Zum Inhalt

SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Der Bereich für Eure Projekte, Um- und Aufbauten. Auch Tips und Tricks zu Feinheiten, aber keine Standardthemen wie: so wechselte ich die Bremsbeläge.

Moderatoren: as, Chris

  • Benutzeravatar
  • Elle Offline
  • Beiträge: 391
  • Registriert: Montag 9. Juli 2007, 11:38

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von Elle »

scm hat geschrieben:
Elle hat geschrieben: Beantwortet das Deine Frage?
Naja, nicht so ganz, aber ich interpretiere deine Antworten jetzt mal so:
im Betrieb treten "dynamische Effekte" (sorry!) auf, die erstens bei der
Messung der stationären Strömung an der flowbench nicht abgebildet
werden, und die zweitens sehr wohl für eine weitere Steigerung des
(momentanen) Volumenstroms auch bei valvelift >9mm sorgen können.
Dadurch wird insgesamt der mittlere Volumenstrom durch den Kopf und
also auch die abgegebene Leistung erhöht.
Ok so?

Viele Grüße
Sven
Was gibts da zu interpretieren? Deine Interpretation ist im übrigen nicht korrekt.

Gleichnis Gartenschlauch: Maximale Wassermenge 10l/min. Egal wie weit Du den Hahn aufdrehst, solange Du das Absperrventil über 10l/min auf hast, werden 10l/min rauskommen. Hast Du das Absperrventil aber bei 8l/min, dann kommen halt nur 8l/min. Wann ist der Eimer schneller voll, bei Einstellung 8l/min, oder bei Einstellung 10l/min?

Und je schneller Du das Absperrventil auf die 10l/min Einstellung öffnen kannst, desto schneller ist der Eimer voll. Nix Druckwellen. Nix Hokus-Pokus. Nix Schwarze Magie.

Das ganze System inkl. Druckwellen "in tune" zu bekommen ist die Meisterschaft bei der Sache. Hier gabs ja auch Grafiken zur Resonanz (räusper :roll: :roll: :roll: ). Auf welche Harmonische bezieht sich denn das?
"Development is only necessary because of the stupidity of designers" – Keith Duckworth.
  • Benutzeravatar
  • Knubbler Offline
  • Beiträge: 600
  • Registriert: Montag 5. Oktober 2015, 19:55
  • Motorrad: SV 650
  • Lieblingsstrecke: Rijeka
  • Wohnort: München

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von Knubbler »

Hallo zusammen,
ich denke ich muss mich outen, ich habe Apfelbeck gelesen. Ich war jung und brauchte das... :oops:
Eine Flow Bench ist lediglich ein Werkzeug. Ohne das Wissen eines entsprechenden Bedieners sind es lediglich schöne Kurven, ohne wirkliche Aussagekraft.
Vergleichbar mit jemand, der durch die Fensterscheibe die Außentemperatur an der nächsten Wand messen möchte und dafür eine hochwertige Infrarot Thermo-Pistole verwenden will. Doch die Pistole hat Einstellungen für den Emissionsgrad der Oberfläche und den Transmissionsgrad der Glasscheibe. Und wenn man daran rumspielt hat man draußen schnell mal 100°C Temperatur am Display oder mehr, aber nicht die echte Temperatur. Was ich damit sagen will, ein Start Knopf an etwas ist schnell gedrückt, aber es gehört oft ein bisschen mehr dazu, um zum aussagekräftigen Ergebnis zu kommen.

Um auf die Frage einzugehen, ob es Sinn macht mehr Ventilhub zu haben als der Kanal an Durchfluss kann. Das kommt darauf an, ob es überhaupt möglich ist mit den Gegebenheiten im Ventiltrieb. Man möchte ja nicht die Steuerzeiten verlängern, nur um mehr Hub zu erhalten. Damit würde man sich eher Verluste erkaufen als eine höhere Zylinderfüllung. Also möchte man die selben Steuerzeiten behalten und trotzdem einen höheren Hub. Dafür braucht es eine höhere/längere Ventilbeschleunigung und das führt zu einer größeren Ventilgeschwindigkeit, dabei kommt es darauf an, ob das mit dem jeweiligen Nockenfolger möglich ist. Meistens sind da etwas Reserven in der Serie, es wäre also wohl machbar.
Im Apfelbeck Buch oder auch anderen liest man oft sowas wie "Der maximale Nockenhub sollte ~28% des Ventildurchmessers nicht übersteigen". Dazu mal ein schönes Beispiel, die Ventilerhebungskurven der Pannigale 1199 zur Superduke 1290.

Bild

Man sieht auf den ersten Blick die Ducati übersteigt die 28% ein "bisschen". Aber macht das Sinn? Ja das tut es.
Vernachlässigen wir mal kurz die etwas längeren Steuerzeiten der Duc und nehmen an beide Kanäle lassen nicht mehr als 11,5mm Hub zu vom Durchfluss. Der Inhalt der abgeschnittenen Pannigale Kurve wäre trotzdem deutlich größer als von der Superduke und das will man ja letztendlich. Also kann man sagen, wenn es der Ventiltrieb hergibt, macht es durchaus Sinn so viel wie möglich Hub zu generieren.

Dann meintest Du noch es würde so aussehen, dass die Fallstromkanäle garkeinen Vorteil haben zur Yamaha mit ihrem Abwasserohr Bogen... Äh Einlasskanal. Ja so scheint es, wenn man sich nur den Durchfluss anschaut. Und genau das ist der Punkt, es scheint nur so, denn hier kommt der Hintergrund dazu ins Spiel. Unsere Luft ist ein Gas und damit hat sie auch eine Masse inklusive Trägheit.
Man stelle sich vor man baut sich eine super low cost Flow Bench mit einem alten PC Lüfter. Damit würde man zu dem Ergebnis kommen, dass durch den Kanal quasi unendlich viel durch geht, denn es baut sich sogut wie kein messbarer Widerstand auf. Das andere Extrem wäre, zu versuchen durch Saugen mit irre viel Saugleistung im Einlasskanal Überschall Geschwindigkeit zu erreichen. Das wird man aber nicht so einfach schaffen, denn die Turbulenzen drosseln den Luft Strom ab einer gewissen Geschwindigkeit.
Zurück zum eigentlichen Versuch. Die Geschwindigkeit im Kanal bei meiner Messung lag "lediglich" zwischen 90 und 100m/s. Im echten Betrieb vom Motor liegen die Gasgeschwindigkeiten in der Spitze noch eine ganze Ecke darüber. Es gibt da auch schöne Labor Messungen an echten Motoren. Die Flow Bench bildet also nicht die Wirklichkeit ab, denn da wird die MT07 schlechter abschneiden als die anderen zwei. Luft möchte bei höher Geschwindigkeit nicht mehr um die Ecke, wenn doch entzieht man ihr kinetische Energie.
Wie Elle schon angeschnitten hat gibt es neben der Trägheit der Gassäule, die den Brennraum gegen den aufwärts laufenden Kolben noch weiter befüllt, auch die Resonanz im Kanal. Wenn sich das Einlassventil öffnet und der Kolben (bzw eigentlich der Auspuff als erstes) ansaugt, dann entsteht am Sitzring eine negative Druckwelle. Diese wandert dann mit der Schallgeschwindigkeit des Kraftstoff/Luft Gemisches nach oben und wird am offenen Ende wieder reflektiert. Dann wird daraus aber eine positive Druckwelle und wenn man alles genau richtig abstimmt, kann man sie beim schießenden Einlassventil als extra Aufladung benutzen. Man sieht diese Resonanzen auch im Drehmoment Verlauf, wenn der Prüfstand entsprechend genau misst.
Abschließend nochmal, nur der Durchfluss alleine ist zu wenig um einen Kanal zu beurteilen. Man sollte auch den Verlauf kennen und daraus eine Grundlage der Interpretation machen, zB über die tatsächliche Gasgeschwindigkeit. Würde man diese Faktoren nicht mit einbeziehen, dann würde man einfach nur größere Ventile einbauen und den Kanal maximal vergrößern um viel Flow zu generieren. Das verschlechtert aber am Ende mehr, als es hilft.
Danke für die Aufmerksamkeit und gute Nacht
Zuletzt geändert von Knubbler am Dienstag 2. August 2022, 11:20, insgesamt 1-mal geändert.
  • Benutzeravatar
  • Elle Offline
  • Beiträge: 391
  • Registriert: Montag 9. Juli 2007, 11:38

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von Elle »

ohh man... soviel Prosa :shock:
"Development is only necessary because of the stupidity of designers" – Keith Duckworth.
  • Benutzeravatar
  • scm Offline
  • Beiträge: 963
  • Registriert: Samstag 6. Oktober 2007, 13:24
  • Wohnort: Grafing bei München

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von scm »

Elle hat geschrieben: ... Und je schneller Du das Absperrventil auf die 10l/min Einstellung öffnen kannst, desto schneller
ist der Eimer voll. Nix Druckwellen. Nix Hokus-Pokus. Nix Schwarze Magie.
Nicht dein Ernst, oder?
Sorry daß ich da jetzt nochmal drauf rumreite, aber genau das war doch meine eingangs gestellte Frage:
scm hat geschrieben:Ich frage mich gerade, ob [ ... ] der wesentliche Vorteil von Nockenprofilen mit mehr Hub
ist nicht der größere Hub an sich, sondern der Umstand daß die min. 9mm früher erreicht und
länger gehalten werden?
Warum zum Henker erzählst du mir erst "Nein, ist nicht der Fall", was von Liefergrad und Absolutvolumenstrom,
von schwarzer Magie und Hokuspokus, und jetzt, nach seitenlangem Hin und Her ist deine Antwort plötzlich:
"Ja, seh ich auch so."

Etwas verständnislose Grüße
Sven
  • Benutzeravatar
  • Elle Offline
  • Beiträge: 391
  • Registriert: Montag 9. Juli 2007, 11:38

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von Elle »

Hi Sven, ich weiß nicht wo es bei Dir klemmt, aber Deine Frage war, ob es beim Vergleich unterschiedlicher Nockenwellen nicht sinnvoll wäre den Bereich über 9mm abzuschneiden.

Zitat:
Ich frage mich gerade, ob der waaagrechte Verlauf ab ca. 9mm Ventilhub nicht auch
bedeutet, daß man beim Vergleich von verschiedenen Nockenwellen sozusagen "den
Ventilhub ab diesem Wert abschneiden" sollte, weil alles darüber Hinausgehende keinen
größeren Volumenstrom mehr produziert?
Und das ist, wie Du selbst bemerkt hast, Mumpitz. Mein Gleichnis mit dem Wasserschlauch lässt sich auch erweitern. Die 10l/min stehen bei 5000 min^-1 zur Verfügung. Welche Aussage macht das Axiom der Massenerhaltung für 10000 min^-1?

Eine weitere Frage von Dir war, ob Tuningwellen mit mehr Hub in ihrer Wirkung nicht überschätzt werden.

Das lässt sich, wie jede Fragestellung im Ingenieurwesen, nicht pauschal beantworten. Mancheiner will halt was von der Landschaft sehen. Da machen Wellen mit mehr Hub natürlich keinen Sinn. Da nimmt man besser ein Fahrrad.
"Development is only necessary because of the stupidity of designers" – Keith Duckworth.
  • Benutzeravatar
  • scm Offline
  • Beiträge: 963
  • Registriert: Samstag 6. Oktober 2007, 13:24
  • Wohnort: Grafing bei München

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von scm »

Ach verdammt, das hatte ich völlig übersehen ...
Jetzt ist alles klar!

Viele Grüße und vielen Dank für deine Geduld!
Sven
  • Benutzeravatar
  • Elle Offline
  • Beiträge: 391
  • Registriert: Montag 9. Juli 2007, 11:38

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von Elle »

Du hast Deine eigene Fragestellung übersehen, oder wie soll ich das verstehen?
"Development is only necessary because of the stupidity of designers" – Keith Duckworth.
  • Benutzeravatar
  • Elle Offline
  • Beiträge: 391
  • Registriert: Montag 9. Juli 2007, 11:38

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von Elle »

scm hat geschrieben: Worauf ich hinauswill ist, ob man Tuningnocken in ihrem Potential nicht überschätzt,
wenn man sie nur nach ihrem Querschnitt (Integral Hub dphi) beurteilt.

Gruß
Sven
Die Angabe des Winkelquerschnitts allein wäre völlig beliebig, da mit irgendeinem Bewegungsgesetz erfüllbar. In dem Zusammenhang musst Du aber auch den Begriff "Potential" besser präzisieren.
"Development is only necessary because of the stupidity of designers" – Keith Duckworth.
  • Benutzeravatar
  • Knubbler Offline
  • Beiträge: 600
  • Registriert: Montag 5. Oktober 2015, 19:55
  • Motorrad: SV 650
  • Lieblingsstrecke: Rijeka
  • Wohnort: München

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von Knubbler »

Hallo zusammen,
hier ein kleiner Bericht zum aktuellen Geschehen der Flow Bench. Am Einlasskanal des SV650 Zylinderkopf habe ich mich ja bereits verkünstelt und 17% mehr Flow durch den gleichen Kanal erzielen können (Zur Erinnerung KLICK MICH ).
Das gleiche möchte ich jetzt beim Yamaha MT07 Zylinderkopf durchführen. Daher stand am Anfang die Analyse des Kanals.

Bild

Da muss dazu gesagt werden, die MT hat keinen Fallstromkanal und auch nicht wirklich aerodynamische Tricks darin. Jedoch ist der Einlasskanal selbst gerade mal halb so lang wie der SV Kanal. Der letzte Teil der Einspritzung gehört in diesem Fall zum Kanal dazu und muss mit betrachtet werden im Verlauf, deshalb habe ich ihn auch mit abgegossen.
Die MT ist serienmäßig auf Drehmoment im unteren Drehzahlbereich ausgelegt und danach imitiert sie eine Luftpumpe, das zeigt sich ganz deutlich im Ansaugtrakt und den Nockenwellen. Für die Straße aber bestimmt sehr schön zum Fahren, jedoch für die Rennstrecke [-X
Aber da lässt sich was machen. Zuerst die Einspritzung, serienmäßig 38er Klappen. Man sagt "41mm wäre das Limit des machbaren". Das stimmt solange man Eindimensional denkt, aber ich bin mehr so ein Eckendenker :mrgreen:
Daher habe ich das Gehäuse ausgereizt und 42,5er Klappen untergebracht, die freie Fläche steigt um 31%.

Bild

Bild

Bild

Bleibt "nur" noch der Zylinderkopf. Der bedarf viel mehr Arbeit als ein vergleichbarer SV Kanal. Es musste an einigen Stellen viel Material raus, dass es schon knapp zum Durchbruch wird, das wäre aber nicht allzu tragisch, da man durch den kurzen Kanal gut zum Schweißen hinkommt. Jedoch habe ich den Kanal nicht einfach nur groß von vorne bis hinten gemacht, ich möchte ja am Ende die Qualität der Strömung verbessern.

Bild

Was am Ende dabei raus kommt und ob ich wirklich mehr Strömung pro Fläche erreiche, das seht ihr in der nächsten Folge. Stay tuned :wink:
Zuletzt geändert von Knubbler am Dienstag 2. August 2022, 11:23, insgesamt 1-mal geändert.
  • Benutzeravatar
  • doctorvoll Offline
  • Beiträge: 6367
  • Registriert: Mittwoch 12. Juli 2006, 22:15
  • Motorrad: RN 32/ SC 59
  • Lieblingsstrecke: Barcelona/ Portimao
  • Wohnort: Laguna Seca

Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Kontaktdaten:

Beitrag von doctorvoll »

Aalter ein Glück bin ich zu doof um mir um sowas Gedanken zu machen.......
Hut ab Knubbler....
......die einen betreiben Rennsport- die anderen reden nur darüber.....
www.tyroo.de
Antworten