robby95 hat geschrieben:Aber die Aussage war ja, dass bei einem zu großen Druck eben zuviel Temperatur (lokal) entsteht und dadurch der Gummi seine physikalische Stabilität einbüßt.
Ich habe die Aussage schon beim ersten und beim zweiten Mal verstanden. Und ich sage dir gerne ein drittes Mal, dass diese Aussage schlicht falsch ist.
Vielleicht definierst du mal, was du unter "zu grossem Druck" verstehst. Vielleicht meinst du ja damit den Zustand, wo die Temperatur lokal zu gross wird. OK, aber dann ist deine Aussage eine Tautologie und somit nichts Wert. Meine Definition von zu grossem Druck ist der Zustand, wo der Reibwert beginnt so klein zu werden, dass man beginnt weg zu rutschen. Ob das an der Temperatur (zu niedrig oder zu hoch), an der Verformung oder an der Gummimischung (oder an dem, was ich gleich weiter unten erläutere) liegt, ist nicht relevant. Zu gross heisst grösser als zulässig für den gewünschten Effekt (nämlich sitzen bleiben), also Sturz, ganz banal gesagt. Macht das Sinn für dich?
Ganz einfaches Gegenbeispiel zu deiner Aussage: mit schön vorgeheizten Reifen kannst du super gut tief in die Kurve hineinbremsen, also mit viel Druck am Vorderrad. Mit 10° kalten Reifen fliegst du bei gleichem (Brems-)Druck und gleicher Schräglage gnadenlos ab. Der Druck am Vorderrad, in dem Moment wo du abfliegst, ist geringer als bei heissen Reifen, aber trotzdem zu gross, und die lokale Temperatur definitiv tiefer, einverstanden?
Klar, du wirst jetzt erwidern, dass du mit "Druck" nur die Normale Komponente auf den Reifen meinst. Leider folgt beim Bremsen nebst grösseren Druck (Normalkraft durch nach vorn verlegte Radlastverteilung) automatisch eine grössere Scherbeanspruchung (Verzögerung ind Längsrichtung), womit du auf dem Kammschen Kreis wieter nach aussen gelangst. Aber wie in meinem 1. Posting erwähnt, kannst du direse Art von "Druck" eben leider nicht von einer zusätzlichen Tangentialkraft entkoppeln. Wir können ja nur minimal mit unserem Körpergewicht "gratis" (also nur in Form von Normalkraft, nicht aber mit resultierenden Tangentialkraft) mehr Druck aufs Vorderrad bzw. aufs Hinterrad verlegen durch Gewichtsverlagerung. Das geht nunmal nur mittels Bremsung (Vorderrad) oder Beschleunigung (Hinterrad), wie erwähnt im wesentlichen ein Nullsummenspiel.
Beide Phänomene Cold und hot tear auf zu hohe Temperatur zu schieben sehe ich als falsch. Bei einem cold tear habe ich eine mechanische Überanspruchung des Compounds, da es an Temperatur fehlt -> reißen des Gummis. Bei einem hot tear steigt die Temperatur zu stark und das Compound wird "weggeschoben" da es sich verflüssigt.
Fast einverstanden. Beim Cold Tear fehlt die Temperatur nur tiefer drin im Reifen. An der Oberfläche ist sie jedoch (zu) heiss, daher beginnt sich dort der Riss zu bilden und der Gummi an der Oberfläche wegzuschmelzen. Wäre alles kalt, würde das Reifenbild anders aussehen, nämlich wie ganz dünne Messerschnitte, analog wie wenn du den Reifen mit zwei grossen Zangen zu zerreissen versuchtest.
Das Wort "Bereiche" verwende ich im Kontext Reifen bei diversen Parametern. Sei es Temperatur, Druck, Spannung oder Schlupf.
Mein Post sollte damit nur aufzeigen, dass der Grund des Haftungsabrisses mehrere Facetten hat und das zu wenig Druck, zu viel, zu wenig Temperatur oder zu viel dazu führen kann Grip abzubauen. Und die Bereiche sind eben die Arbeitsbereiche in denen man einen Reifen halten muss um eine definierte Quer-und oder Längskraft zu übertragen.
Ja, es gibt viele Parameter und viele Bereiche. Aber wieder: so what? Die Kunst liegt doch darin, beurteilen zu können, welcher Parameter den GRÖSSTEN bzw. den entscheidenden Einfluss hat. Und zwar Einfluss auf das Phänomen, was dich interessiert (in dem Fall den Sturz). Und meiner Ansicht nach spielt der "Druck", wie ihn viele zu verstehen scheinen, eine absolut vernachlässigbare Rolle. Der "ergibt" sich quasi aus anderen Faktoren und ist mehr Beigemüse. Bildlich gesprochen: wenn man die Bremse zieht, tut man (also zumindest ich) das nicht, um mehr Druck ans Vorderrad zu geben, sondern um langsamer zu werden