Der Tatort war das Fahrerlager am Lausitzring. Dort sollte die Kupplung endlich eingebaut werden. Der Einbau war erlebnisreich und gefährlich, denn es war ein Wunder, dass der Russenmechaniker aus der Nachbarbox bei dem Wunsch nach "Rattattttattatt" nicht die Kalaschnikow rausholte, sondern mit dem Schlagschrauber ankam.
Die nächste Herausforderung war die "dünnere Reiblamelle", die man bloß nicht als erste einbauen sollte. Dünnere Lamelle? Die sind doch alle gleich dick. Ich kriege das Lamellenpaket vor die Nase gehalten und sehe auch keine Lamelle, die dünner ist als alle anderen.
Weil der Telefonjoker nicht erreichbar ist, lasse ich mir die Lamellen alle noch einmal zeigen. Und auf einmal ist es ganz klar. Die "dünnere" Lamelle ist keinesfalls von geringerer Dicke und auch nicht von geringerem Umfang. Sie ist weniger hoch. Was man ja von außen nicht sieht. Augen auf beim Kupplungstausch...Nach etwa zwei Stunden Abschaben der Papierdichtung und Umdrehen sowie Zurückdrehen des Schaltschemas ist dann alles klar. Moped fährt und Kupplung kuppelt. Gewissenhaft meldete sich auch noch der Telefonjoker.
Sachsenring, 19.09.11, 10:50, 11°C: Ende Start-Ziel bremse ich und schalte wie gewohnt runter.
das Moped liegt ruhig und fährt einfach nur geradeaus. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Allein die "Durchdrehgeräusche" von hinten unten lassen ahnen, dass es sonst wieder ein "Ratter-Ratter-Quietsch" gegeben hätte.Geil. Zu geil. Ich grinse mir in meinen Helm. Wusste ich doch, dass ich die olle Kupplung brauche. Beflügelt ziehe ich so meine Runden und merke gar nicht, dass ich den Sachsenring eigentlich (ja, wieso eigentlich) nicht mag. Wegen Roter Flagge wird der Turn vorzeitig beendet. Mir viel zu früh.
Auch ohne Helm grinse ich noch. Doch das Grinsen verschwindet in dem Moment, in dem ich den Vorderreifen anfasse. Links warm. Rechts arschkalt. Vielleicht mal gerade Körpertemperatur. Hinten OK.
Sorgenvoll drehe ich mich zur männlichen Person meines Vertrauens. Ich habe Angst, dass ich über den Vorderreifen abfliege.
12:10, 13°C:
Bremsen war nie schöner. Vergessen der kleine braune Strich, den ich beim Produzieren des großen schwarzen Strichs am Lausitzring in der Hose hatte. Anbremsen und Einlenken war nie schöner. Warum habe ich diese Antihoppingsache nicht schon früher gehabt, ich hätte so viel schneller fahren können...(Anmerkung: bei einer Verbesserung um >40s vom letzten zu diesem Jahr macht die Kupplung gefühlt wohl um die 5s aus)
Eine Runde nach der anderen streift mein linker Knieschleifer zaghaft den Asphalt. Darüber mache ich mir keine Gedanken. Mein Moped bringt mich völlig ohne Wackeln in jede Kurve, und es würde mich nie abwerfen.
12:18, 13°C:
Mit dem heldenhaften Vorsatz, endlich eine 2:20 am Sachsenring zu schaffen (das wären dann etwa 20s schneller als beim letzten Mal), feile ich an der Durchfahrt des Omega. Ich muss doch schneller durchkommen, wenn ich sie noch gerader anfahre und im Scheitelpunkt noch schräger fahre. Ich fahre die Kurve so ungewohnt schnell an, dass ich erst sehr kurz vorm Scheitelpunkt mit bremsen fertig bin. Jetzt schnell umlegen. Ich schubse den Hobel um (natürlich ohne Gas, das geht schneller) und finde mich auf dem Hosenboden in Richtung Kiesbett rutschend. Mein Moped rutscht vor mir her, bleibt aber, nasser Erde sei Dank, vor dem Kies stecken.
Ich schaue ihm noch eine Weile hinterher, bis ich endlich zum Stillstand gekommen bin. Schnell laufe ich von der Strecke zum Moped. Eine nasse Pfütze kommt unter dem Tank zum Vorschein. Tut mir leid, ich kann dich nicht aufheben. Ich lasse sie liegen und stapfe zum Streckenposten.
Auf Günter muss ich nicht lange warten, es war die letzte Runde, und kann noch erhobenen Hauptes selbst zur Box fahren.
Moped: heile, nur neu dekoriert
Klamotte: endlich wieder mit Charakter
Helm: heile, was bin ich stolz!
Körper: Daumen geprellt, sieht aus, wie ein "Chicken-Drumstick", nur bunter
Kopf: Fehlersuche, was war anders?
Antihopping-Kupplung eingebaut und nicht darüber nachgedacht, was passiert. Die Vorteile habe ich gern genommen, die haben mich zu einer 1:56 beflügelt - meiner ersten "unter zwei Minuten"-Zeit.
Die Nachteile habe ich nicht beachtet, die haben mich ins Rutschen gebracht.
So ehrenhaft der Vorsatz, schneller zu fahren, auch ist...ich brauche immer noch eine halbe Ewigkeit, bis ich mein tiefergelegtes Moped auf Kurs habe, dann ist der Scheitelpunkt nicht mehr weit. Ich schaffe es mit Glück - und nur in größeren Radien, rechtzeitig auf Zug zu gehen.
Dass es mit der neuen Kupplung auch keinen Schub mehr gibt, musste ich wohl erst erfahren. Kein Zug, kein Schub, lauwarmer Reifen, 13°C mit Bewölkung. Das war zu erwarten.
Für mich kam es aber ziemlich überraschend...
Fazit: Auch, wenn es ein alter Hobel ist, der Einbau hat sich definitiv gelohnt.
Mehr Fazit: Ich soll noch weniger durch die Kurve rollern, nie, nie wieder.
Noch mehr Fazit: Moped muss unbedingt schneller in die Kurve gehen, deswegen Tieferlegung raus.
Edit meint, dass der Sturz gar nicht so schlimm gewesen ist:
Aber weh getan hat es doch...
