Hallo zusammen,
ich denke ich muss mich outen, ich habe Apfelbeck gelesen. Ich war jung und brauchte das...
Eine Flow Bench ist lediglich ein Werkzeug. Ohne das Wissen eines entsprechenden Bedieners sind es lediglich schöne Kurven, ohne wirkliche Aussagekraft.
Vergleichbar mit jemand, der durch die Fensterscheibe die Außentemperatur an der nächsten Wand messen möchte und dafür eine hochwertige Infrarot Thermo-Pistole verwenden will. Doch die Pistole hat Einstellungen für den Emissionsgrad der Oberfläche und den Transmissionsgrad der Glasscheibe. Und wenn man daran rumspielt hat man draußen schnell mal 100°C Temperatur am Display oder mehr, aber nicht die echte Temperatur. Was ich damit sagen will, ein Start Knopf an etwas ist schnell gedrückt, aber es gehört oft ein bisschen mehr dazu, um zum aussagekräftigen Ergebnis zu kommen.
Um auf die Frage einzugehen, ob es Sinn macht mehr Ventilhub zu haben als der Kanal an Durchfluss kann. Das kommt darauf an, ob es überhaupt möglich ist mit den Gegebenheiten im Ventiltrieb. Man möchte ja nicht die Steuerzeiten verlängern, nur um mehr Hub zu erhalten. Damit würde man sich eher Verluste erkaufen als eine höhere Zylinderfüllung. Also möchte man die selben Steuerzeiten behalten und trotzdem einen höheren Hub. Dafür braucht es eine höhere/längere Ventilbeschleunigung und das führt zu einer größeren Ventilgeschwindigkeit, dabei kommt es darauf an, ob das mit dem jeweiligen Nockenfolger möglich ist. Meistens sind da etwas Reserven in der Serie, es wäre also wohl machbar.
Im Apfelbeck Buch oder auch anderen liest man oft sowas wie "Der maximale Nockenhub sollte ~28% des Ventildurchmessers nicht übersteigen". Dazu mal ein schönes Beispiel, die Ventilerhebungskurven der Pannigale 1199 zur Superduke 1290.
Man sieht auf den ersten Blick die Ducati übersteigt die 28% ein "bisschen". Aber macht das Sinn? Ja das tut es.
Vernachlässigen wir mal kurz die etwas längeren Steuerzeiten der Duc und nehmen an beide Kanäle lassen nicht mehr als 11,5mm Hub zu vom Durchfluss. Der Inhalt der abgeschnittenen Pannigale Kurve wäre trotzdem deutlich größer als von der Superduke und das will man ja letztendlich. Also kann man sagen, wenn es der Ventiltrieb hergibt, macht es durchaus Sinn so viel wie möglich Hub zu generieren.
Dann meintest Du noch es würde so aussehen, dass die Fallstromkanäle garkeinen Vorteil haben zur Yamaha mit ihrem Abwasserohr Bogen... Äh Einlasskanal. Ja so scheint es, wenn man sich nur den Durchfluss anschaut. Und genau das ist der Punkt, es scheint nur so, denn hier kommt der Hintergrund dazu ins Spiel. Unsere Luft ist ein Gas und damit hat sie auch eine Masse inklusive Trägheit.
Man stelle sich vor man baut sich eine super low cost Flow Bench mit einem alten PC Lüfter. Damit würde man zu dem Ergebnis kommen, dass durch den Kanal quasi unendlich viel durch geht, denn es baut sich sogut wie kein messbarer Widerstand auf. Das andere Extrem wäre, zu versuchen durch Saugen mit irre viel Saugleistung im Einlasskanal Überschall Geschwindigkeit zu erreichen. Das wird man aber nicht so einfach schaffen, denn die Turbulenzen drosseln den Luft Strom ab einer gewissen Geschwindigkeit.
Zurück zum eigentlichen Versuch. Die Geschwindigkeit im Kanal bei meiner Messung lag "lediglich" zwischen 90 und 100m/s. Im echten Betrieb vom Motor liegen die Gasgeschwindigkeiten in der Spitze noch eine ganze Ecke darüber. Es gibt da auch schöne Labor Messungen an echten Motoren. Die Flow Bench bildet also nicht die Wirklichkeit ab, denn da wird die MT07 schlechter abschneiden als die anderen zwei. Luft möchte bei höher Geschwindigkeit nicht mehr um die Ecke, wenn doch entzieht man ihr kinetische Energie.
Wie Elle schon angeschnitten hat gibt es neben der Trägheit der Gassäule, die den Brennraum gegen den aufwärts laufenden Kolben noch weiter befüllt, auch die Resonanz im Kanal. Wenn sich das Einlassventil öffnet und der Kolben (bzw eigentlich der Auspuff als erstes) ansaugt, dann entsteht am Sitzring eine negative Druckwelle. Diese wandert dann mit der Schallgeschwindigkeit des Kraftstoff/Luft Gemisches nach oben und wird am offenen Ende wieder reflektiert. Dann wird daraus aber eine positive Druckwelle und wenn man alles genau richtig abstimmt, kann man sie beim schießenden Einlassventil als extra Aufladung benutzen. Man sieht diese Resonanzen auch im Drehmoment Verlauf, wenn der Prüfstand entsprechend genau misst.
Abschließend nochmal, nur der Durchfluss alleine ist zu wenig um einen Kanal zu beurteilen. Man sollte auch den Verlauf kennen und daraus eine Grundlage der Interpretation machen, zB über die tatsächliche Gasgeschwindigkeit. Würde man diese Faktoren nicht mit einbeziehen, dann würde man einfach nur größere Ventile einbauen und den Kanal maximal vergrößern um viel Flow zu generieren. Das verschlechtert aber am Ende mehr, als es hilft.
Danke für die Aufmerksamkeit und gute Nacht