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Mitteldruck über Saugrohrdruck berechnen, Drosselverluste?

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Mitteldruck über Saugrohrdruck berechnen, Drosselverluste?

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Beitrag von Knubbler »

Hallo zusammen,
Ich stehe gerade etwas auf dem Schlauch und da hier sehr viele fähige Leute unterwegs sind, hoffe ich auf einen Tipp :D
Ich fahre mit meinem Motorrad bei der Drehzahl des größten Drehmoments und gebe Vollgas, dann sind Rechnungen dazu recht logisch. Im Saugrohr herrschen 95kPa (Voralpenland Luftdruck) und die Zylinderfüllung ist optimal. Da ich schon mal damit auf dem Prüfstand war, weiß ich der Motor erzeugt einen Mitteldruck von 14bar. Soweit ist da nichts außergewöhnliches.
Wenn ich jetzt aber bei selber Drehzahl mit 25% Gas im hohen Gang und konstanter Geschwindigkeit fahre, dann habe ich einen Saugrohrdruck von 80kPa (OBD Daten, ist plausibel), also garnicht allzu weit entfernt von Vollgas. Jetzt kann man mit der Geschwindigkeit ungefähr die benötigte Leistung ermitteln (Stirnfläche, cw Wert oder quadratisch Rückrechnen von Vmax) und kommt somit bei der selben Drehzahl auf einen Mitteldruck von 3,5bar. Ja ich weiß, der Gasgriff und der Mitteldruck sind beide bei 25%, aber das ist mehr Zufall, da Klappenfläche und Durchfluss nicht linear ansteigen.
Bei vielen (günstigen) Autos ist es ja heute noch Standard, dass die Kraftstoffmenge vorrangig nur aus Saugrohrdruck und Drehzahl ermittelt wird, es kann also nicht so kompliziert sein.
Lange Rede kurzer Sinn, was mich wundert sind stark unterschiedlichen Mitteldrücke bei selber Drehzahl aber ähnlichen Absolutdrücken.
95kPa - 14bar
80kPa - 3,5bar
Der Luftmassenstrom ist also offensichtlich um zwei Drittel behindert, aber trotzdem ist der Druck hinter den Drosselklappen nicht allzu weit auseinander und da hänge ich gerade. Hat jemand einen Rechenansatz für die Drosselverluste parat?
Ich möchte nicht extra eine CFD Simulation zurecht basteln um die Frage zu beantworten können :bang:
Danke schon mal!

PS: ich weiß, der Kolben muss gegen die 150mbar an Differenzdruck arbeiten, aber gleichzeitig tut er sich bei der Kompression leichter. Sieht man auch deutlich am Anlasserstrom bei offener oder geschlossener Klappe. Von daher würde ich das nicht allzu hoch einstufen in der Auswirkung.
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Re: Mitteldruck über Saugrohrdruck berechnen, Drosselverluste?

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Beitrag von R6-Pille »

Die Drosselklappe hat eine Durchflußkennlinie so wie eine Regelklappe eine Kv Kennlinie hat.
Ist diese idealerweise linear ist bei gleichem Differenzdruck der Durchfluss (Massenstrom Luft) auch nur 1/4 von der Volllast.
Damit sinkt der Mitteldruck nach den Gasgesetzen in dem von dir genannten Bereich.
Um überhaupt etwas berechnen zu können benötigst die die Kennlinie bei konstantem Differenzdruck sowie bei sich ändernden Differenzdruck über der Klappe.

Keine Ahnung wie man das auf halbwegs einfache Art lösen kann.
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Re: Mitteldruck über Saugrohrdruck berechnen, Drosselverluste?

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Beitrag von Knubbler »

Hallo R6-Pille,
Danke mal wieder für Deine guten Antworten. Nach dem einfachen Weg suche ich auch noch. Der Differenzdruck an der Klappe ist zumindest im Mittel bekannt, davor 95kPa und danach 80Kpa, aber wenn man sich cfd Simulationen von Drosselklappen ansieht, dann geht es da lokal ziemlich zur Sache. Ich bin mir daher nicht sicher ob ich es mir zu einfach vorstelle :-k
Hier noch ein bisschen Zusatz Information. Ich habe aus den Logdaten vergleichbare Situationen gesucht.

Bild

Breitbandsonden messen das Luft/Kraftstoff Verhältnis in Masse und das ziemlich genau. Da man die Injektoren Pulsweite hat und damit (ungefähr) die Kraftstoffmasse, so hat man auch (ungefähr) die Masse der Luft.
Wenn man jetzt davon ausgeht, bei vollem Drehmoment und offener Klappe mit 95kPa ist der Brennraum zu 100% gefüllt, dann kann man das zurück rechnen und kommt bei 80kPa auf ~45% Füllung.
Aber viel schlauer bin ich dadurch noch nicht :lol:
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Re: Mitteldruck über Saugrohrdruck berechnen, Drosselverluste?

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Beitrag von R6-Pille »

Mit der Info von den Injektoren und der Annahme das hieraus der Massenstrom abzuleiten ist schaut die Sache für mich stimmig aus. Unter der Annahme dass es sich um Überdrucke bei deiner Angabe vom Mitteldruck handelt ergibt sich für mich ein Mitteldruck bei den 25% Drosselklappenöffnung:

(22/59 x 80/95 ) x 15 bar abs = 4,7 bar abs = 3,7 barg

Passt also praktisch mit deiner Annahme von 3,5 barg überein
Die kleine AFR Änderung mal hier ohne Berücksichtigung.
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Re: Mitteldruck über Saugrohrdruck berechnen, Drosselverluste?

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Beitrag von Knubbler »

Hallo nochmal R6-Pille,
ich muss zugeben, ich hab Deine Rechnung gelesen und es war sofort schlüssig. Ich dachte, Mensch da hättest auch selbst drauf kommen können :banging: :mrgreen:
Dann hab ich meine Drehmoment-Werte eingesetzt und leider funktioniert die Rechnung dann nicht mehr. Ich denke die Einheit bar ist da nicht als Luftdruck mit relativ und absolut zu verstehen, sondern lediglich als durchschnittliche Flächenkraft bezogen auf den Kurbelradius. So kommen aus einem bestimmten Hubraum eine bestimmte Zahl von Nm hinten raus. Ich hoffe, ich erzähle da keinen Blödsinn.
Jetzt komme ich wohl nicht drumherum meine SV Drehmoment-Werte preiszugeben, das wollte ich eigentlich vermeiden bevor ich das in meinem Thread thematisiert habe, aber nicht schlimm. Es handelt sich um 72Nm bei 8500/min, das ist für die ganzen 4 Zylinder hier natürlich nicht viel, aber für eine SV ist das schon ziemlich hochgezüchtet wenn die Leistung erst bei über 10.000 anliegt. Bei 25% TPS und der selben Drehzahl liegen dann aber nur die angesprochen 18Nm an, aber dafür auch nur 80kPa im Saugrohr, statt 95kPa bei Vollgas (Umgebungsdruck sind 96kPa). Mit diesem Zusammenhang hatte ich Probleme, ihn in ein Verhältnis zu setzten.
Deshalb habe ich mir jetzt doch den Aufwand gemacht die Einspritzung mit der Flow Bench auf ihren Durchfluss zu vermessen, bezogen auf den Drosselklappen Drehwinkel.

Bild

Der Aufbau ist recht simpel, Einspritzung drauf montiert und über den TPS Sensor die Klappe justiert. Man muss dazu aber wissen, dass eine Drosselklappe nicht bei 0° geschlossen ist, sondern ungefähr 10° schräg steht. Würde sie im rechten Winkel stehen, dann hätte man erstmal einig Grad Weg, ohne dass sich der Spalt großartig vergrößern würde.
Hier das erste Ergebnis über einen gleichbleibenden Differenzdruck (also nicht die Wirklichkeit)

Bild

Es passiert eigentlich genau das, was man erwartet. Mehr Drehwinkel ergibt mehr Durchfluss. Der nicht lineare Anstieg ähnelt dabei sehr stark dem Anstieg der freien Fläche zwischen Klappe und Rohr. Der Knick oben ist dem Gestänge an der Drosselklappe geschuldet, dadurch ist zwischen 90 und 100% nicht der volle Flächen-Zugewinn vorhanden. Das Gestänge hat außerdem unschöne Kanten, welche die Strömung etwas behindern werden.
Da ich bei meiner Flow Bench einzelne Motoren Zu- und Abschalten kann und die Saugleistung variabel ist, kann ich die Betriebspunkte aus meinen Messdaten schön anfahren. Hier das Ergebnis.

Bild

Dass ich so nah an die ~45% rankomme, welche ich aus dem Datenlog an Füllungsgrad berechnet habe, muss jetzt nichts heißen. Das wirkliche System mit Ventilüberschneidung und Auspuff Spülverlusten ist dann doch eine Ecke komplexer als eine statische Messung. Aber zumindest kann ich sehen, dass ich nicht komplett auf dem Holzweg bin.
Inzwischen beschäftige ich mich seit drei Tagen mit dem Thema und dabei ist mir jetzt eine ganz einfache Erklärung gekommen.
100% Füllung erzeugen 100% Drehmoment, braucht man nicht drüber zu philosophieren. Aber 45% Füllung erzeugen dann nur 25%?
Erstmal verwirrend, aber ich denke ich habe den Fehler gemacht die Füllung und Kraftstoffmenge in Linearität zu setzten. Die Effektivität ändert sich doch mit der Last sehr stark. So hab ich bei 100% eine Frühzündung von um die 30°. Bei 25% TPS und der Drehzahl ist die effektive Kompression viel geringer und die Brenngeschwindigkeit vom Gemisch schlecht, deshalb liegt der passende Zündzeitpunkt irgendwo zwischen 50 und 60° vOT. Das ist auch ein Grund, weshalb Zündanlagen ohne Lastkomponente eigentlich nicht zu empfehlen sind, denn im Teillastbereich zünden sie viel zu spät und so brennt das Gemisch auch zu spät. Dadurch gibt es eine hohe thermische Belastung, die man in den Abgas Temperaturen auch sieht.
Ich vermute also ganz simpel, durch den so frühen Zzp verliert das brennende Gemisch schon mal viel an Energie bis der Kolben über den OT fährt. Durch die geringere effektive Kompression ist auch der Druckpeak weit niedriger.
Im spezifischen Verbrauchsdiagramm (KLICK) kann man das gut erkennen. Im besten Punkt Nähe dem höchsten Mitteldruck verbraucht ein guter Saugmotoren um die 230g Kraftstoff um eine kWh Energie zu erzeugen. Im Teillastbereich liegt man bei der selben Drehzahl auch schnell mal bei 600g Kraftstoff für den selben Output.
Daher denke ich, dieser Zusammenhang erklärt mein Anliegen. Aber ich bin für alle weiteren Anregungen offen und bedanke mich fürs Mittdenken.
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