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Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

Der Bereich für Eure Projekte, Um- und Aufbauten. Auch Tips und Tricks zu Feinheiten, aber keine Standardthemen wie: so wechselte ich die Bremsbeläge.

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Re: Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

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Beitrag von ER6-Treiber »

Nachdem einer der PCV mit Autotune jetzt endlich läuft... der gebraucht gekaufte war wohl doch defekt, er hatte auf dem Zylinder 2 für die Einspritzdüse kein Signal, ging es wie geplant zum groben Abstimmen auf den Prüfstand.

Die verbauten Düsen liefern ca. 1/3 mehr Sprit, als die Seriendüsen. Das immer, auch im Leerlauf und bei Teillast. Es war also mit einem in weiten Bereichen deutlich zu fetten Gemisch zu rechnen.

Für eine zylinderselektive Abstimmung habe ich in jeden Krümmer einen Anschluss für eine Breitbandsonde gesetzt. Dazu den PCV mit dem Autotune für 2 Zylinder. Der Laptop blieb bei jedem Lauf angeschlossen und so waren die AFR-Werte live zu verfolgen. Wie erwartet ging es runter bis unter ein AFR von 10, also viel, viel zu fett. Auch für die Volllast war der Bereich bis ca. 6.000 U/min komplett daneben. Nachdem wir das Ganze mal grob auf Lambda 0,9 / AFR 13.2 gebracht hatten, kam eine deutlich bessere Leistungskurve heraus.
ER6-216.JPG
Sieht für den Bereich zwischen 7.000 U/min und 9.500 U/min schon mal nicht schlecht aus. Wenn auch mit knapp 70 Nm noch etwas schwach auf der Brust. Mangels Ahnung/Erfahrung kann ich vom Gefühl her nur vermuten, dass ich es mit den Querschnitten für den Auspuff etwas zu gut gemeint habe. Die liegen mit dem Testauspuff bei bei über 130 %, z.T. bei über 150 % für die Krümmer und über 200 % beim Rohr vom Sammler zum Dämpfer. Sieht für mich danach aus, als wenn dadurch im unteren Bereich die Strömungsgeschwindigkeit nicht mehr ausreicht. Über den 9.500 U/min konnte sie es mit einem anderen Auspuff auch schon mal besser. Wenn´s passt, kommt noch die Anhebung des Drehzahlbegrenzers. Wenn das Drehmoment auch bei hohen Drehzahlen bleibt, kommt damit noch mal einen ordentliche Schippe Power oben drauf. Wird sich finden.

Da das Gemisch jetzt im Groben stimmt, kommt noch ein "Racing-Auspuff" von SC-Project für die ER6 dran. Mal schauen, dass die V2 dazu so sagt.

So viel für dieses Jahr.

Euch allen einen guten Rutsch.
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Re: Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

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Beitrag von Gitzki »

Keine Angst dass es mit dem SC-Project Auspuff Probleme bei dB-Messungen kommen kann?
:assshaking:
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Re: Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

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Beitrag von Mowgli »

Hi,

ich habe mich extra wegen Dir angemeldet ( heimliches Mitlesen ist nun vorbei ;-) )

Verfolge es sehr gern.

Was gibt es neues?
Wie geht es weiter ?
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Re: Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

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Beitrag von ER6-Treiber »

Seit dem letzten Post hat sich einiges getan. Die Woche soll es noch mal auf den Prüfstand gehen, bis dahin ist Geduld gefragt, sorry.
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Re: Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

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Beitrag von ER6-Treiber »

Die letzten Besuche auf dem Prüfstand waren irgendwie ziemlich frustrierend. Um die 95 PS, mehr war nicht. Egal, was ich geändert habe, der Motor reagiert im oberen Drehzahlbereich einfach auf nichts wirklich. Selbst einschneidende Maßnahmen wie das drastische verstellen der Steuerzeiten zeigten keine echten Auswirkungen. Es verfestigte sich zunehmend der Verdacht, dass im Ansaugtrakt ein Engpass vorhanden ist, durch den einfach nur „Gas für 95 PS“ durchgeht. Daher hatte ich mich letztlich entschlossen, den Motor auf zu machen und alles von A bis Z noch einmal durch zu gehen.

Meine grundlegenden Gedankengänge hinsichtlich „Motortuning“ habe ich mal in einen anderen Thread unter „Technik“ ausgelagert, um den Baubericht hier nicht zu zumüllen. Wen es interessiert, hier der Link:

viewtopic.php?f=2&t=50927

Angefangen hatte ich mit einer Aufnahme der Steuerzeiten in Schritten von 2 Grad. Damit das auch wirklich genau wird, habe ich mir einen Halter gebaut, der auf den Kopf geschraubt wird und die digitale Messuhr hält. Dadurch war der OT auf 1/100 mm Hub und unter 1 Grad Drehwinkel reproduzierbar. Das Gleiche für Einlass- und Auslassventil.

Als nächstes einen unbearbeiteten originalen ER6-Kopf aus dem Lager gezogen und den Einlasskanal für einen Abguss mit Abformsilikon ausgegossen. Dabei dachte ich mir, dass etwas WD40 auf den Kanalwänden bei Rausziehen nicht schaden kann. Jetzt weiß ich, dass zumindest WD40 die Reaktion des Abformsilikons verhindert… schmierige Angelegenheit, wenn die ersten paar 10tel. mm nicht aushärten. Also das Ganze noch einmal mit ordentlich gereinigtem Kanal und sauberen Ventilen. Nach dem Aushärten die Ventile ausgebaut, das Silikon etwas vom Rand weg gedrückt und WD40 zwischen Silikon und Kanalwand gesprüht. Wirkt Wunder, so flutscht der Abguss hervorragend aus dem Kanal. Die Positivform eines Einlasskanals lässt sich erheblich leichter vermessen und beurteilen, als der Kanal selbst. Die Kanäle zeigen sich nach der Gabelung auf die beiden Einlassventile mit einem Durchmesser von gerade einmal 26mm über eine Länge von ca. 30 mm als echtes Nadelöhr. Der Kopf der V2 zeigt bei den Kanälen in diesem Bereich ein sehr ähnliches Bild wie ein Serienkopf. Jedoch waren die Ventilsitze erweitert und der Kanal im Bereich um die Sitze daran angepasst. Entsprechend liegt die Vermutung nahe, dass in den unbearbeiteten Kanälen dieses Kopfes der Grund für die Leistungsverweigerung im oberen Drehzahlbereich zu suchen ist. Es geht einfach nicht mehr durch, da kannst du die Ventile so weit aufreißen, wie du willst. Lediglich die längere Dauer sorgt vor allem im höheren Drehzahlbereich für mehr Füllung, als die Seriensteuerzeiten. Würde ja zum angehobenen Drehmoment des Motors passen.
Da ich weder die passenden Programme zur Verfügung habe, noch etwas von Strömungslehre verstehe, blieb nur der alte Weg „viel hilft viel“. Sprich ich habe im Schnitt eines Kopfes nachgemessen, wie weit ich die Kanäle auf machen kann. Auch wenn die Wandstärken im Aluguss inzwischen eher bescheiden sind, es reicht, um den Querschnitt der Kanäle dem der aufgestochenen Ventilsitze anzupassen.
ER6-219.JPG
ER6-219.JPG (37.59 KiB) 4345 mal betrachtet
Wie die Grafik zeigt, kommt der freie Querschnitt der beiden Kanäle zu den einzelnen Ventilen jetzt auch näher an den freien Querschnitt ran, der sich durch den größen Ventilhub ergibt.

Für die Umsetzung habe ich mir einen weiteren Kopf aus dem Lager genommen und an diesem die Ventilsitze soweit möglich aufstechen lassen. Das ergab dann beim freien Querschnitt im Ventilsitz ein Plus von ca. 25%. Beim ersten Blick auf die Sitze ist das schon gewaltig, um wie viel der Durchmesser plötzlich größer geworden ist. Damit das überhaupt einen Effekt hat, müssen die Kanäle natürlich entsprechend erweitert werden. Um nicht aus Versehen im Kühlwasser zu landen und damit die Erweiterung schön mittig läuft, bin ich wie folgt vorgegangen. Als erstes mit einem Innenschnelltaster die Kanaldurchmesser nochmals aufgenommen und notiert. Danach auf der Außenseite mit dem Fräser eine Furche ins Alu gefräst und nachgemessen. Will ich den Kanal z.B. um 2mm erweitern, muss die Furche 1mm tief sein. Lieber mehrfach mit dem Taster nachmessen, Material wieder drauffräsen ist so schwierig. Ist die gewünschte Tiefe über den gesamten Kanalverlauf erreicht, auf der gegenüberliegenden Seite das Ganze wiederholen. Zum Schluss oben und unten. Dann habe ich mir Messzeuge gebaut mit denen ich prüfen kann, ob der gewollte Durchmesser erreicht ist. Die sehen aus wie Ventile. Damit nichts schief läuft, mit den originalen 26mm angefangen und immer schön in 1mm Schritten vorgegangen. Erst wenn ein „Ventil“ sauber durch den kompletten Kanal passt und der Spalt zur Kanalwand überall gleich ist, kam das nächst größere Werkzeug zum Einsatz. Zum Schluss blieb da ein erschreckend großer Berg Alu-Späne übrig. Dafür passt der freie Querschnitt der Kanäle mit +26% jetzt in etwa zu den Ventilsitzen und es ist überall ziemlich die gleiche Wandstärke stehen geblieben.

Um zu wissen, wie der Unterschied zwischen den drei „Ausbaustufen“ des ER-Kopfes ist, habe ich die drei Köpfe auf eine Flowbench nachmessen lassen. Erst wollte die angefragte Firma nicht wirklich - „viel zu tun“ – nachdem ich dann die Fertigung des Adapters und des Werkzeuges zum schrittweisen Öffnen der Ventile übernommen hatte, gab es eine Zusage.

Während ich diesen Part in Arbeit hatte, kamen die Ergebnisse die „Knubbler“ auf seiner Flowbench ermittelt hatte. Diese passen ziemlich genau zu meinen Vermutungen. Seine Diagramme zeigen, dass die Kanäle bei der ER6 die eigentliche Drossel sind. Ab einem gewissen Massenstrom ist einfach Schluss. Machst du die Ventile weiter auf… egal, bringt nichts. Drehst du höher, verbrennst du halt häufiger weniger… hilft auch nicht. In der Summe reicht der mögliche Massenstrom eben nur für die ca. 95 PS an denen ich seit einiger Zeit kratze. Das entspricht auch dem deutlich zurück gehenden Drehmoment im oberen Drehzahlbereich.

Hier die 3 Köpfe der ER6 mit den Messergebnissen der Flowbench:
ER6-220.JPG
Leider wurden meine Messungen bei deutlich geringerem Unterdruck durchgeführt. Also waren auch die Flusswerte wesentlich geringer. Da aber ein Serienkopf auf beiden Flowbenches gemessen wurde, habe ich einfach mal behauptet, dass diese Ergebnisse gleich sind. Also einen Faktor ermittelt, der meine Werte des Serienkopfes mit denen von Knubbler in weitgehende Deckung bringt. Diesen Faktor dann einfach auf die beiden anderen Köpfe angewendet. Für eine Einschätzung reicht es.

Jetzt mag jemand einwenden: „ist ja nur mehr, wenn der Ventilhub über 7mm liegt“. Das stimmt schon, aber nicht vergessen, das gilt für „vor OT“ und „nach OT“. Interessant ist hier, über welchen prozentualen Anteil der Ventilöffnungsdauer geht denn mehr durch. Wenn ich das an Hand der Ventilerhebungskurve prüfe, komme ich auf folgende Werte:
ER6-221.JPG
Öffnungsdauer bei 0,5 mm Hub:.....286 Grad
Öffnungsdauer über 7,00 mm:........154 Grad
Prozentualer Anteil:.........................ca. 54 %

Es geht also in über der Hälfte der Ansaugzeit mehr durch, als in der Version, die auf 95 PS kam. Das sollte doch nicht ohne Effekt bleiben. Zumal ich vermute, dass durch die größere Masse und höhere Geschwindigkeit des angesaugten Gemisches auch in dem Bereich wenn das Ventil bereits wieder unter 7mm Hub ist noch mehr nachdrückt, als vorher. Scheint mir wegen der Massenträgheit irgendwie logisch.

Vor der Montage habe ich den Motor noch ausgelitert um die Verdichtung zu überprüfen. Da passten „Soll“ und „Ist“ perfekt zusammen, liegt aktuell bei 13:1. Nachdem alles wieder zusammengebaut war und die ER6 auf eigenen Rädern stand, ging es nochmals auf den Prüfstand.

Bisher waren es so um die 68 Nm und 95 PS. Die große Frage war natürlich „was kommt durch die Änderungen dazu?“. Ich hatte für mich vorher folgende Überschlagsrechnung gemacht.
1) Es sind ca. 25 % mehr freier Querschnitt im Ansaugtrakt vorhanden.
2) Die Flowbench zeigt, dass der neue Kopf bei 10mm Hub rund 20 % mehr durch lässt.
3) Mehr als die Hälfte der Öffnungszeit des Einlassventils liegt über 7mm Hub und es geht mehr durch als vorher.
Erwartet habe ich eine Steigerung des Drehmomentes von ca. 5% bis 7 % im Bereich bis ca. 8.500 U/min und darüber bis zum Begrenzer etwas mehr. Wären also so 71Nm bis 72 Nm in der Mitte und so ca. 67 Nm bis 70 Nm bei 10.500 U/min. Gehofft natürlich auf irgendwas um die 10% bis 15 % überall. Wäre zu schön, um wahr zu sein.
Das Ergebnis nach der ersten, groben Messung sieht wie folgt aus:
ER6-217.JPG
87,1 PS! So weit, so schlecht. Nach der ersten Schockstarre war klar, da müssen die Steuerzeiten falsch sein. Vermutlich die Steuerkette um einen Zahn falsch aufgelegt. Der Motor klang auch äußerst unwillig und zäh. Also eingepackt und ab in die Werkstatt. Dort die Steuerzeiten nachgemessen… stimmen perfekt. Und nun? Noch einmal gemessen, stimmen wieder. Dann das Angebot vom Prüfstandsbetreiber wahrgenommen und ihn nachmessen lassen, änderte auch nichts am Ergebnis. Was noch? Kompression nachgemessen. Die war nicht so, wie sie sein sollte. Aber auch nicht so, dass sie solch verheerende Auswirkungen haben könnte. Sollte ein vergrößerter Einlassquerschnitt wirklich solche Auswirkungen haben? Ehe ich jetzt anfange mit den Längen bei Ansaugtrakt und Auspuff zu probieren, sollte zumindest die Kompression dahin gebracht werden, wo sie sein sollte. Also noch einmal ganz von vorne.
Als erstes Kopf runter und prüfen, welche Ventile undicht sind. Waren so gut wie alle mehr oder weniger betroffen. Also alle Ventile raus und nochmals eingeschliffen. Jetzt auch die gebrauchten Einlassventile auf der Drehbank überarbeitet und den Sitzflächen vor dem Einschleifen erst einmal mittels eines 45 Grad Winkels und feinem Schleifpapier eine neuwertige Oberfläche verpasst. Zwischendurch sah man, dass sie doch nicht mehr so gut waren, wie gedacht.
Abschließend das Ganze wieder komplettiert. Im Zuge des Zusammenbaus alles nochmals kontrolliert. Steuerzeiten, Kompression und Zündzeitpunkt… wie jetzt 4.000 U/min und 30 Grad? Haben soll er laut WHB 45 Grad ab 4.000 U/min. Da fehlen 15 Grad. Kann eigentlich nicht sein, muss ich was falsch gemacht oder übersehen haben. Also nochmals alles Überprüft und einen neuen, besseren Adapter für die Gradscheibe gefertigt, soll ja möglichst genau sein. Ändert aber am Ergebnis nichts, der ZZP steht bei 30 Grad. Wenn man wie der Ochs vorm Berg steht, ist es immer gut, mal jemanden zu fragen. Also Kai Zen aus dem Forum angerufen. Der meinte: Lies mal die ECU aus, auch wenn du nichts gemacht hast. Also ECU ausgelesen und 2 Fehler gefunden und gelöscht, der für die zweite Drosselklappe wird grundlegend ignoriert. Dabei zur Sicherheit nochmal ins WHB geschaut, was Kawa zu den Fehlern sagt. „Wenn der Sensor der Hauptdrosselklappe spinnt, wird der ZZP zurück genommen“. Äh, ja das haben wir so. Auch wenn keine Fehlermeldung für den zugehörigen Sensor angezeigt wird. Schön, dass der PCV für die ER6 ein Zündmodul integriert hat. Also ab auf den Prüfstand.
Die erste Messung mit den alten Werten ohne jede Änderung. Erfreulicher Weise mit dem gleichen, schlechten Ergebnis. Dann ab 4.000 U/min den ZZP um 15 Grad auf dann ca. 45 Grad verstellt. Schon besser:
ER6-218.JPG
Rot zeigt eine der Messungen mit dem „alten“ Kopf, so um die 95 PS. Blau die Messung mit dem überarbeiteten Kopf, allerdings noch ohne jede Abstimmung hinsichtlich Gemisch, Ansaug- oder Auspufflänge. Das Diagramm zeigt einige sehr erfreuliche Punkt auf:

1) 101,5 PS sind mal nicht schlecht
2) Die Füllung ist über den gesamten Drehzahlbereich deutlich besser
3) Das Max. ist mit 72 Nm nicht mehr so weit von den theoretisch möglichen 78 Nm entfernt
4) Der Motor geht mit ansteigender Leistung in den Begrenzer

Ich muss gestehen, die Erleichterung, dass es jetzt in die gewünschte Größenordnung geht, ist erheblich. Hab schon ganz graue Haare. Leider war die Dichtung des Ventildeckels an einer kaum einsehbaren Stelle auf 2 cm umgeknickt und die Kleine hat massiv geölt. Daher vorerst mal keine weitere Abstimmung. Die kommt dann nächste Woche. Zwischenstücke für den Auspuff und Trichter mit unterschiedlicher Länge liegen bereit zum Probieren.

So viel für heute.
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Re: Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

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Beitrag von Mowgli »

Hey ER6Treiber ,

absolute spitzen Klasse.
Für eine Kanalbearbeitung muss man immer mal Lehrgeld bezahlen. Sehr erfreulich das du dich da nun selbst ans Werk machst und es mit absolut nachvollziehbaren Schritten quasi auf Anhieb zu einer Punktlandung bringst.

Weiter so .

Sehr sympathisch 8)

Ich hoffe man sieht deine Kleine "große" ;-) Twin mal irgendwann auf dem Kringel.


Grüßle aus dem Süden
Mowgli
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Beitrag von scm »

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das alles richtig verstehe:

mit dem V2-Kopf hatte der Motor für dich enttäuschende 95PS.
Dafür baust du einen neuen Zylinderkopf mit größeren Kanälen,
und der bringt dann noch weniger Leistung, nämlich 87PS.
Dann bemerkst du, daß die Zündung, mit der du von Anfang an
Probleme hattest, nicht stimmt, korrigierst das und jetzt geht der
Motor mit dem neuen Kopf besser als der alte V2, hat jetzt näm-
lich 102 PS. Das ist ja schonmal nicht schlecht!

Richtig?

Falls ja, und wenn der V2 mit der verstellten Zündung besser
lief (95PS vs. 87PS) als der neue Motor, sollte sich das jetzt
mit korrektem Zündzeitpunkt nicht ähnlich verhalten?

Viele Grüße und viel Erfolg!
Sven
Zuletzt geändert von scm am Montag 10. Mai 2021, 17:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

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Beitrag von ER6-Treiber »

Nein, ist falsch.

Mit dem Kopf der V2 hat der ZZP noch gestimmt und lag bei 45 Grad. Hatte ich vor dem letzten Lauf des V2-Kopfes mit ca. 95 PS geprüft. Deswegen habe ich ja nicht im Traum daran gedacht, dass der ZZP die Ursache sein könnte.
Meist liegt die Ursache für ein Problem ja da, wo man was geändert hat. Den ZZP zu prüfen, hatte ich einfach nicht auf dem Schirm.

Danke & Gruß
Jörg
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Re: Aufbau einer Kawasaki ER6 für die German Twin Trophy

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Beitrag von Knubbler »

Hallo zusammen,
erstmal herzlichen Glückwunsch, dass der Fehler mit der Zündung endlich gefunden wurde :D Und wirklich toll mit welcher Leidenschaft das Projekt betrieben wird, es würde mich freuen weiter davon zu lesen.
Es wurden ja schon einige Vermutungen zu den Leistungs-Ergebnissen geäußert und vielleicht kann ich Euch ein wenig helfen diese Punkte logisch miteinander zu verknüpfen. Ich habe meine Ing Arbeit über die Strömung im Einlasskanal und 3D Analyse geschrieben KLICK. Außerdem schon ein paar Mal an ER6 Zylinderköpfen gearbeitet und auf meiner Flow Bench getestet KLICK. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass ich ein zweiter David Vizard wäre, keineswegs. Aber ich habe schon einige Zylinderköpfe analysiert und die Daten kann ich gerne Beispielweise hier zeigen zur Verdeutlichung.
Zuerst zum Begriff "Engstelle", den muss man ins Verhältnis zur Strömungsgeschwindigkeit setzen. Denn anders als Wasser ist Luft ein kompressibles Medium, sie kann also ohne Probleme durch eine Verengung durch, es erhöht sich dabei die Geschwindigkeit und die Dichte sinkt (Massenstrom Grundsatz), aber der Widerstand ist nicht gerade groß (siehe Venturidüse als Beispiel). Wenn man im Einlass eine echte Engstelle hat, dann bricht ab zu hoher Gasgeschwindigkeit das Drehmoment linear mit der Drehzahlsteigerung ein, weil wirklich nicht mehr durch geht. Das Ergebnis ist ein gleichbleibendes Leistungsplateau, bei Dir ging das Drehmoment aber ziemlich gleichbleibend bis zum Begrenzer. Von daher kann es keine Engstelle gewesen sein. Dazu muss man wissen, der Einlasskanal der ER6 ist serienmäßig schon ziemlich groß und aus diesem Grund war das Mittelstück (Venturi Sektion) auch kaum bearbeitet. Hier mal zum Vergleich der Kanalverlauf der legendären GSXR 1000 K6 und TL1000R mit den ER V2 Kanälen zuvor und jetzt.
Bild
Den ER6 V2 Kanal kannte ich ja schon und den die neue "Jetzt" Kurve entstammt Deinem Diagramm mit dem Wissen, dass die Sitzringe 29mm innen haben und der Mittelbereich jetzt 1350mm². Das Diagramm zeigt vom Sitzring bezogen die Fläche des Kanals davor. Man sieht sofort, dass diese Engstelle bei Sportmotoren ganz normal ist und sie hat auch absolut ihren Sinn zur Beschleunigung des Gases und der Verwirbelung von Luft und Kraftstoff zu Gas. Wegen den verschiedenen Größen der Kanäle werden die Flächen in Prozent zum Sitzring dargestellt. Die GSXR hat an der engsten Stelle nur 78% der Fläche von den Sitzringen und die TL1000R ist ein Extrembeispiel mit nur 63%. Und trotzdem hat sie 10PS mehr als die TL1000S (mit riesen Kanälen) und ein viiiiieeeel breiteres Drehzahlband. Ich will Euch jetzt nicht unnötig mit Details zumüllen.
Einlasskanäle für hohe Leistung werden optimal so gestaltet, dass es gerade nicht zur Drosselung durch zu hohe Strömungsgeschwindigkeit kommt. Diese tatsächliche Geschwindigkeit zu ermitteln ist allerdings etwas kompliziert, denn Luft ist träge und lässt sich eben komprimieren. Man kann das zb. auf dem Motorenprüfstand im Werk bei der Entwicklung messen. Jedoch kann man sich im Mittel sehr gut annähern, wenn man die mittlere Kolbengeschwindigkeit nimmt und die Fläche von Kolben zu Kanal ins Verhältnis setzt. Nehmen wir bei Dir mal die 10.000rpm und mit 60mm Hub damit 20m/s mittlere Kolbengeschwindigkeit. Der Kolben hat 83mm (5400mm²) und der geweitete Kanal 1350mm², damit landet man bei 80m/s. Und das ist schon ziemlich wenig. Logisch, da der Kanal an der Stelle serienmäßig schon etwas zu groß war, man sieht es auf dem Diagramm zur GSXR im Vergleich. Die angesprochen 26mm Stellen im Kanal vom "Zuvor" Kopf sind sowieso schon ziemlich groß, zum Vergleich, bei meinem 105PS SV650 Motor wird die Leistung durch 24mm Löcher gesaugt.
Um das Ganze ins Verhältnis zu setzten habe ich noch eine Grafik. Nämlich die mittlere Strömungsgeschwindigkeit in einem WSBK Motor, dessen Kanäle sogar zugeschweißt und viel kleiner neu gestaltet wurden, trotzdem kamen 240PS dabei raus. Den Erbauer durfte ich vor einigen Jahren kennenlernen, er ist leider inzwischen verstorben...
Bild
Man sieht der Kanal liegt auf 80mm Länge über 120m/s, deutlich über der Serie. Denn das Problem bei zu geringer Geschwindigkeit, man versaut sich die Füllung und damit das Drehmoment/Leistung und die Turbulenzen zur Mischung im Kanal, das hat also nur Nachteile.
Und so kann man sich auch das erste Leistungsdiagramm erklären, das Drehmoment und die Leistung sind durch den stark vergrößerten Kanal etwas eingebrochen. Beim zweiten Leistungsdiagramm wurde dann der eigentliche Fehler behoben, nämlich der Zündzeitpunkt und somit wächst die Leistung deutlich an. Das ist was SCM meinte, hätte man den Kopf so gelassen und den Fehler mit der Zündung beseitigt, wäre ein noch besseres Ergebnis herausgekommen.
Aber hinterher ist man immer schlauer, ich hab auch schon einiges kaputt gemacht, um dann zu merken wie es besser ginge, also keinen Kopf machen.
Leider ist auch bei der Interpretation meiner Flow Bench Diagramme etwas schief gelaufen, denn ich messe nicht in cfm, sondern einer für mich entscheidenden Massenzahl der Luft, diese hast Du aber in Dein Diagramm übernommen. Die 650er haben alle um die 200cfm an Durchfluss, da ist also etwas nicht ganz richtig, wenn es Richtung 400 geht. Außerdem können ein Serienkopf und der V2 Kopf nicht annähernd den gleichen Durchfluss haben, denn ich habe einen identischen Kopf hier und der Unterschied ist enorm. Man sieht es ja an meinem ER6 Kopf Experiment, wo ich die Venturi Sektion (Engstelle) um lediglich 5% erweitert habe, aber durch die andere Bearbeitung des Kanals um 35% mehr Durchfluss erzeugen konnte. Das wäre ja mit der Engstellen Theorie so nicht möglich.
Am Ende zählt nicht der maximale Durchfluss alleine, sondern durch welche Fläche er hindurch geht (Strömungsgeschwindigkeit) und ob der Motor es überhaupt abrufen kann. Der theoretische Ventilringspalt gehört nicht in ein Kanal Diagramm hinein, denn er liegt erstens nur ein paar Grad bei der Motor Umdrehung an und wenn er zu groß ist, zählt er nicht mehr dazu. Ab einem bestimmten Ventilhub geht einfach nicht mehr hindurch, das zeigt ja das Flow Bench Diagramm.
Ansonsten könnte ich einen 50er Fräser nehmen und zu beiden Ventilen einen riesen Kanal hin bohren. Der Motor würde aber furchtbar schlecht laufen, aus oben beschriebenen Gründen.
Wie gesagt finde ich es toll, dass sich so tief damit beschäftigt wird und ich hoffe mein Tipp hilft etwas das Projekt noch besser zu machen! Weiterhin viel Erfolg und hoffentlich noch viele interessante Beiträge!
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Beitrag von scm »

@ Jörg: alles klar!

@ Knubbler: ok, das klingt alles plausibel, aber warum hat bei dir Jörgs
neuer Kopf ("ER jetzt") annähernd konstanten Querschnitt über die ge-
samte Länge, während in Jörgs Diagramm weiter oben der Bereich
"Ventilkanal" immer noch ein deutlich erkennbares Minimum darstellt?

Also:
51166667324_852f848c2b_c.jpg
51166667324_852f848c2b_c.jpg (48.95 KiB) 3897 mal betrachtet
vs.

Bild
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