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SV650 aus dem letzten Jahrtausend

Der Bereich für Eure Projekte, Um- und Aufbauten. Auch Tips und Tricks zu Feinheiten, aber keine Standardthemen wie: so wechselte ich die Bremsbeläge.

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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Box17 »

Hallo Knubbler,
nach all der Mühe mit dem Neuaufbau des gerissenen Motorblocks würde ich die Sturzprotektion an der SV überdenken.
Sollte in dem Einsatzmotorrad derselbe Polyamid Sturzpad mit dem massiven Aluträger und in der Länge, wie auf dem Bild mit der #18 zu sehen, verwendet werden, befürchte ich, das das Gehäuse beim nächsten Sturz wieder in Gefahr ist.
Ebenso der Rahmen.
Auch auf dem Bild des Meistermotorrades ist ein recht weit abstehender LSL Sturzpad mit Alukopf zusehen, der nur ein kleines Inlay aus Kunststoff trägt. Die geben den Anstoß beim Sturz satt weiter an die Aufnahme. Das Inlay ist schnell abgeschliffen und um den gleitfreudigen Alukopf dreht das Motorrad gerne Pirouetten. Oder hakt ein mit entsprechenden Konsequenzen.
Es wäre zu schade um die schöne Arbeit!
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

gixxn hat geschrieben:Sehr geil ! Sag mal wo nimmst du nur die ganze Zeit her? Echt bewundernswert !

Frage, was kostet so ein Stück Wolfram wie in deiner Hand zu sehen.


gruß gixxn
Puh, das ist eine gute Frage. Also das Wuchten der Ausgleichswelle hat jetzt gerade mal eine Stunde gedauert.
Fürs Denken werde ich auf der Arbeit bezahlt, da ist die Werkstatt ein angenehmer Ausgleich für mich. Zum Glück ist meine bessere Hälfte da auch sehr geduldig mit mir. Sie sagt immer, auch ein Nuklearschlag würde mich nicht von der Werkstatt abhalten :mrgreen:
Normales Wolfram ist relativ preiswert, aber wirklich kein Spaß zum Bearbeiten. Da schleift man sich dann doof oder lässt es eher Erodieren. Das Material was ich hatte ist eine Legierung, die zwar 5% Dichte kostet (immer noch über doppelt so schwer wie Stahl), aber es bearbeitbar macht. Der kurze 50mm Stab hat dadurch auch stolze 50€ gekostet, sind aber über 200g und man braucht nicht allzu viel davon. In China bekommt man es auch günstiger, aber da ist eben die Frage was und ob man es bekommt.
Box17 hat geschrieben:Hallo Knubbler,
nach all der Mühe mit dem Neuaufbau des gerissenen Motorblocks würde ich die Sturzprotektion an der SV überdenken.
Sollte in dem Einsatzmotorrad derselbe Polyamid Sturzpad mit dem massiven Aluträger und in der Länge, wie auf dem Bild mit der #18 zu sehen, verwendet werden, befürchte ich, das das Gehäuse beim nächsten Sturz wieder in Gefahr ist.
Ebenso der Rahmen.
Auch auf dem Bild des Meistermotorrades ist ein recht weit abstehender LSL Sturzpad mit Alukopf zusehen, der nur ein kleines Inlay aus Kunststoff trägt. Die geben den Anstoß beim Sturz satt weiter an die Aufnahme. Das Inlay ist schnell abgeschliffen und um den gleitfreudigen Alukopf dreht das Motorrad gerne Pirouetten. Oder hakt ein mit entsprechenden Konsequenzen.
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Hallo Box17,
da muss ich Dir absolut Recht geben! Bin auch kein Fan von starren, harten Sturzpads aus den von Dir beschriebenen Gründen. Ist ja quasi wie eine Antenne um sich Ärger einzufangen :bricks:
Das Fahrzeug wurde inzwischen vom Fahrer verkauft, aber ich werde es ihm trotzdem nochmal sagen, vielleicht setzt es der Käufer ja um. Ich persönlich mag die kurzen "Metisse X-PAD", denn die sind mit kleinen Federn verschraubt und ein Dämpfer Element innen drin, das macht zumimdest in der Theorie Sinn.
Jedenfalls vielen Dank für den konstruktiven Anstoß!
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Hallo zusammen,
es ist soweit! Seit vergangenen Herbst habe ich keine neuen Fremdschrauber Geschichten mehr angenommen und jetzt bin ich so ziemlich fertig mit den Altlasten :D
Ich möchte mehr in Richtung Projekte aus reinem Interesse gehen und mich da auch weiterentwickeln. Das geht nun mal schlecht, wenn man ständig die gleichen 650er zu bearbeiten hat, daher die Entscheidung. Tut mir sehr Leid für die netten Leute, denen ich absagen musste, das war manchmal echt schwer, aber andere Tuner haben auch schöne Töchter (oder so ähnlich) :mrgreen:
Mein neues Spielzeug ist frisch aus den Staaten eingetroffen:

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Eine Megasquirt 3x. (An der Stelle vielen Dank an diejenigen, die mich von der Microsquirt V3 abgebracht haben, die muss ich mal verkaufen bei Gelegenheit..)
Da ich schon als Kind nichts ganz lassen konnte, musste die natürlich auch gleich aufgeschraubt und auseinander gebaut werden :D
Ist ziemlich viel Platz in dem Gehäuse, das werde ich wohl etwas kompakter gestalten. Aber zuerst geht es mal ans Verstehen.

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Also gleich einmal die Software 'TunerStudio' runtergeladen und frisch ans Werk. Bordspannung angeschlossen, richtigen COM Port verbunden, neueste Firmware drauf und los gehts...

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Pustekuchen :assshaking:
Den aktuellen Luftdruck konnte ich noch mit einem Klick auslesen, aber ganz ehrlich, die Möglichkeiten was das Raumschiff kann erschlagen einen ersteinmal. Von Traktions-/Launchcontrol über Lachgas-/Wassereinspritzung bis CAN Bus kann das Ding alles. Die zugehörige Dokumentation zu Hard- und Software kommt auch auf knappe 600 Seiten.
Sicher könnte ich das jetzt einfach in meine SV einbauen, mit den entsprechenden Pins einen Kabekbaum bauen und dann solange "rumspielen" bis sie läuft. Aber das wäre lediglich an der Oberfläche kratzen und das ist nicht mein Anspruch eine vorhandene ECU gleichwertig zu ersetzen.
Ich möchte das(der) Gerät verstehen, also fange ich förmlich bei Null an. Dokumentation geladen, den Hardware Teil ausgedruckt und einen Ordner angelegt. Nur was eignet sich zum Anfangen?
Ein Megasquirt 'Starterkit' gibt es wohl nicht, also mache ich mir selbst eines, lacht nur :mrgreen:
Und zwar habe ich mir einen kleinen 2kg 4t Honda Industriemotor besorgt. Luftgekühlt, dreht knappe 10.000 und liefert 1PS

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Da hängt normalerweise eine Lageunabhängiger Vergaser und eine Magnetspulen Zündung dran. Man zieht am Freilauf Starterseil und dann legt das Teil los, bis der Tank leer ist. Ob es dann als Laubbläser, Heckenschere oder mit mehr Hubraum als Generator eingesetzt wird, ist ja erstmal Wurst. Honda ist eben Honda, sagt man ja zumindest.
Jedenfalls, diesen kleinen Kerl möchte ich MS3'fizieren und dafür braucht es eine Einspritzung.
Das wird dieses Kerlchen hier

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Da ist erstmal alles dran, was es braucht. Einspritzdüse, Drosselklappe mit TPS und ein Leerlaufregler (PWM, kein Stepper).
Ich mache mir also eine Suzuki typisches Trigger Rad 24-2, das ich dann auch in der SV benutzen kann oder eben die Serien Komponenten (Danke Philipp für den Tipp) und versuche den Motor damit zum laufen zu bringen.
Ab dann ist es ein vollwertiger Viertakter und ich kann mir überlegen ob dann zur SV übergehe. Aber meine Gedanken gehen eher in Richtung Mini Dyno zum Testen daraus bauen. Das benörigte Trägheitsmoment für eine 1PS Rolle ist ja lächerlich klein, quasi fünf Bierdeckel mit Klebeband dran ;-)
Muss natürlich eine solide Konstruktion sein, der Motor angeblasen und Auspuff an meine Absaugung angeschlossen werden. Dazu noch eine Bremse für die Rolle und dann kann ich Prüfstandsbesitzer im 1:18 Modellformat spielen :mrgreen:
Hört sich erstmal lustig an, aber damit ist dann tatsächlich sehr viel möglich zum Testen. Ob Autotune Kennfeld erstellen oder mit Live Drehmoment Anzeige den richtigen Zündzeitpunkt suchen.
Ich freu mich drauf!
Zuletzt geändert von Knubbler am Mittwoch 4. Mai 2022, 14:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Kai Zen »

Ich auch!
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Hier mal wieder ein Update aus dem verschneiten München,

Der MT Motor war der Letzte, welcher abgeholt wurde. Seitdem ist endlich Ruhe für die eigenen Projekte :D
Aber zuvor galt es noch eine Frage zu klären, der Motor hat eine sehr hohe Verdichtung und kein Deko System mehr, kann er überhaupt gestartet werden und welche elektrische Power braucht es?
Um das rauszufinden wurde der Motor über Nacht runter gekühlt, was im Moment nur bedeutet das Fenster aufzulassen.
Spannung und Strom wurden dann beim Starten mit einem Computer Oszi aufgezeichnet. Die Spannung direkt und der Strom einfach über einen niederohmigen Mess-Shunt. Die restlichen Infos lassen sich dann direkt umrechnen.
Nicht wundern über die Zacken im Strom, der Anlasser ist wie ein Strom Zerhacker und produziert Spitzen wenn der Kommutator ein Feld wechselt.

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Ich verwende zwar einen 20Ah Lithium Monster zum Drehen, wodurch der Motor wunderbar leicht dreht und fast vom Tisch hüpft (nur Bildlich gesprochen, ist doch ausgewuchtet :wink: )
Was dabei interessant ist für mich, das ist der Leistungsaufnahme zum Drehen und der Widerstand des gesamten Systems. So kann ich zurück rechnen welchen Innenwiderstand ein Akku braucht um den Motor kalt zu starten.
Kurz gesagt, es ist überhaupt kein Problem den Motor kalt zu starten und warm reicht schon leichtes Streicheln des Anlassers.
Bei der Gelegenheit kann man auch mal auf den Mythos eingehen "Wenn man rein auf Batterie fährt, dann verbraucht das Starten unglaublich viel Strom und sollte am Besten immer extern erfolgen".
Gehen wir mal davon aus der Motor braucht vier mal Kompression bis er anspringt, das wäre hier jetzt genau 1.0s im Diagramm. Wenn man den Strombedarf dafür integriert kommt man auf einen Verbrauch von gerade mal 0,02Ah. Also so viel wie wenn man eine LED an 12V für eine Stunde brennen lässt. Der Anteil ist also verschwindend gering, wenn man auf Batterie fährt. Wobei das nur gilt, wenn der Akku den Motor leicht starten kann und nicht wenn der Innenwiderstand zu hoch ist. Dann schafft er es kaum den Motor zu drehen und der große Strom saugt es ihn leer und der Innenwiderstand steigt noch weiter. So viel dazu.

Ich habe mich mittlerweile wieder meinem kleinen Freund gewidmet (ein Schelm, wer Böses dabei denkt :P ), dem Mini 4t Testmotor. Um den zu messen, braucht es etwas mit festem Trägheitsmoment und einen Abnehmer für die Änderung der Zeit. Schnelleres Hochdrehen bei gleichbleibender Trägheit = höheres Drehmoment.
Es hat sich quasi angeboten die hintere Bremse einer SV zu nehmen. Die hat ein Trägheitsmoment von sagenhaften 0,015kg*m² und passt damit super zu dem kleinen Kerl. Also fix einen Adapter angefertigt.

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Das hat auch gleichzeitig den Vorteil, dass der Motor gebremst werden und somit das Drehmoment live gemessen werden kann. Wichtig für Zündzeitpunkt Tests. Wenn die Bremsscheibe im Betrieb keine allzu großen Temperatur Sprünge macht, dann bleibt der Reibwert auch ziemlich konstant. Ansonsten muss ich einen Punkt suchen an dem Leistung und Konvektion/Wärmestrahlung ein Gleichgewicht erreichen. Aber nicht vergessen, wir sprechen von 1PS :D
Jeder der sich an einer 0,5W (0,00037 PS) Vergaserheizung schonmal die Pfoten verbrannt hat, weiß allerdings, man sollte Wärmeleistung nicht unterschätzen.

Das wars für den Moment, demnächst gibt es wieder etwas über ein fahrendes Vehikel
Zuletzt geändert von Knubbler am Mittwoch 4. Mai 2022, 14:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von chris9 »

ich hatte mal 4 38120 in nem 900v2, das war zu knapp mit 100A CC.
Der Vergleich zu mit Deko würde mich mal interessieren. ob das den Bock fett macht?
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Grüß Dich,
das ist eine interessante Frage. Der Unterschied zwischen "Etwas" verdichten und "kaum was" verdichten war doch recht groß. Erst habe ich den normalen Zustand mit geschlossenen Klappen gemessen und dann mit offenen. Je nachdem wie viel durch die Klappen im Stand kommt, kann man schon Richtung 0,3bar Absolutdruck hinter der Klappe kommen, die dann relativ einfach verdichtet werden können. Mit offenen Klappen herrscht im Zylinder Atmosphären Druck bis das Einlassventil schließt und um das zu verdichten, zieht er dann doch um die Hälfte mehr Strom. Diesen Zustand gibt es aber in Echt nicht, da man nicht mit Vollgas startet, lassen auch viele Steuergeräte garnicht zu.
Was er allerdings mit geschlossenen Klappen und Deko am Ende wirklich verdichten muss, hängt wohl von mehreren Faktoren ab, auch wie weit das Auslass Ventil aufmacht und dann dadurch entweichen kann. Zum Beispiel die 1000er V2 Suzukis starten auch mit dicker Verdichtung ohne das Deko System ziemlich gut. Ich schätze das hängt auch von der Leistung des Anlassers und Übersetzung zur Kurbelwelle ab. Aber am Ende hilft wohl nur ein echter Test und Messung der Ströme.
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Seid gegrüßt liebe Motorsport Freunde,
es ist soweit, ein Thema bei dem die Herzen höher schlagen, mehr Leistung!
Bevor ich jemanden verwirre, es geht um meine "normale" SV und nicht die Dimple Einlass, Titanventile, Megasquirt Variante. Der aufmerksame Leser wird sich sicher schon gefragt haben, warum baut der eine 45er Einspritzung in seinen Drehmoment Motor, das macht doch wenig Sinn? Vollkommen richtig, dabei hatte ich einen Hintergedanken :mrgreen:
Es ist schon eine Weile her, aber ich habe hier noch einen Satz hübscher, scharfer Nocken, die ich aber aufgrund der steilen Aufsetzrampen nicht für Titanventile verwenden wollte. Kurzer Link als Erinnerung an das Thema Aufsetzgeschwindigkeit (KLICK).
Aber für Stahlventile und meiner angestrebten Drehzahl ist die Nocke voll einsetzbar. Den Motor habe ich 2015 aufgebaut und er war/ist ein treuer Begleiter, aber jetzt ist es auch mal gut mit effizienten Drehmoment tuckern. Gerade in den jetzigen Zeiten muss man sich auch mal was Gönnen, nicht wahr?
Nur leider passen die Nocken nicht so einfach in den Kopf. Die Ventilfedern wären nicht nur zu schwach, sie würden mit dem Ventilhub auch auf Block gehen. Aber jetzt deshalb den Motor ausbauen und die Zylinderköpfe demontieren, nur um die Ventilfedern zu tauschen? Sicher nicht!

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Also wurden die Federn von Außen getauscht. Dafür muss man aber zuerst einmal die Ventilteller von den Keilen trennen und das bedarf einen kleinen Trick, denn einfach nur die Ventilteller nach unten drücken hilft nicht weiter. Die Keile haben eine winzige Balligkeit auf der Außenseite und verkeilen sich mit den Tellern innen, je nach ihrem Winkel stärker oder auch garnicht. Diese Keile hatten 5,5° und sitzen daher recht fest. Man muss zuerst den jeweiligen Kolben auf OT stellen, das Ventil aufsetzen und dann kann man den Teller entgegen der Keile nach unten drücken bis man das gewohnte "Klonck" hört. Keile entnehmen, die unteren Federteller mit Magneten angeln und schon hat man das Ganze zerlegt. Das Ventil hält auch alleine über die Schaftdichtung ihre Position, aber zur Sicherheit sollte der Kolben auf OT bleiben, denn wenn es in den Brennraum fällt, könnte es aufwendig werden.

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Verbaut wurden stärkere Federn, die auch mehr Hub erlauben und dazu noch leichte Titanteller. Somit kann ich die größere Ventilbeschleunigung und folgende Verzögerung kompensieren und trotzdem etwas mehr Drehzahl fahren. Die Ventiltassen waren auch schon etwas angegriffen, also habe ich sie direkt gegen einen Satz DLC beschichteter Tassen ausgetauscht. Das sieht nicht nur gut aus, sondern senkt auch die Reibung deutlich, wenn mindestens einer der Reibpartner beschichtet ist.
Im Rechner habe ich mir dann neue Steurzeiten zurecht gelegt, was bei der SV im wesentlichen durch Abstand Ventil zum Kolbenboden und der Ventilüberschneidung begrenzt wird. Diese Werte mussten dann nur noch übernommen werden.

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Was man hier sieht ist der Vergleich zwischen den Nockenwellen, wie sie ursprünglich mal von Suzuki verbaut wurden in der SV und meiner jetzigen Version. Wenn genau hinschaut, erkennt man auch dezente Unterschiede :wink:
Auf der linken Achse befindet sich der Ventilhub und unten die Stellung der Kurbelwelle, die bekanntlich zwei Umdrehungen braucht um die Nocken einmal zu drehen. Demnach sind bei 0 und 360° jeweils OT und 180 und 540° die unteren Totpunkte. Ich erkläre mal kurz den Gedankengang dahinter.
Wir starten von links, der Kolben befindet sich im Expansions Takt auf dem Weg nach unten. 2000 Grad heiß und 100 bar Druck, eher ungemütlich. Aber wieso geht das Auslassventil schon so weit auf, bevor der Kolben überhaupt unten ist, da verschenkt man doch die wertvolle Gaskraft? Ja und nein. Gasdynamik ist die Antwort, es ist träge und kann nicht beliebig schnell beschleunigt werden. Allzu viel verschenken tut man garnicht, denn der größte Druck auf den Kolben wird kurz nach OT ausgeübt. Wenn sich der Brennraum vergrößert und die Verbrennung fortschreitet, dann sinkt der Druck und die verrichtete Arbeit recht schnell ab (siehe pv Diagramm). Wenn man also vorher das Ventil öffnet, dann kann sich der Restdruck schon mal abbauen und der Kolben muss beim Ausschieben nicht mehr dagegen arbeiten. Wenn man eine gute Auspuffanlage hat, dann erzeugt diese sogar einen Sog und unterstützt das Ausschieben. Eine schlechte Anlage, die vielleicht auch noch einen hohen Abgasgegendruck erzeugt, macht diesen Gewinn dann schon mal zunichte und auch der nächste Schritt hat dann wenig Sinn. Denn wenn der Kolben fast fertig ist mit Ausstoßen, beginnt die Ventilüberschneidung und die kann etwas ganz Tolles sein. Am Ende des 19.ten Jahrhunderts war sie noch nicht bekannt, alle Takte endeten und begannen mit UT/OT, entsprechend gab es damals keine "wirkliche Power", auch wenn es das Material hergegeben hätte. Jedenfalls sind in der Überschneidung beide Ventile gleichzeitig geöffnet, das ist der Bereich wo es knapp zum Kolben wird und es findet ein Gasaustausch statt. Denn nur der Kolben selbst kann den Brennraum nicht vollständig leeren, es würde Altgas verbleiben und sich mit dem neuen vermischen, was die Verbrennung deutlich beeinträchtigt. Die Überschneidung spült den Brennraum frei unter Inkaufnahme von Spülverlusten. Jetzt kommt eben wieder der gute Auspuff ins Spiel, wenn er einen Sog erzeugt, dann beschleunigt er die Einlassgassäule schon mal sehr stark, bevor der Kolben überhaupt angefangen hat nach unten zu gehen. Sind wir wieder bei der Dynamik und die begünstigt und erschwert gleichzeitig gute Füllung bei hohen Drehzahlen. Der Kolben bekommt bei ca 90° Kurbelwelle die höchste Geschwindigkeit (je nach Hub/Pleuel Lambda) und ganz kurz danach erreicht das Gas im Kanal seine höchste Geschwindigkeit. Das ist genau da, wo das Ventil voll geöffnet ist und durch entsprechende Kanalbearbeitung, den vollen Durchlass hat. Jetzt kommt der Kolben bei 540° wieder unten zum stehen, aber wieso ist das Einlassventil noch so weit geöffnet? Wieder Gasdynamik. Denn die Gassäule hat immer noch eine hohe Geschwindigkeit und möchte weiter strömen, also lassen wir sie. Bei niedrigen Drehzahlen ist die kinetische Energie zu gering und der Kolben schiebt das im Brennraum erhitzte Gemisch dann zurück in den Einlass, was der Hauptgrund ist warum scharfe Motoren untenrum so schlecht gehen. Aber im richtigen Drehzahlbereich funktioniert dieser Schub wie eine kleine Aufladung und kann den Brennraum sogar über 100% füllen. Das Ventil muss aber eben zum richtigen Zeitpunkt schließen, je später, je mehr Drehzahl braucht es zum Funktionieren und irgendwann ist es dann einfach zu spät (Atkinson Zyklus, eher ein Effizienz Thema).
Wenn man allerdings nur auf die höchste Leistung aus ist, dann verhagelt man sich dadurch das ganze Drehzahlband zuvor und das braucht man eben. Also ist es oft der bessere Weg ein wenig auf die Spitze zu verzichten und dafür ein breites Band zu haben, man nennt es auch Fahrbarkeit. Denn was hilft eine hohe Spitzenleistung wenn man am Kurvenausgang kaum Druck hat? Am Ende zählt die durchschnittliche Leistung über das genutzte Drehzahlband und nicht ein hoher Spitzenwert. Also in Zukunft nicht nur auf die Spitzenleistung schauen, das Drehmoment Diagramm verrät einem die wirklich interessanten Details :wink:
Bis bald!
Zuletzt geändert von Knubbler am Mittwoch 4. Mai 2022, 14:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Ucky13 »

Sehr interessant und verständlich beschrieben! Bitte mehr davon!
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Re: SV650 aus dem letzten Jahrtausend

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Beitrag von Knubbler »

Heute war es dann soweit, Öl und Kühl Flüssigkeit eingefüllt und das Knöpfchen gedrückt. Schon läuft sie wieder :D

Bild

Inzwischen weiß ich ja wie man das Steuergerät richtig abstimmt. Das sollte also gut funktionieren und dann geht es auch bald auf den Prüfstand.
Also sofern es mal aufhört hier zu schneien :alright:
Zuletzt geändert von Knubbler am Mittwoch 4. Mai 2022, 14:56, insgesamt 1-mal geändert.
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