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T-Cup 2014

Infos zu und mit Veranstaltern, aber auch zu anderen Themen,
über die es sich lohnt zu sprechen!

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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von Hajo »

@Torsten: Ich war da aber nur als Zuschauer. Was die Jungs da anstellen, ist definitiv "closer to the egde". Dazu fehlt mir dann doch irgendwie das letzte Stück der Vernunft. Bei zwei Rennen gab es jeweils einen Toten. Das rauscht da in den Nachrichten über den Manx TT Sender so mit durch, kurzes Statement, dass man an die Familien denkt usw., dann wieder weiter im Text...

Die TT ist jedenfalls in jeder Beziehung einzigartig, muss man mal erlebt haben :shock: 8)

Text dazu kommt also nicht, Text zum Sari fehlt aber noch und DER kommt :twisted:
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  • heinzmungu Offline
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von heinzmungu »

Haaajoooooooo :D :D
Wann geht's denn weiter mit deinen herzerfrischenden Berichten?

Du hast es versprochen :barney: :wink:
Das geht noch schneller!!

http://www.HighsideTours.de
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von Hajo »

Asche auf mein Haupt, ich komm nicht zum Texten. Dieses Jahr hab ich es mir terminmäßig richtig besorgt. Und arbeiten muss ich ja auch noch irgendwann :oops: :roll: Ich war nach dem Sari schon in Hockenheim und letztes Wochenende in Oscherleben. Biete aktuell neue Kurse an: "Wie fahre ich gefühlvoll 1:36,03 mit einem 102PS Motorrad" und als Aufbaukurs dazu ist im Programm "Wie stürze ich richtig über das Vorderrad beim Versuch, aufs Podium zu fahren".

Beides Geschichten, die auch noch auf ihre Verschriftlichung warten. Muss die nächsten Tage Buchführung machen, dann hab ich evtl etwas Zeit :-)
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von Shorty3446 »

Ich bin zwar grad erst am Anfang meiner Kringel Laufbahn, aber ich kann mir deine Situationen so richtig Vorstellen. Echt klasse geschrieben ! Mach weiter so ! Bin schon auf die nächsten Texte gespannt. :dancing:

Gruß Tobi
18.05 - 19.05.15 OSL Hafeneger
15.06 - 16.06.15 OSL FR-Performance
15.08 - 16.08.15 OSL Hafeneger


Es gibt immer einen
der schneller ist als du.
Also mach platz!
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von Hajo »

Nach langer Zeit mal wieder ein paar Zeilen über die Leiden der alternden #45. Ist bereits in der Facebookwelt erschienen, aber weil bei dieser Datenkrake zum Glück nicht jeder angemeldet ist, gern in dieser alten Forenwelt zum Nachlesen:

Hockenheim, 06.-07.09.2014: Kein Training ist auch keine Lösung:

Heike hatte gemailt. Heike ist die gute Seele des T-Cups. Ich mag Heike. Heike ist nett. Leider aber auch manchmal der Überbringer seltsamer Dinge. Ich blickte konsterniert auf den im Anhang befindlichen Zeitplan für Hockenheim. Sie hatten es wieder getan. Die eh nicht üppige Fahrzeit des T-Cups bei vollem Bewusstsein auf drei Tage aufgeteilt. Ich begriff es einfach nicht. Nein, ich fand es sogar absurd. Niemals in den Jahren 2008-2010 hatten es die Oberen gewagt, den eh schon mit relativ wenig Fahrzeit gesegneten Cup auf drei Tage zu verteilen. An die Geschäftsleitung daher hier der Hinweis: Ich will Rennen fahren und keinen Urlaub an der der Rennstrecke machen, danke. „All we can do is sit and wait“ sang einmal ein Barde im Radio. Und so war es dann auch. Aber dazu später mehr. Jetzt musste ich mich erst mal entscheiden. Der einzige Freitags-Termin für das freie Training war auf 18:20 Uhr deutscher Zeit angesetzt. Um Reifen und Fahrer vernünftig darauf vorzubereiten, war eine Ankunft um 17 Uhr nötig. Bei angehängter Schlepphütte und mehr als 400km Anreise eine Abfahrt um 12 Uhr also unabdingbar. Noch nicht eingerechnet den freitäglichen Wahnsinn auf deutschen Asphaltpisten. Kurzum, ich hätte einen Tag Urlaub opfern müssen und das Abendessen mit der Familie. Zu beidem war ich nicht bereit.

So begab es sich, dass ich erst Freitagnacht um 0:30 Uhr im Fahrerlager aufschlug, mich 34min nach einer freien Steckdose in den üppig vorhandenen Stromverteilern umschaute und mein Lager direkt neben einer Reifenmontierbutze aufschlug. Dies merkte ich freilich erst, als mich am kommenden Morgen um 8 Uhr liebliches Kompressordröhnen aus dem Schlaf riss. Ich drehte mich aber nochmal um. Schließlich war das erste Zeittraining erst um 11 Uhr. Wenn ich an diesem Wochenende etwas hatte, war es Zeit! Ausschlafen, Körperpflege, Mopped ausladen, Vorzelt aufbauen, Werkbank einrichten, alles in absoluter Ruhe und im Einklang mit mir, der Natur und Elena (die dreizylindrische Einsatzdame) möglich. Fast schon lethargisch schleppte ich mich um 10 Uhr zum ersten offiziellen Termin. Nein, keine Ausfahrt auf die Strecke, sondern Fahrerbesprechung. Wie sollte es anders sein, es gab nichts weltbewegend Neues. So nutzte ich die schon wieder vorhandene Zeit, Ansagen zu machen. Ich, Hajo, der Fünfundvierzigste, Hüter des allwissenden Bremspunktes würde trotz acht Wochen Rennpause seit dem Ausrutscher in Oleben und seither mit komplett fehlender Fahrpraxis ausgestattet, trotzdem da rausgehen und alles niederbrennen. So war es dann auch, aber leider etwas anders als erhofft. Und leider auch zu Lasten eines netten Fahrerkollegen, bei dem ich hiermit öffentlich Abbitte leiste. Ich drücke alle Daumen, dass es nur eine Prellung ist und hoffe, dich in Brünn auf der Strecke zu sehen. Gute Besserung in jedem Fall.

Jedenfalls war Samstag morgen noch klar, ich würde im zweiten Turn den Rundenrekord brechen. Ging ja auch gar nicht anders, musste ja im ersten Turn noch einen Funktionstest der frisch renovierten Elena durchführen. Der Funktionstest funktionierte. Elena funktionierte. Nur die #45 funktionierte noch nicht. Mit passablen Reifen und ein paar vorsichtigen Testrunden eröffnete ich die Hatz und presste ich mir zum Ende des ersten Zeittrainings mit viel Gehacke eine 1:39,3 aus den Rippen. Da war es wieder, das Thema Zeit. Zeit hatte ich diesmal überall im Überfluss, nur nicht auf der Strecke. Ab dem ersten Meter ging es scharf. Das erzeugt Druck. Ich brauche normal ein wenig freies Fahren, um meine Speedanhangdrüsen zu synchronisieren und alle Parameter zu justieren. So passierte, was passieren musste, ich stand auf Platz 16. Bei drei Startern pro Reihe bedeutete das Startreihe 6. Unwürdig, aber noch änderbar. Ich war nur 1,5sek von „meinen“ Lieblingsspielkameraden entfernt. Das musste im zweiten Turn doch gehen. Ging es aber nicht. Es passte nix. Kein Grip, kein Vertrauen zum Vorderrad, keine Schräglage, kein gar nix. Ich fand bei dem ganzen Druck einfach keinen „Flow“, wie Andre sagen würde. Ich sprang auf Elena eher rum wie ein Teenager, der das erste Mal an Silke fummelte und sich fragte, ob das da überhaupt das richtige Loch war oder ob er schon zu weit hinten war.

Mit einer 1:39,1 festigte ich jedenfalls meinen sechszehnten Startplatz. Ich war begeistert. Das würde ne enge Nummer. Im Pflichtenheft stand ein brutaler Start ganz außen an der Mauer und dann terriermäßig in den Vorderleuten verbeißen. Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gefühl dabei. Die Zeit verging zäh. Quälend langsam schaute ich der Uhr meines Funkfernsprechers dabei zu, wie sie Zahlen zu immer neuen Pärchen zusammenführte. Schließlich stand vorne tatsächlich eine „17“. Als ich es fast nicht mehr vermutete sprang der Zeitenmesser auf „18“. Da zusätzlich der dritte Aufruf vom hübschen Micha erfolgte, rollte ich mit frischen Reifen in die Startaufstellung. Während ich im Fahrerlager fast verstarb an Langeweile ging es mir auf der Strecke diesmal alles zu schnell. Ich war mental einfach noch nicht gut drauf. Man könnte auch sagen, ich war noch defekt. Hatte aber nun keine Zeit mehr, daran vernünftig zu arbeiteten. Ich drehte also den grünen Schalter rechts im Cockpit auf den Modus „Race“ und schaute, was passieren würde. Hatte ja eh keine Wahl mehr.

Die Ampel blieb lange rot, ich kam halbwegs gut weg, presste mich nach außen und überholte in den ersten beiden Kurven einige Kontrahenten. Vor mir nun Jörn Kaufmann und Herrscharen von anderen Racern. Ich suchte nach meiner Form, rutschte aber immer noch wie ein Primat auf Elena herum. Änderte aber nichts daran dass ich mir schwor, dranzubleiben, nur erstmal dranbleiben, verdammt. Ich musste einfach dran bleiben. Schon wieder dieses Wort: „Muss“. War noch nie ein guter Lehrer, der Herr „Muss“. Wider besseren Wissens ließ ich den Druck zu. Die Lücke zu Jörn wurde nach einer leidlich getroffenen Ameisenkurve ein paar Meter größer. Ich entschied mich, the Big One auszupacken. Ich wühlte mich durch den vor mir befestigten Tankrucksack und fand ihn schließlich, den großen Bremshammer der Güteklasse 2A. Ich schwang ihn und bremste später als meiner Schwiegermutter lieb war. Das Ergebnis beeindruckte mich. Ich hatte vor dem Rennen auf Originalbeläge gewechselt, weil ich mit Handkraft und Ansprechverhalten der CRQ Teile unzufrieden war. Der Bremshammer meiner rechten Hand im Zusammenspiel mit den bissigen Originalbelägen sorgte für einen Stoppi bei weit über 200km/h. Oha.

Nicht nur mir entlockte dieses Verhalten ein gewisses Zucken. Auch Elena kam unsanft mit dem Arsch auf, als ich den Bremshammer wieder einpackte. Nachdem wir uns ein wenig geschüttelt hatten, rauschte Jörn brutal schnell heran. Im nächsten Augenblick war er auch schon vorbei. Ich war definitiv zu schnell. Die Showeinlage auf der Bremse sorgte dafür, dass Einlenkpunkt und Geschwindigkeit niemals zusammen passen würden. Ich bremste härter, dass Hinterrad stieg schon wieder, ich sollte Stuntfahrer werden. Direkt vor meinem Visier tauchte ein „P“ auf. Es wurde größer und verfärbte sich zunehmend blutrot je näher das Kiesbett kam. Als es so groß war, dass ich nur noch rot sah, stellte ich die Streety komplett aufs Vorderrad.

Exakt 3,4cm (kein Witz) vor dem Kiesbett kam Elena in einem gefühlten Winkel von 45 Grad zum Stehen und setzte Bruchteile von Sekunden später auch mit dem Arsch auf. Das Cockpit signalisierte den vierten Gang. Während ich rückwärts zurückschob!, sortierte ich meine Gänge und ließ gleichzeitig, nett wie ich bin, das gesamte Feld passieren. Von diesem Stoppy erholte ich mich nicht mehr. Die eh schon wenige Luft war nun komplett raus. Ich überholte die selbsternannten Turtleanwärter mühevoll, drückte mir dann irgendwie noch eine 1:38,5 aus der Kombi und beendete das Rennen als 18ter, glaub ich jedenfalls. Hab mit so hohen Zahlen wenig Erfahrung. Den Tag konnte man getrost als Streichergebnis ansehen. So blieb die Hoffnung auf einen besseren Sonntag, immerhin durften wir da schon in aller Frühe um 10 Uhr für volle 10min auf die Strecke. Um nicht zu verschlafen, ging ich um 21 Uhr ins Bett. Ich verschlief tatsächlich nicht. Das sollte aber fast das Einzige sein, was am Sonntag klappte…

Teil 2: Bodenwellen:

Mein smartes Telefon kam dem Kompressor zuvor. Ich lag bereits wach im Bett, als der holländische Nachbar seinen Tag begann. Es war kurz nach 8 Uhr, ich hatte meiner neuwertigen Nespresso-Maschine schon den ersten Kaffee entlockt und war in einen Artikel der „Motorrad“ vertieft. Ein Redakteur war mit einer MTX80 auf Zeitreise gegangen. Er wiederholte eine Tour nach Holland, die er bereits vor 30 Jahren als Jugendlicher mit eben jener 80er gefahren hat. Ich erinnerte mich unweigerlich an eine Fahrt nach Westberlin, die mich anno 1988 über die Transitstrecke von Helmstedt bis zum Bahnhof Zoo brachte. Ich fragte mich, ob ich wohl auch so scheiße aussehen würde, wenn ich meinen gealterten Körper nochmal auf eine RD 80 LC2 werfen würde. Die MTX hing unter dem enormen Gewicht des Autors hinten optisch auf Block. Nichtsdestotrotz las ich den Bericht mit einem Lächeln im Gesicht und überlegte insgeheim, ob man in den üblichen Anzeigenmärkten wohl eine weiß-rote Yamaha mit Pichler-Vollverkleidung finden würde. Aber wollte ich wirklich zurück in die Zeit, in der ich für 5 Euro tankte und damit mein gesamtes Erspartes auf den Kopf gehauen hatte? Früher war nicht alles besser, aber es gab zumindest noch keine vollautomatischen, 1300 Watt starken Kaffeemaschinen, die mit blauen und roten LEDs illuminiert sind und mit 19bar heißes Wasser durch Kapseln drücken, die in extra dafür geschaffenen Designerläden teilweise mehr kosten als früher ein ganzer Liter Benzin. Eigentlich total bekloppt, so eine Maschine zu kaufen. Selbst die Nachbaukapseln kosten pro Stück ca. 20 Cent. Für 110ml Kaffee! Heißt dann zwar in der Nespressosprache „Lungo“ , aber das macht es irgendwie auch nicht besser.

Bevor ich jedoch noch tiefer über Dinge sinnierte, die die Welt nicht braucht, legte ich die MTX80 lieber zur Seite und prüfte den Zustand meines amtlichen Ziehungsgerätes mit Namen Elena. Es war Sonntag morgen, ich hatte mich in einem Anfall von altersbedingter Schwäche quasi schon vor dem Sonnenuntergang zur Ruhe gelegt und war nun voller Tatendrang. Die Reifen meines Boliden waren nur das samstägliche Rennen gelaufen und ich beschloss, sie auch für das zweite Rennen einzusetzen. Neue Reifen hatte ich mir noch nicht verdient. Nachdem die Reifenwärmer montiert und der Bolide getankt war, war es bereits 9 Uhr. Uuiii, nur noch 60min bis zu meinem ersten Turn des Tages. Er stand in Form eines 10minütigen WarmUps bevor, das allen Rennserien zustand. Bis es soweit war, strich ich mein Haar glatt und toastete mir einen Toast. Michael Polenz aka Hasifumi hatte mir angeboten, mit seiner blauen Rakete ein wenig vorzufahren, um mir an der einen oder anderen Ecke einen Denkanstoß zu geben, wo ich noch Zeit liegen lasse. Im Vollbesitz meiner Kräfte tütete ich Hasifumi regelmäßig ein, umso bemerkenswerter war sein Angebot, mich „schnell“ zu machen. Eins der Dinge, die den T-Cup so besonders machen. So wartete Michael also brav an der Boxenausfahrt und düste erst los, als ich um die Pylonenecke kam und freundlich mit dem Helm nickte.

Ich brauchte dringend einen freien Kopf fürs Rennen und versuchte krampfhaft locker zu sein. War noch verbesserungswürdig. Wir reihten uns in einer ganzen Gruppe Zünder ein. Getreu dem Motto „Komm ich heut nicht, komm ich gar nicht“ fackelte Micha nicht lange und drückte sich ab der ersten fliegenden Runde an den ersten Opfern vorbei. Ich hatte meine liebe Mühe, es ihm gleich zu tun, kam aber auch besser in Tritt und folgte „gefühlvoll“. Micha hatte bereits drei Moppeds Vorsprung, ich suchte etwas nachdrücklicher nach Lücken. Auf Start/Ziel lief ich auf Bob Schweiz II in Form von Chirgel Furrer auf. Während ich noch darüber nachdachte, dass sich Schweizer zuweilen seltsame Namen gaben, näherte sich die Rechts am Ende der Zielgeraden. Sie ist eine Mutecke. Man muss lang stehen lassen, kurz hart anbremsen, den Boliden unter Zug durch den Scheitelpunkt laufen lassen und sofort danach wieder ans Gas. Ich traf die Ecke gut, fast schon zu gut und lief sehr schnell auf den kleinen Schweizer auf. Ohne Korrektur der Linie würde sich das nicht ausgehen. Da es schon ziemlich dämlich wäre, im freien Training einen neutralen Schweizer abzuräumen, lupfte ich das Gas. Fand mein Vorderrad nicht lustig. Der fehlende Druck sorgte für einen kurzen aber blutdrucksteigernden Rutscher. Das Adrenalin schwappte umgehend unter der Schädeldecke, aber Elena stabilisierte sich mit leicht angelegtem Gas schnell wieder. Nochmal gut gegangen, meinen Reflexen schien die lange Nacht gut getan zu haben. Ich hatte ein leichtes Grinsen auf den Lippen und die Elena und der Hajo waren sich endlich ein wenig näher gekommen.

In den folgenden zwei Runden war alles ganz einfach. Stephan „Meyer Zwo“ und ich glaub Alwin besorgten es sich vor mir, dass es eine wahre Freude war, dabei zuzusehen. Da ich aber nun endlich dem honorigen Herrn Polenz folgen wollte, schnappte ich mir beide in der Mercedeskurve und ließ es mir nicht nehmen, den bremsstarken Stephan außen rum zu erlegen. Nach einer Runde hatte ich die Lücke zu Hasifumi zugefahren und war sehr enttäuscht, als im Motodrom die roten Flaggen auftauchten. 10min Spielzeit schon wieder vorbei. Schade. Der gestreckte Daumen signalisierte meinen Dank an Hasi, ich war endlich bereit für das zweite Rennen.

Doch bevor es losgehen konnte, stand noch ein Gespräch mit Flü an. Flü ist Bridgestone und mindestens so nett wie Heike, aber auch er überbringt manchmal seltsame Dinge. Unsere Gespräche haben ein gewisses Ritual. Wenn ich ihn frage, ob ich mit einem Hinterreifen zwei Rennen fahren kann, sagt er mir stets, dass das kein Problem wäre. Um dieses leicht geschäftsschädigende Verhalten abzustellen, diskutieren wir dann immer so lange, bis der Flü irgendwann sagt, dass ein neuer Reifen natürlich IMMER mehr Grip hätte als ein angefahrener, aber man schon sehr viel fahrerische Qualität haben müsse, um den Unterschied zwischen einem zehn Runden alten Reifen und einem neuen Slick wirklich ausnutzen zu können. Ich grinse dann immer kurz und lasse, eh klar, neues Material montieren. So stand Elena also mit neuem Hintereifen, aber gebrauchtem Vorderreifen in der Vorzeltbox und wartete. Das letzte Rennen mit einer solchen Mischbereifung fand in OSL statt und endete mit einem Zitat: „Rutsch schneller“. Ausgesprochen von Oliver Martin. Ich war formatfüllend direkt vor ihm übers Vorderrad gestürzt und lag ihm im Weg. Das wollte ich dieses Mal verhindern. Was soll ich sagen, das zumindest hat auch geklappt, Oli lag ich jedenfalls nicht im Weg.

Mein bereits vertrauter Startplatz begrüßte mich oberflächlich, wusste er doch, dass unsere Beziehung nicht von Dauer sein würde. In weiter Ferne begann der Fahnenschwenker die Reihen einzeln auf die Reise zu schicken. Ich übte mich im schnellen Einkuppeln und hetzte dem Feld hinterher. Die erste Runde ist immer etwas seltsam. Manche lassen es schon richtig krachen, ich bin immer in einer Mischung aus Respekt und einzelkindlicher Trotzigkeit unterwegs. (Erklär ich mal an andere Stelle). Nun denn, mein achtes Rennen der Neuzeit stand an, ich wollte auf jeden Fall weiter als zwei Runden kommen und endlich mal wieder ein Rennen sauber zu Ende fahren. Der Plan war gut, allein seine Umsetzung stand noch aus. Als die Ampel erlosch, erhob sich mein Vorderrad. Die Starts wurden besser, waren aber immer noch weit von der Perfektion entfernt. Es gelang mir, sich wieder in den ersten Kurven an einigen Kollegen vorbei zu mogeln. Auch Hasifumi und den Brandl Alfons erlegte ich früh. Vor mir sah ich Andre Reinke, der sich als Kopierer versuchte. Er schaffte es tatsächlich fast perfekt, mein brutales Bremsmanöver vom Samstag nachzustellen. Ich konnte leider das Ende nicht sehen, weil ich ja abbiegen musste, aber ich vermerkte mir, dass ich ihm nach dem Rennen zu dieser phänomenalen Vorführung unbedingt gratulieren musste.

Vor mir nun Familie Kaufmann. Wir waren bereits in Runde vier oder fünf. Ich hatte einen gewissen Rhythmus gefunden und stellte zufrieden fest, dass die Kaufmänner mir nicht abhauen konnten. Schön. Sel bst Oliver Martin leuchtete uns mit seiner gelben Airbagweste noch formatfüllend den Weg. Ich war im Spiel und tatsächlich schon deutlich weiter als zwei Runden gekommen. Bevor ihr nun aber denkt, die Geschichte endet mit einem Happy End, muss ich euch von ein paar Fehlern berichten. Fehler 1: Ich hatte keinen Laptimer montiert und wusste somit nicht, dass ich bei der Verfolgung der Kaufmannbande bereits eine37er Zeit gefahren war und mir nix mehr beweisen musste. Fehler 2: Ich machte mir eben deshalb Druck. Fehler 3: Ich wurde ungeduldig. Die Meute lauerte hinter mir, ich hörte sie in jeder Kurve. Das tat sie natürlich immer aber diesmal machte es mich nervös. Ich war einen Hauch schneller als Harald und Jörn, fand aber keine Lücke und fürchtete, dass die Terrier hinter mir langsam ungeduldig wurden. Sie würden nicht mehr lange warten, ich musste vorbei. So klebte ich also am Heck von Familie Kaufmann und wartete auf eine Gelegenheit. Ich sollte sie in der Ameisenkurve bekommen. Durch ein familieninternes Duell kam ich mit mehr Geschwindigkeit aus der Ecke und lief auf Vater und Sohn auf. Hier passierte Fehler 4: Ich ging nach innen. Trotz meines brutalen Gewichts schob ich mich bis auf gleiche Höhe. Wohl wissend, dass Harald mindestens ein ebenbürtiges Tier auf der Bremse war, war die Gelegenheit einfach zu gut, um sie auszulassen. Fehler 5: Als mich Harald und Jörn bemerkten und die Bremse leicht öffneten, tat ich es ihnen gleich, bin ja schließlich Einzelkind.

Die verhängnisvolle Kombination aus Fehler 4 und 5 sorgte dafür, dass ich keinen Plan B mehr hatte. Selbst bei absolut maximalster Verzögerung musste ich halbwegs die Innenbahn halten, um den beiden Kollegen außen Luft zu lassen. Die Bodenwellen in der Querspange kamen näher, ich wusste um das Problem, ließ Elena aber notgedrungen trotzdem voll auf der Bremse in die Kurve laufen. Ich versuchte den besten Kompromiss zwischen maximaler Bremse und weiter Linie zu finden, eine Wahl blieb mir eh nicht mehr. Schließlich befand ich es für angebracht, die Bremse zu lösen, die erste Bodenwelle musste jeden Augenblick kommen. Der Befehl verließ den Helm und machte sich auf den Weg zu meiner Bremshand. Ungefähr auf Höhe des Ellenbogens kam es zu einer Kollision. Eine Eilmeldung von meiner rechten Hand war auf dem Weg nach oben: „Bodenwellen voraus, Bodenwellen voraus!“ Als die Meldung unter dem Helm ankam, wusste ich: Egal was jetzt noch passiert, die Titanic würde untergehen. Ich hatte die Bremse zu spät gelöst. Verdammt.

Ich rutschte nur ein paar Meter und hoffte schon fast, dass es vielleicht gar keiner bemerken würde. Ganz schnell wieder aufspringen und zack, war gar nix passiert. Merkte aber natürlich jeder, ich erhielt später den Zusatz „Schneise“, weil ich eben jene in das Fahrerfeld geschlagen hatte und zu allem Überfluss räumte meine rutschende Elena auch noch Jörn ab. Noch nie in meiner Karriere hatte ich einen Kollegen vom Mopped geholt. Und nun das! Ich wollte im Boden versinken. Klappte aber nicht. Das Feld umkurvte uns Gott sei Dank ohne weitere Zwischenfälle und ich war heilfroh, als der junge Herr Kaufmann wieder stand. Er hielt sich aber die Schulter, was mein Gewissen nicht wirklich beruhigte.Ich wuchtete Elena hoch und sah, dass sie nur Kratzer hatte. Nix abgebrochen. Nach ca. 30 Sekunden hatte sich der verkackte Schräglagensensor endlich beruhigt und gab die Zündung wieder frei. Elena lief. Ich blickte zu Jörn und den Streckenposten, entschuldigte mich mit Gesten und rollte von dannen. Ich konnte hier nichts mehr tun.

Solange der Bolide läuft, wird ein Rennen zu Ende gefahren. So war es, so ist es und so wird es immer sein. Langstrecke prägt. Mit Wut im Bauch zündete ich mutterseelenallein durchs Motodrom und war so einsam wie noch nie an dem Wochenende. Außer Max hatte ich keinen einzigen Kontakt zu anderen Fahrern mehr, ich war quasi auf der anderen Seite der Weltkugel und ließ mir missmutig die karierte Flagge zeigen. Ebenso winkte ich brav in die Sachskurve, obwohl mir nicht dazu zumute war. Zurück am Wohni machte ich mich sofort auf den Weg zu Familie Kaufmann und entschuldigte mich. Jörn nahm es gefasst auf und machte mir keinen Vorwurf. Ist aber trotzdem alles blöd und ich hoffe sehr, dass er nur Prellungen davon getragen hat. Eine Zwangspause wegen gebrochenen Knochen braucht kein Mensch. Ich holte mir tapfer die Sprüche auf der folgenden Siegerehrung ab und erwies den erfolgreicheren Kollegen meinen Respekt.

Danach rollte der fertig gepackte Bus samt Schlepphütte schnell und möglichst unauffällig von dannen. Natürlich nicht, ohne an der ersten Autobahnabfahrt nochmal umzudrehen und den vergessenen Transponder bei Ellen abzugeben. Oliver Martin wollte sich ob dieser vorhersehbaren Tatsache gar nicht wieder einkriegen. Mir war aber irgendwie nicht zum Lachen und ich würde ein paar Tage brauchen, es wieder zu finden. Aber bis Brünn ist ja noch etwas Zeit. Und DA sind sie alle fällig, eh klar.

#45
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von nobman »

Mal wieder sehr schön geschrubt, danke für das teilhabenlassen deiner einzelkindlichen Ergüsse
gruss nobman
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von ACEERZ »

Danke Hajo für die geballte Ladung Text, wie auch immer du den Hirnschmalz dazu gezwungen hast, toller Bericht! Seid etwas mehr als nem Jahr juckt es gewaltig sich gleichbekloppten Menschlingen anzuschließen und mal das gesäußel ettlicher Motoren live mitzuerleben, solche Berichte sind daher gefundes Fressen ;-) Weiter so!
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  • tomlang Offline
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von tomlang »

Wahre Größe zeigt sich darin, seine Fehler zuzugeben.

Dies dermaßen zu tun, dass ich jetzt im Büro über beide Ohren grinse und das Elena-Elend wie im professionellen Video vor mir sehe - dann ist Hajo nicht einfach nur groß, sondern ein Gigant :band:

Danke für diesen Bericht!

LG vom langen Tom
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von Bennih8 »

KLASSE gerschrieben! Einfach nur KLASSE!!!
«Ein Fahrer der nicht stürzt ist entweder nicht schnell oder er versucht es erst gar nicht.»
Wilko Kleine
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Re: T-Cup 2014

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Beitrag von The Wall »

Ja, ist wirklich eine Freude, dass zu lesen :)
Wo findet man dich denn bei FB?
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