.
Nach dem 4ten Versuch, bei dem ich es wenigstens bis zur Hälfte des Anstiegs geschafft hatte, bevor ich wieder runterkullerte streike auch meine TT. Sie wollte nicht mehr anspringen. Ich war so erledigt, dass ich den Helm ausziehen musste um überhaupt zu atmen.
Kurzum: Ich war am Ende.
Ich schleifte die TT hinter die Absperrung, entledigte mich meiner obersten 3 Schichten und setzte mich auf den Zuschauerhügel um den 11 jährigen Jungs zuzusehen, wie sie in ihrer bereits zweite Runde mühelos die „Bodenwelle“ hinaufknatterten.
Scheiße war das anstregend. Und was für eine Luftpumpe bin ich denn?
Sitze hier und bin halb am verrecken. Das kanns nicht sein!!
Das kann es noch nicht gewesen sein!!