Am 13.08.2012 habe ich einen deftigen Crash in Oschersleben. Gleich im ersten Turn (!), Runde 3 verfehle ich nach Ende der Start-Ziel-Gerade meinen Brems- Schalt- und Einlenk-Punkt. Ich bin mit den Gedanken überall, schweife mit meinen Blick zu einem Kumpel, der sich auf die Strecke einfädelt. „Guckst du Scheiße, fährst Du Scheiße"[i][u]und so komme ich von meiner Linie ab, kann schnell noch meine R6 aufrichten, denke zu allem Übel nicht an die Hinterradbremse und schieße Voll-Speed in die Leidblanke.

Keine Entschuldigung. Ich bin selbst schuld. Was mich ärgert ist, dass mir ein Fehler passiert, den man eher einem Rennstrecken-Novizen zu billigt und weniger von einem Hobby-Racer erwartet, der schon viele Jahre auf dem Circuit unterwegs ist.

Im Rennstrecken- Madical-Center beiße ich trotz Schmerzen auf die Zähne, lasse mir nichts anmerken und werde mit dem Sancar zurück zu meinen Kumpels zum Stellplatz gefahren. Es dauert jedoch nicht sehr lange und mit dem Absinken des Adrenalinspiegels auf Normal kommen die Schmerzen vor allem im LWS, Becken & Thorax. Ich schaffe den Ausstieg aus meinen Rennkombi nicht mal mehr allein. Meine Kumpels sind besorgt, verfrachten mich in den PKW und bringen mich in `s Börde Kreiskrankenhaus Oschersleben.
Bis wir (Juli & Klein-Jonas sind bis Mittag an meiner Seite) endlich dran sind, ist es Mittag. Dass schmerzhafte Röntgenprozedere dauert noch einmal 2 Std. Es ist inzwischen ca. 14 Uhr, fünf Stunden nach meinem „Einschlag“.
Ich werde in allen Ebenen geröntgt. Der Arzt erklärt anschließt: Keine Frakturen erkennbar. LWS scheint außer einer schmerzhaften Prellung/Stauchung keinen wirklichen Schaden genommen. Ich bin zunächst glücklich. Zur Kreisstabilisierung bekomme ich eine volle Ampulle Dipidolor. Das schmeißt mich völlig aus der Bahn, ich muss stundenlang und auch noch nachts brechen, obwohl ich längstens nichts mehr in meinem Body habe. Sterben kann nicht schlimmer sein, denke ich und es kullern mir die ersten fetten Tränen über die Wangen, die ich heroisch zu verbergen bemüht bin. Ich muss zur weiteren Überwachung eine Nacht zum 14. August 2012 stationär aufgenommen werden –wegen der Kotzerei. Gegen Mittag werde ich ohne weiteren Befund aus der Klinik nach Hause entlassen.

Wir schreiben den 13.01.2013
Wie das Datum sagt, sind nun sechs Monate vergangen. Die LWS-, Thorax- Becken- und Schulterdach - Beschwerden sind nicht wesentlich weniger geworden. Ich lasse mich hier in Münster im Franziskuskrankenhaus mit Fachabteilung für Orthopädie und Wirbelverletzungen untersuchen. Es wird auch eine Skelett- Szintigramm durchgeführt. Der Befund will mich aus den Socken hauen:
Durch den Sturz mit Kompression sind gebrochen: 4 Wirbel, 4 Rippen, davon 2 zweifach, Dornfortsatz, Beckenring nahe einer früheren Fraktur mit Schraube, Schultergelenk (Absplitterung Schulter-Eckdach)) und Einriss der Schultersehne (Supraspinatus).



[u]Aufgabe jedes Spitals ist es, seinen Patienten die bestmögliche, dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Hilfe zukommen zu lassen. Davon und von den heutigen Qualitäts-Standards in der Medizinischen Krankenhausversorgung scheint im Börde Kreiskrankhaus Oschersleben nicht viel (wenn überhaupt) etwas angekommen zu sein.
Dass mit einer Skelett-Szintigraphie eine differenziertere Diagnose möglich ist, als mit einer herkömmlichen Röntgenaufnahme, das will auch mir als Laie einleuchten. Dass im Bördekrankenhaus aber nicht mal die „einfachen“ Frakturen erkannt werden, will mir nicht ganz einleuchten. Ich weiß nicht, was dort für Ärzte engagiert sind, doch mein Ergebnis erinnert an die im Internet viel zitierten „kompetenzfreie“ – billig – Ärzte von Jobbörsen wie der BKV (Personalvermittlung im ärztlichen Bereich).
Mein Fazit für das Börde- Krankenhaus Oschersleben: [i]Gesamtzufriedenheit: Unzufrieden; kein Pro für das Spital an der Rennstrecke; medizinische Diagnostik: null verlässliche Diagnose!; Weiterempfehlung: Nicht einmal im Notfall!
Meine Perspektive: unheilbar Süchtig
Der Prof hier im Krankenhaus ist der Ansicht: Nach so langer Zeit des Unfallgeschehens ist ein operativer Eingriff nicht (mehr) empfehlenswert. Meine Knochendichte und die sonstige Fitness werden mir weiter über den Berg helfen. Beeindruckt scheint er über die Schmerzresistenz, welche man offensichtlich im motorisierten Zwei-Rat- Rennsport zu entwickeln scheint. „Ob dies auch für alle Hobby-Racer gilt?“, fragt er.
Ich habe den Prof. zur Rennstrecke eingeladen, um sich selbst ein Bild zu machen. Ich solle aber auf mich aufpassen, nicht mehr stürzen, wobei der Prof. mir von der Rennstrecke nicht abrät, da ich „unheilbar süchtig“ sei.

Aufhören mit dem Rennsport?
Freunde (außerhalb der Szene) stellen mir vor allem nach den jüngsten Verletzungen gerne diese Frage. Meine Antwort kennt Ihr: Nein, noch nicht! Verletzungen bedeuten doch für jeden etwas anderes. Und jeder von uns hat doch auch seine Art, mit ihnen umzugehen.
Für mich ist und wäre das Schlimmste, nicht Zynden zu können.
Aufzuhören, nur um mich nicht mehr zu verletzten, ist für mich keine wirkliche Entscheidungsgrundlage.
Natürlich denke ich auch über mögliche Folgen nach und auch die jetzigen Verletzungen nehme ich nicht auf die sorglose Schulter. Ich saß ja auch schon im Rollstuhl und weiß, wie es einem zu Mute ist und es sich anfühlt, wenn mithin der schlimmste Fall eintritt.
Oschersleben hätte am 13.08.2012 diesen Fall für mich bedeuten können. Ich weiß also, was auf mich zukommen kann. Doch ich bin, wie viele meiner Kumpels, ein Meister des Verdrängens. Es kann passieren – aber, wie man hier sieht, es muss nicht sein. Und ich hoffe, dass es nie & niemand passieren wird!
Ich trainiere also weiter, vor allem im Fitness- und Kraftsportbereich, um mich für die neue Saison 013 wieder fit zu machen. Ich kann `s kaum erwarten.
In diesem Sinn:
Gute neue Saison – vor allem sturzfrei. Und bitte nur vom Racing –Bike fallen, wenn `s gar nicht anders geht. Gilt natürlich auch für mich

Salü Euer Oberverrückter Snow#4
Und viel Spaß beim Schnee schippen, Eiskratzen, TV-Gucken im Rennleder und gelegentliche Blicke werfen in die Garage bis zum nächsten „Heizen“.

